In der Gruft der Moenche
Bett, Tisch und Stuhl. Das Bett war ordentlich gemacht, auf dem Stuhl lag ein Kissen. Sonst gab es keine Anzeichen, dass das Zimmer in den letzten hundert Jahren benutzt worden war. Vielleicht hatte hier früher der Hausmeister gewohnt? Adam öffnete den Schrank. Ein Fach mit Bettzeug, eines mit Handtüchern. Auf der Stange hingen so ähnliche Kleider, wie Gerda sie in der Küche trug. Die alten Uniformen eines Nobelhotels. Adam grinste. Er stellte sich vor, wie der Küchendrachen jeden Abend in den Keller ging, um hier den Feierabend gemütlich zu verbringen. Wahrscheinlich hatte damals ein Küchenmädchen oder die Schneiderin gewohnt. Sie war sicher irgendwann entlassen worden, als die Gäste ausblieben. Nichts Ungewöhnliches festzustellen. Aber vielleicht⦠Mit einem Ruck zog Adam den kleinen Teppich weg. Die Taschenlampe setzte aus. Adam schlug das Herz bis zum Hals. Er schüttelte das blöde Ding, bis es endlich wieder einen fahlen Balken Licht ausspuckte. Steinboden kam zum Vorschein. Keine Falltür, wie Adam kurz vermutet hatte. Also wieder nichts.
Daneben lag ein Zimmer voll mit altmodischen Nähmaschinen. In einem Korb steckten Gardinen, Tischdecken und ein Männeranzug. In den Regalen an der Wand lagerte völlig verstaubter Stoff. Drei Schneiderpuppen standen in der Mitte.
Blieben nur noch zwei Räume. Schnell weiter. Wo sollte sich hier unten eine Gruppe Menschen heimlich getroffen haben? Plötzlich schoss Adam noch eine ganz andere Frage durch den Kopf: » Warum überhaupt hier unten? Das ganze Hotel stand doch zu der Zeit leerâ¦Â«
Auch die vorletzte Tür war nicht verschlossen. In der Vorratskammer reihte sich ein Regal an das andere. Fässer stapelten sich. Paletten voller Konserven. Einmachgläser mit Gurken, eingelegten Früchten und Marmeladen. Alles über achtzig Jahre alt. Nur im vorderen Teil stand eine Sackkarre mit frischen Lebensmitteln. Neben der Tür lehnten fünf Säcke Reis und Nudeln. Ratten quietschten. Es raschelte.
Adam nahm ein Glas und schüttelte es. Der grüngraue Inhalt löste sich augenblicklich auf und glibberte durch die Flüssigkeit. » Lecker!«, murmelte er. Dann trat er wieder auf den Gang.
» Dann also hier«, flüsterte Adam, als er wieder auf den Gang trat. Im letzten Raum. Dem verschlossenen. Das musste er sein, der Treffpunkt. Der geheime Versammlungsraum. Sie sind im Keller. Das hatte der Unbekannte auf den Bauplan gekritzelt. Wenn er sich nicht geirrt hatte, konnten sie sich nur hinter der Tür getroffen haben, vor der Adam nun stand.
Adam schluckte. Im Schloss der letzten Tür steckte ein dicker Schlüssel. Adam riss die Taschenlampe herum. Aber der Gang war leer. Kein Geräusch zu hören. Seine Knie zitterten. Die Tür war eindeutig verschlossen gewesen. Jetzt aber gab es eine Einladung einzutreten.
Adams Kehle war wie ausgetrocknet. Einen Moment lang dachte er darüber nach, in die Vorratskammer zu laufen und nach einem Getränk zu suchen. Oder in sein Zimmer zurückzukehren und sein Buch zu lesen. Dann aber packte er den Schlüssel mit beiden Händen und drehte ihn nach links. Das Schloss knackte. Adam drückte die Klinke herunter. Millimeter für Millimeter. Leise schwang die Tür auf. Sie sind im Keller. Das Licht seiner Taschenlampe flackerte. Der letzte Strahl streifte etwas GroÃes mitten im Raum. Dann erlosch es endgültig.
Adam schrie augenblicklich los. Vor ihm auf dem Stuhl saà eindeutig ein Mensch.
Starr vor Schreck
Adam war starr vor Schreck. Er stand in absoluter Finsternis im Keller dieses verfluchten Hotels. Und ihm gegenüber saà ein Mensch, den er nicht sehen konnte. Er hatte ihn in die Falle gelockt und Adam war wie ein Idiot hineingetappt. Adams Herz überschlug sich. Jede Kraft wich aus seinem Körper. Die Arme hingen schlaff herab. Die Hand öffnete sich und lieà die Taschenlampe fallen.
Als die Lampe auf den Boden knallte, ging das Licht wieder an. Es bestrahlte zwei kleine, nackte FüÃe.
» Warum schreist du denn so?«, fragte der Mensch.
Auf einen Schlag kehrte das Leben in Adam zurück. » Schorsch? Was machst du denn hier?« Ihm wurde leicht schwarz vor Augen. » Du hast mich zu Tode erschreckt!«
Der Knirps stand vom Stuhl auf und gab Adam die Taschenlampe zurück.
» Ich habe gesehen, wie du in den Keller gegangen bist«, verteidigte sich der Junge. » Da bin ich
Weitere Kostenlose Bücher