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In der Hitze der Nacht

In der Hitze der Nacht

Titel: In der Hitze der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Gogoll
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sofort nachgab.
    Sie stand in einer Art Diele, die allerdings mit einem Schreibtisch ausgestattet war. Eine ältere Frau, die dahinter saß, schaute sie fragend an. »Ja, bitte?«
    »Ich –« Das hatte sie nicht erwartet. Sie mußte erst einmal zur Besinnung kommen. »Kann ich Frau Dr. Amon sprechen, bitte?«
    »Haben Sie einen Termin?« Die Empfangsdame warf einen Blick auf einen Kalender, der vor ihr lag.
    Tina schüttelte den Kopf. »Nein. Ich kam nur gerade hier vorbei, und da dachte ich –«
    »Ohne Termin geht gar nichts.« Die Frau blickte sie etwas strafend an, als hätte Tina einen Verstoß gegen eine Regel begangen, die doch eigentlich jeder kennen und respektieren müßte.
    »Entschuldigung. Tut mir leid.« Tina trat den Rückzug zur Tür an. Eine dumme Idee, sie hatte es ja gewußt.
    »Frau Ritter, haben Sie die Akte –« Die Tür hinter dem Schreibtisch hatte sich geöffnet, und eine Person trat heraus. »Tina?« Sie blieb abrupt stehen.
    Tina wies mit der Hand auf die Frau am Schreibtisch. »Sie sagte mir schon, daß ich erst einen Termin machen muß. Ich hätte anrufen sollen, ich weiß.«
    Mar warf einen bestätigenden Blick auf ihre Mitarbeiterin. »Ist schon in Ordnung, Frau Ritter.« Sie schaute wieder Tina an. »Komm doch rein. Du bist eine erfrischende Abwechslung zu meinen staubigen Akten, die ich schon den ganzen Tag wälze.« Sie lachte leicht und öffnete die Tür hinter sich einladend weiter.
    Tina zögerte kurz, dann ging sie um den Schreibtisch herum und ignorierte den immer noch strafenden Blick der Frau, die anscheinend nicht mit Mars Entscheidung einverstanden war.
    Mar schloß die Tür, nachdem Tina das Zimmer betreten hatte, und ging an ihr vorbei zu ihrem wie immer überquellenden Schreibtisch zurück. »Setz dich doch.« Sie wies auf einen Besucherstuhl vor dem Tisch. »Möchtest du einen Kaffee?« Als sie auf ihren fragenden Blick keine Antwort erhielt, erklärte sie etwas launig: »Frau Ritter macht einen sehr guten. Sie ist nicht so brummig, wie sie tut. Sie beschützt mich nur sehr entschieden vor störenden Einflüssen.« Sie lachte erneut.
    »Sie . . . ich –« Tina fuhr sich über die trockenen Lippen. »Ich möchte dich nicht in der Arbeit unterbrechen. Sie sagte, ich brauche einen Termin, und das heißt, du hast viel zu tun –«
    »Ja, habe ich.« Mar nickte. »Aber für dich habe ich immer Zeit. Es freut mich, daß du kommst. Wir haben uns ja ewig nicht gesehen.«
    »Ja, ist schon eine Weile her«, murmelte Tina und setzte sich unentschlossen auf die Kante des Stuhls. Möglicherweise mißverstand Mar den Grund ihres Besuches, daran hatte sie nicht gedacht.
    »Wie geht es dir?« fragte Mar. »Ist deine Mutter wieder abgereist?«
    Tina schien verwirrt. »Meine . . . Mutter?«
    »Du hattest mir von ihr erzählt, als wir uns das letzte Mal trafen«, sagte Mar. »Daß sie so anstrengend ist.«
    »Oh. Ja. Das weißt du noch?« Tina schien noch verwirrter.
    »Ich habe ein gutes Gedächtnis«, sagte Mar. »Das muß ich haben in meinem Beruf.« Sie betrachtete Tinas angespanntes Gesicht. Sie sah nicht viel besser aus als das letzte Mal, als sie sich zufällig getroffen hatten. Besorgniserregend, daß sich daran nichts geändert hatte.
    Mar stand auf und ging zur Tür. »Bringen Sie uns doch zwei Tassen von Ihrem hervorragenden Kaffee, Frau Ritter«, bemerkte sie durch den Spalt hinaus. »Und haben Sie noch etwas von Ihrem selbstgebackenen Kuchen?«
    Die Antwort war unverständlich, aber Mar schloß die Tür wieder und kam zum Schreibtisch zurück. »Ihr Kuchen ist genauso gut wie ihr Kaffee«, sagte sie und blieb neben dem Stuhl stehen, auf dem Tina saß. »Ich denke, du solltest ihn probieren.«
    »Mir liegt nicht viel an Kuchen.« Tina sprach leise und schien gar nicht richtig dazusein.
    »Weißt du«, sagte Mar und betrachtete sie nachdenklich, »jedesmal, wenn wir uns sehen, scheint es dir nicht besonders gut zu gehen. Bei so einer Häufung in einem Gerichtsverfahren würde ich davon ausgehen, daß das an mir liegt.« Sie versuchte ihre Stimme fröhlich klingen zu lassen, aber wie sie sofort merkte, kam das gar nicht bei Tina an.
    »Also?« fuhr sie fort und ging hinter ihren Schreibtisch zurück. »Was kann ich für dich tun?« Sie setzte sich. »Oder ist das nur ein Höflichkeitsbesuch?«
    Tina wirkte, als hätte sie gar nicht zugehört, aber dann hob sie den Blick und sah Mar an. »Nein«, sagte sie ernst. »Ist es nicht.«
    »Du brauchst juristischen Rat?«

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