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In der Hitze der Nacht

In der Hitze der Nacht

Titel: In der Hitze der Nacht
Autoren: Ruth Gogoll
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dachte Tina. Die anstrengendste Arbeit kommt noch.
    »Ist das nicht immer ärgerlich?« fragte die andere Frau. »Da ist man schon fix und fertig vom Arbeitstag, und dann muß man abends noch einkaufen.«
    »Ja.« Tina war überrascht, daß die andere Frau sich einmischte. Sie benahm sich, als wären Mar und sie ein Paar und Tina eine gemeinsame Freundin. »Tagsüber geht es eben nicht.« Sie musterte die beiden kurz. Sie waren sich eindeutig sehr nah, das sah man.
    Warum auch nicht? dachte Tina. Sie sagte zwar, sie hätte nicht viel Zeit, aber deshalb kann sie ja eine Freundin haben, die das akzeptiert. Ich tue es bei Geneviève ja auch.
    »Ach, guck mal, die Bluse.« Mars Begleiterin wies auf ein Schaufenster. »Die würde genau zu meinem beigen Rock passen.« Sie löste sich von Mar und ging auf das Schaufenster zu.
    Mar zögerte. »Ja, dann . . .«, sagte sie zu Tina. »Schönen Abend noch.« Sie wollte ihrer Freundin folgen.
    »Mar?« Tina hielt Mar zurück.
    »Ja?« Mar drehte sich um.
    »Ich möchte mich bei dir entschuldigen.« Tina räusperte sich. »Für mein Verhalten, als wir uns das letzte Mal getroffen haben.«
    »Das mußt du nicht«, erwiderte Mar ruhig. »Ich verstehe das.«
    »Es . . . es hatte nichts mit dir zu tun«, sagte Tina. »Ich bin etwas angespannt zur Zeit.«
    »Du siehst blaß aus.« Mar trat erneut auf sie zu und musterte ihr Gesicht.
    »Ich habe wenig geschlafen. Meine Mutter –« Tina seufzte. »Meine Mutter ist zu Besuch. Wir haben uns jahrelang nicht gesehen.«
    »Da gibt es lange Mutter-Tochter-Gespräche, um sich auszutauschen.« Mar lachte. »Das kann ich nachvollziehen. Ich sehe meine Mutter allerdings öfter.«
    »Ich Gott sei Dank nicht«, sagte Tina.
    »So schlimm?« Mar hob die Augenbrauen.
    »Schlimmer.« Tina seufzte. »Meine Mutter ist ein Alt-Hippie. Sie kennt weder Ordnung noch Regeln noch Rücksichtnahme auf andere. Sie denkt, die ganze Welt gehört ihr. Insbesondere ihre Tochter.«
    »Oje«, sagte Mar. »Das klingt wirklich anstrengend.«
    »Ist es.« Tina atmete durch. »Aber ich denke, du solltest jetzt wieder zu deiner Freundin gehen. Ich glaube, sie will die Bluse kaufen.« Sie warf einen Blick zu der anderen Frau, die vom Schaufenster zu ihnen beiden herüberschaute.
    »Eigentlich –«, setzte Mar an, brach aber gleich wieder ab. »Ja«, fuhr sie fort. »Wahrscheinlich.« Sie musterte Tina noch einmal, plötzlich schien sie sich zu entschließen und griff in ihre Tasche. »Hier«, sagte sie und reichte Tina eine Visitenkarte. »Falls du deine Mutter verklagen willst.« Sie lachte. »Nein, natürlich nicht. Aber wenn du mal juristische Probleme hast. Ich kümmere mich gern darum.«
    »D-Danke.« Tina war etwas überrascht von Mars Angebot. Sie nahm die Visitenkarte so vorsichtig, als wäre sie ein sehr zerbrechlicher Gegenstand. »Machst du auch Arbeitsrecht?« fragte sie. Sie dachte an die Abmahnung. Zwar hatte Susanne sie zurückgenommen, aber man konnte nie wissen.
    »Das ist eines meiner Spezialgebiete«, sagte Mar. »Hast du irgendwelche Probleme auf der Arbeit?«
    Tina schüttelte den Kopf. »Nein. Nein, nicht mehr. Im Moment nicht.« Sie hob die Karte kurz an und nickte Mar zu. »Vielen Dank noch mal.« Dann ging sie weiter.
    Mar schaute ihr nach und begab sich dann zu Gerlinde hinüber, die immer noch am Schaufenster stand. »Das ist also Tina«, begrüßte sie Mar schmunzelnd.
    »Ja.« Mar schaute Tina erneut hinterher, die in diesem Moment um die Ecke verschwand. »Das ist Tina.«
    »Sehr sympathisch«, sagte Gerlinde. »Und wirklich süß. Ich kann dich verstehen.«
    Mar atmete tief durch. »Na ja, du hast ja gesehen. Sie hat kein Interesse an mir.«
    »Das würde ich nicht so sagen«, entgegnete Gerlinde. Sie spitzte die Lippen. »Aber sie sieht mitgenommen aus. Geht es ihr nicht gut?«
    »Ihre Mutter –« Mar schüttelte den Kopf. »Und anscheinend auch auf der Arbeit. Sie hat mich gefragt, ob ich Arbeitsrecht mache.«
    »Uh, berufliche und private Schwierigkeiten«, sagte Gerlinde und hob die Augenbrauen. »Kein Wunder, daß sie so dunkle Ringe unter den Augen hat.«
    Mar runzelte die Stirn. »Was hast du damit gemeint, das würdest du nicht so sagen?«
    »Ich würde sagen, meine Liebe«, Gerlinde hängte sich bei Mar ein und ging los, anscheinend interessierte sie die Bluse nicht mehr, »daß ihr beide ein schönes Paar seid.«
    »Du bist verrückt. Wir sind kein Paar«, entgegnete Mar brüsk. »Und werden es auch nie sein.«
    »Du hast
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