In der Glut der Leidenschaft
bestätigte Rein lächelnd. »Und auch merkwürdig.«
Rein ließ den massigen Mann auf das Bett gleiten und wandte sich an die Serviererin, die sich den ganzen Abend um sie beide gekümmert hatte. »Er soll alles bekommen, was er braucht. Ein gutes Frühstück.« Rein hielt den Mann fest, damit der nicht vom Bett rutschte. »Falls er eines verträgt.« Rein zog ihm die Stiefel aus und stellte sie neben das Bett. »Das Zimmer ist für zwei Tage bezahlt, falls er den Rausch einfach ausschlafen will.«
»Ich bin nicht taub, Rein.«
»Nein, aber bis unter die Halskrause abgefüllt.«
Rusty lächelte müde. »Ich habe Euch unter den Tisch getrunken.«
Rein wandte sich noch einmal an die Angestellte der Taverne. »Sag es ihm wortwörtlich«, verlangte er und drückte ihr Münzen in die raue Hand, »sollte er etwas von mir brauchen, muss er nur darum bitten.« Als sie nickte, gab Rein ihr einen Kuss auf die Wange und flüsterte: »Es würde ihm gut tun, beim Essen ein hübsches Gesicht zu sehen, falls er es morgen nach unten schafft, Miss.« Sie errötete wie ein junges Mädchen.
Der Sergeant Major war ein einsamer Mann, der nie geheiratet hatte, um keiner Frau das unstete Leben beim Militär zuzumuten. Jetzt stand er vor dem Ende seiner Laufbahn, und Rein fühlte mit ihm.
Er ließ Rusty zurück und ging nach unten und zu Naraka, der draußen an einem Pfosten angebunden war, saß auf und jagte ziellos in die Nacht hinaus.
Später wollte er über Rustys Schilderungen nachdenken und ergründen, welche Beziehung sie zu seiner Vergangenheit hatten. Im Moment wünschte er sich nichts als Freiheit, und er ritt erst langsamer, als er sich dem Pier näherte.
Geräusche erregten seine Aufmerksamkeit - ein Handgemenge, ein Schmerzensschrei, dann ein Schlag. Rein zügelte Naraka, lauschte, zog die Pistole und drängte den Hengst zu einem dunklen Durchgang. Ein Mann stürmte auf die Straße, hielt sich die Seite und stockte, als er Rein sah. Naraka bäumte sich auf, als der Mann schrie, als wäre Luzifer aufgetaucht, um ihm die Seele zu rauben, und wegrannte. Rein beruhigte den Hengst und hielt ihn vor dem Durchgang an. »Komm heraus!«
»Himmel, ich lege mich nicht mit Euresgleichen an, Herr«, erwiderte eine helle Stimme.
»Ich tue dir schon nichts, Kleiner. Komm!«
»Kann ich Euch denn vertrauen?«
Rein zeigte sich unter einer flackernden Straßenlaterne. »Ich könnte auch zu dir kommen und dich holen.«
Es dauerte eine Weile, ehe sich Schritte näherten. Dann trat ein kleiner Junge ins Licht.
»Soll ich dich nach Hause bringen, mein Sohn?«
Der Junge verkrampfte sich, die Schultern hochgezogen. Er schüttelte den Kopf und wollte weitergehen, doch Naraka stieß ihn mit dem Maul an und schob ihn zurück. Der Bursche murmelte etwas Unverständliches, zeigte aber keine Angst vor dem mächtigen Tier und drückte den Kopf des Hengstes beiseite. Das Pferd hielt die Mütze des Jungen fest, und als sie vom Kopf glitt, fiel langes dunkles Haar über die schmalen Schultern.
»Verdammtes Biest!«, rief das Mädchen und fasste nach der Mütze, doch das Pferd hielt es für ein Spiel und hob den Schädel an. In diesem Moment fing Rein den Duft von Zitronen auf und beugte sich herunter, um das Gesicht zu sehen.
»Bei der Göttin des Feuers«, stöhnte er. »Sagt bitte, dass nicht Ihr es seid!«
»Gut. Ich bin es nicht. Der Hengst soll mir die Mütze zurückgeben. Dann ist die Sache erledigt.«
»Seht mich an, Frau!«
Michaela stemmte die Hände in die Hüften und schleuderte die Locken zurück. Vergeblich versuchte sie, sich gegen Reins schimmernde Augen und die Empfindungen abzuschirmen, die er in ihr weckte. Wie konnte er mit einem einzigen Blick ihr Innerstes entflammen? Und wieso sah er so gut aus?
Allerdings freute sie sich, dass er die Verletzung überstanden hatte. Rasch unterdrückte sie das schlechte Gewissen. Sie musste ihm entkommen, doch er schien ihre Gedanken zu erraten und trieb den Hengst vorwärts, bis sie gegen die Wand gedrückt wurde.
»Hättet Ihr nach meiner Gesellschaft verlangt, Rein, hättet Ihr mich nur einzuladen brauchen.« Es ärgerte sie, wie er sie vom Pferd aus betrachtete, wie sein Blick zu sagen schien: »Ha, jetzt habe ich dich!« Schon dreimal war sie an diesem Abend von Männern in die Enge getrieben worden, und der letzte Mann hatte erst mit einem Loch in der Seite von ihr abgelassen. Was Rein jetzt wohl vorhatte? Wollte er sie zum Gericht schleppen oder sie selbst erschießen, sie eine
Weitere Kostenlose Bücher