In der Gruft der Moenche
Natürlich wäre ihm lieber, wenn wenigstens ein bisschen Tageslicht in die Tiefe fallen würde. Aber die offene Tür würde ihn verraten. Noch schlimmer, als alleine im Keller herumzuschnüffeln, wäre es, dort unten unerwartet Adrian Cuk gegenüberzustehen. Also schloss er sie, mit zusammengebissenen Zähnen. Die Taschenlampe flackerte. Eine Sekunde lang stand Adam in der Finsternis. Dann leuchte sie wieder auf.
» Kein Grund zur Panik«, ermahnte er sich. » Du gehst nur in den Keller eines Hotels.« Adam warf einen Blick auf den Bauplan. » Nirgendwo steht, dass hier unten ein Monstrum lauert.« Und doch fühlte Adam sich genau so. Als liefe er geradewegs in das Maul eines unersättlichen Scheusals. Mit jedem Schritt wurde es dunkler. Entweder die Batterien waren doch nicht mehr die neuesten. Oder der Keller fraà das Licht wie ein ausgehungertes Tier.
» 24, 25, 26.« Mit zittriger Stimme zählte Adam die Stufen. Genau sechsundzwanzig, wie im Plan eingezeichnet, dann war er im Kellergeschoss angekommen. Wenigstens konnte man sich darauf verlassen.
Hektisch leuchtete Adam in alle Richtungen. Oben, unten, vorne, links und rechts. Er stand in einem niedrigen Raum, von dessen Wänden der Putz abbröckelte. Drei Schritte entfernt war der Fahrstuhl. Nach links und rechts führte wie in den anderen Geschossen auch je ein Gang. Und von den Gängen gingen Türen ab. Wie im Plan.
Adam überlegte kurz. Dann ging er nach rechts. In den Südflügel. Diese Seite des Hotels kannte er immerhin schon ein bisschen. Bei der ersten Tür angekommen, warf er einen kurzen Blick in den Raum. Eindeutig der Hauswirtschaftsraum. Eine ganze Reihe riesiger Waschmaschinen aus längst vergangenen Tagen stand an der Wand. Davor Wannen, ein Bügelautomat und jede Menge Körbe und Wäscheklammern.
» Nichts, was nach einer Versammlung aussieht«, stellte Adam fest. Sie sind im Keller.
Im Heizraum döste der Kohleofen vor sich hin. Herumliegendes Werkzeug zeigte an, dass Adrian Cuk dabei war, ihn wieder in Gang zu bringen. Damit er im Herbst funktionierte, wenn die Kälte durch die Alpen streifte wie ein Rudel Wölfe.
Der angrenzende Kohlenkeller war bis zur Decke mit Kohlen zugeschüttet. Wie Adam schien, lagen sie auch schon über achtzig Jahre hier unten. Adam betrat ihn lieber nicht. Der Kohlenstaub würde an seinen Schuhen hängen bleiben und eine Spur erstklassiger FuÃabdrücke hinterlassen. » Schnell weiter«, hetzte er sich. » Alles anschauen und dann nichts wie raus hier.«
Die Tür gegenüber stand offen. Adam sah auf seinen Plan. Das musste der Raum für die Elektrik sein. Richtig. Armdicke Kabel liefen unter der Decke entlang bis in schrankgroÃe Sicherungskästen. Schrauben lagen auf dem Boden. Daneben Werkzeug. Die nächsten drei Räume waren klein und bis auf ein paar Spinnweben leer. Dann stand Adam wieder am FuÃe der Treppe.
» Also im Nordflügel«, seufzte er. » Wieso bloà habe ich das schon vorher gewusst?«
Lange Sekunden leuchtete er in den Gang. In den anderen Geschossen war diese Seite mit Brettern vernagelt. Hier hatte er freie Bahn. Also trat Adam ein. Sofort spürte er eine unangenehme Kälte durch seine Kleider dringen. Die feinen Härchen auf seinen Armen stellten sich auf. Eine Warnung seines Körpers, ja nicht weiterzugehen?
Adam wollte mit dem Raum direkt neben dem Fahrstuhl beginnen. Er drückte die Klinkeâ und knallte beinahe mit der Stirn gegen das Holz. Die Tür war abgeschlossen. Schon die ganze Zeit über hatte Adam sich gewundert, warum alle Türen offen gewesen waren. Jetzt aber wurde ihm noch unwohler. Ein Raum war zugesperrt. Warum?
Die verschlossene Tür
Notgedrungen nahm Adam sich zunächst die Zimmer auf der linken Seite vor, die zur Terrasse des Speisesaals hin lagen. Zwei waren leer. Ein schlauchähnlicher Raum war mit Tischen, Stühlen und Betten vollgestellt. Adam erkannte schnell, dass jedem Möbel ein Bein oder Ãhnliches fehlte. Im Raum daneben fand er folgerichtig die Werkstatt. Im Schraubstock war wohl seit Jahrzehnten ein kaputter Stuhl eingeklemmt.
Der nächste Raum war ruÃgeschwärzt. Feuchte, verkohlte Holzstücke lagen auf dem Boden. Adam leuchtete im Kreis herum. Von der Decke ausgehend, hatten Flammen alles verwüstet. Sicher auch der Blitzeinschlagâ¦
Gegenüber lag ein Zimmer mit Schrank,
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