In der Hitze der Nacht
Ich habe keine Angst.“ Cristina legte den Rest des Sandwichs wieder in den Kühlschrank. „Ich habe vor gar nichts Angst.“ Als sie den Kühlschrank schloss, legte sie ihre Stirn für einen Moment an die Tür. „Ach verdammt, natürlich habe ich Angst. Alles ist vermurkst. Dustin ist mir böse. Es gibt nichts Anständiges zu essen, und Blake ist nicht mehr da.“
„Er fehlt dir immer noch.“
„Na klar fehlt er mir immer noch. Er war ein wunderbarer Partner. Und jetzt will ihn sogar der Chief, sein eigen Fleisch und Blut, zu einem Monster machen, das er, wie wir alle wissen, gar nicht war.“
„Moment mal.“ Aidan griff nach ihrem Arm. „Was hast du da gesagt?“
„Dass er kein Monster war.“
„Nein, das mit dem Fleisch und Blut. Was meintest du damit?“
Cristina presste die Lippen zusammen. „Ich musste Blake versprechen, es niemandem zu erzählen.“
„Was solltest du nicht erzählen?“
„Dass der Chief sein Onkel ist“, erwiderte sie seufzend. „Sie hatten sich allerdings entfremdet. Blakes Eltern sind …“
„… tot. Sie starben schon vor Jahren.“
„Ja. Aber sein Vater war der Halbbruder des Chiefs.“
Blut ist dicker als Wasser … großer Gott . „Wenn das stimmt“, fragte Aidan mit belegter Stimme, „warum sind Blake und Kenzie dann bei Pflegefamilien aufgewachsen?“
„Weil der Chief keine Kinder wollte. Oder so was in der Art.“ Cristina zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht, was genau es war.“
Das wusste er auch nicht. Er wusste nur, wie sehr sich die Gefahr vergrößert hatte, in der Kenzie sich befand, wenn der Chief etwas mit den Brandstiftungen zu tun hatte.
Aidans Handy klingelte. Als er einen Blick auf das Display warf, begann sein Herz wie wild zu klopfen. „Gott sei Dank, Kenz!“, sagte er statt einer Begrüßung. „Hör zu. Mir ist gerade klar geworden …“
„Aidan, ich brauche dich. Es tut mir leid. Ich weiß, dass ich eigentlich nicht das Recht habe, dich darum zu bitten, aber ich tue es trotzdem. Kannst du dich mit mir treffen? Jetzt sofort – bitte!“
„Sag mir, wo.“
Aidan stürmte in das „Sunrise“ und sah sich um.
Kenzie war nirgendwo zu sehen.
„Sie ist auf der Dachterrasse, Aidan“, sagte Sheila, die hinter dem Tresen Gläser abtrocknete.
„Danke.“
„Sie sagte irgendwas über Tommy, der unterwegs sei und alle Antworten habe, die ihr braucht.“
Die hatte er auch schon. Ihm fehlte nur noch Kenzie, was sich aber sehr schnell ändern würde. Er stürmte die Treppe hinauf und hielt erst erleichtert inne, als er Kenzie auf einer Bank auf der Dachterrasse sitzen sah.
„Tommy ist auf dem Weg hierher“, sagte sie.
Als sie sich von der Bank erhob, trat jemand aus dem Schatten hinter ihr, und Aidan blieb beinahe das Herz stehen, als er ihn sah.
Es war Blake, der logischerweise tot sein müsste.
Nur dass absolut nichts an all dem logisch war. Weder an den Brandstiftungen noch an Aidans plötzlicher Erkenntnis, dass er die Frau, die vor ihm stand, liebte, wie er noch nie jemanden geliebt hatte.
„Hör ihm zu“, bat Kenzie leise. „Und hör auf dein Herz, Aidan.“
Er hätte nur zu gern auf sein Herz gehört und Kenzie in die Arme genommen, um ihr zu sagen, dass er ihre Liebe erwiderte. Er hätte ihr gern gesagt, dass es ihm leidtat, so lange gebraucht zu haben, um das zu erkennen, dass er wie Cristina Angst gehabt hatte und sie noch immer hatte, dass er aber nicht mehr vor seinen Gefühlen davonlaufen würde.
All das musste jedoch warten. Er sah Blake an, der dünner war denn je und sich auf einen Stock stützte.
„Ich weiß, es ist verrückt“, sagte sein alter Freund mit leiser, eindringlicher Stimme. „Ihr dachtet, ich sei tot. Na ja, wie du siehst, lebe ich. Ich habe meinen Tod nur vorgetäuscht.“
„Das weiß ich jetzt.“
„Als ich herausfand, wer der wahre Feuerteufel ist, wurde mir klar, dass niemand vor ihm sicher ist.“ Blakes Gesicht war verzerrt vor Qual. „Unmittelbar nachdem er mein Boot in die Luft gejagt hatte, brachte er auch Tracy um.“
„Ich weiß. Ich weiß alles, Blake. Ich weiß sogar, von wem wir sprechen. Ich weiß nur nicht, warum er das alles getan hat.“
„Ich kann dir sagen, warum“, fiel der Mann ein, der gerade durch die Tür zur Dachterrasse kam, und nickte Aidan zu. „Falls du es wirklich wissen willst.“
Der Chief!
Aidan nahm sein Handy heraus, drückte auf die Taste für Tommys Nummer und hielt das Telefon ans Ohr.
„Beeil dich. Und bring Verstärkung
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