In der Hitze der Nacht
»Vielleicht sollte ich lieber gehen .«
»Es wäre mir eine Freude, dich nach Hause zu bringen, chérie .« Louie deutete auf die Eingangstür. »Aber würdest du mich vorher einen Augenblick mit meiner Frau allein lassen ?«
»Natürlich .« Laure küsste Elizabet auf die Wange, drückte ihr die Hand und verließ dann den Raum.
»Was soll das, Elizabet ?«
»Ich kümmere mich um meine Freundin .« Sie ließ sich von dem sichtlichen Missvergnügen ihres Mannes nicht einschüchtern. »Außerdem soll sie wissen, mit wem sie es zu tun hat. Hast du vergessen, was dieses Mädchen unserem Sohn angetan hat ?«
»Ich habe es ein bisschen anders in Erinnerung. Und du solltest auch noch einmal drüber nachdenken .«
Sie stellte ihre Tasse ab. »Manchmal wird die Erinnerung mit der Zeit unzuverlässig .«
»Also, bin ich jetzt ein alter Mann ?«
»Nein, bist du nicht. Dann wäre ich ja eine alte Frau .« Sie ging zu ihm, um ihn zu umarmen, aber er entzog sich ihr. Das bereitete ihr keine großen Sorgen. Louie war nie länger als ein oder zwei Stunden mürrisch, bis er wieder zu seinem charmanten, respektlosen Ich zurückkehrte. »Du solltest dir um Isabel Duchesne keine Gedanken machen. Ich gehe davon aus, dass sie wieder auf den Füßen landet. Leute wie sie haben ein Talent dafür .«
»Ich vergöttere dich seit dem Augenblick, als ich dich das erste Mal sah « , sagte er, und seine Stimme stieß die Worte barsch hervor. »Aber ich war noch nie so enttäuscht von dir wie jetzt .«
Das schmerzte, aber sie behielt ihren sanften Gesichtsausdruck bei. »Du wirst darüber hinwegkommen, Louis, wie immer .«
Elizabet zuckte nicht mit der Wimper, als er die Tür hinter sich zuknallte. Sie hatte im Kopf bereits eine lange Liste mit Isabel Duchesnes Vergehen gegen ihre Familie, und das hier war lediglich ein weiterer Punkt.
8
»Los, aufstehen .«
J.D. schlug die Augen auf und fand sich allein im Gästebett der Martins wieder. Dicht vor seiner Nase schwankte der Lauf einer doppelläufigen Schrotflinte. Er rührte sich nicht und schielte an dem Gewehr entlang, bis er dem Blick begegnete, der ihn aus einem stark vernarbten Gesicht wütend anfunkelte.
Der Mann war klein und hager, mit schütterem weißem Haar und mehr Brandnarben, als J.D. je bei einem menschlichen Wesen gesehen hatte. Er sah aus, als hätte ihn die Hölle durchgekaut und als Knorpel wieder ausgespuckt.
»Wer sind Sie ?« J.D. blickte sich um, aber Sable war nirgendwo zu sehen. Seine Pistole steckte seitlich unter der Matratze, aber er wollte sich erst bewegen, wenn er den Alten ablenken konnte.
Sein Angreifer lachte höhnisch, was seine groteske Entstellung noch betonte. »Ich bin der Teufel – was glaubst du denn, Jungchen ?« , fragte er, und seine Stimme war ein raues Krächzen. »Bin ich nicht hübsch ?«
»Hübsch, ähm, nicht direkt .« Gott, ihm würde jeden Moment von diesem Irren ins Gesicht geschossen – und wo war Sable? »Aber Sie sehen aus, als wären Sie nicht so leicht totzukriegen .«
»Stimmt .« Der alte Mann riss leicht die Flinte hoch. »Jetzt steh auf .«
Sable kam mit einem Stapel säuberlich zusammengelegter Kleidung hinter ihm hervor. Sie trug ein Kaliko-Hemd und weite Jeans und hatte ihr Haar nach hinten geflochten. Anstatt Angst zu zeigen, warf sie dem Mann einen genervten Blick zu, als handele es sich bei dem, was er tat, nur um ein geringfügiges Ärgernis. »Was machst du denn da ?«
J.D. nutzte die Ablenkung, um die Hand unter die Matratze zu schieben und seine Waffe hervorzuziehen.
»Das, was ich schon vor zehn Jahren hätte tun sollen « , sagte Remy zu ihr. Als er sich wieder umdrehte, riss er die Augen auf.
J.D. hielt die Pistole auf den Alten gerichtet. »Ich bin auch nicht so leicht totzukriegen, alter Mann. Sable, raus hier .«
» Déposez le fusil de chasse – nimm die Schrotflinte runter, Papa .« Sie stellte sich neben J.D. und bedachte ihn mit demselben verärgerten Blick. »Und J.D., ich würde es begrüßen, wenn du nicht auf meinen Vater schießt .«
J.D.s Mund verzog sich. »Nur, wenn er die Schrotflinte wegnimmt .«
Sie drehte sich zu dem Mann um. »Papa ?«
»So beschützt er dich also? Ich hätte ihm im Schlaf das Hirn wegpusten können .« Remy schnaubte verächtlich, ließ aber langsam die Waffe sinken. »Stadtjungs .« Er rieb sich die Brust.
J.D. nahm seine Pistole herunter, setzte sich auf und kratzte sich träge die Kopfhaut. »Sie können mich erschießen, wenn ich meinen Kaffee
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