In der Hitze der Nacht
Ende der Woche heraus, um die Endabrechnung zu machen. Dann geben wir sie dem Chef.«
Mar notierte das. »Das heißt, jeder kann die Karte herausnehmen und manipulieren?« fragte sie.
»Na ja, so einfach ist es auch wieder nicht«, erklärte Tina. »Das würde schon auffallen. Jede Karte hat normalerweise an jedem Tag genau vier Einträge: morgens, wenn man kommt, mittags, wenn man ausstempelt, um zum Essen zu gehen, dann der dritte Stempel, wenn man vom Essen zurückkommt, und der vierte abends, wenn man geht.« Sie hob die Schultern. »Manchmal sind es nur zwei Stempel am Tag, wenn ein Mitarbeiter auswärts zu tun hat und nur morgens und abends stempelt. Dann wird einfach eine halbe Stunde für die Mittagspause abgezogen.«
»Sehr simples System«, sagte Mar. »Und die Stempel sind so, daß man nicht daran herumpfuschen kann?«
»Wenn man sich viel Mühe gibt, vielleicht«, sagte Tina, »aber so war es nicht. Meine Karten waren in Ordnung – bis ich sie Herrn Bruhns gegeben habe.«
»Er hat sie also manipuliert?« fragte Mar.
»Ja.« Tina nickte. »Nur kann ich ihm das nicht beweisen. Sie sehen völlig normal aus. Außer daß die Zeiten nicht stimmen.«
»Er behauptet also, daß du versucht hast, die Firma zu betrügen«, faßte Mar zusammen, »indem du Stunden bezahlt haben wolltest, die nicht angefallen sind.«
»Richtig.« Tina setzte sich wieder. »Für manche Tage gibt es Zeugen, die genau gesehen haben, daß ich beispielsweise um vier gegangen bin, und auf meiner Karte steht, ich hätte erst um sechs ausgestempelt.«
»Das ist übel«, sagte Mar.
»Allerdings. Aber das ist ja noch nicht alles. Ich soll auch noch einen PC gestohlen haben.«
Mar blickte sie erstaunt an. »Wie das denn?«
»Ein paar Tage, bevor mir die Kündigung auf den Tisch flatterte, wurde mein Arbeitsplatzrechner ersetzt. Ich habe mich noch darüber gewundert, denn der alte funktionierte einwandfrei, aber es war ja nicht meine Entscheidung. Offenbar hatte die Firma beschlossen, neue Computer anzuschaffen, und meiner war eben der erste, der ausgetauscht wurde – dachte ich damals.«
»Aber das war nicht so?«
»Nein. Im Kündigungsschreiben stand, daß ich mir den alten Rechner für private Zwecke unter den Nagel gerissen hätte. Ich hätte eine Meldung gefälscht, daß mein alter Rechner kaputt wäre, und daraufhin wäre ein neuer gebracht worden. Der alte ist aber nie aufgetaucht, er ist einfach verschwunden.«
»Aber du hast ihn doch nicht zu Hause«, vermutete Mar.
»Natürlich nicht.« Tina schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung von der Meldung. Wie gesagt, der PC funktionierte bis zum letzten Tag, an dem ich ihn hatte. Als ich am nächsten Morgen ins Büro kam, stand ein neuer da. Ich hatte noch ein paar Probleme, bis alles wieder funktionierte. Mit dem alten wäre es viel einfacher gewesen.«
»Und du weißt nicht, wo der Rechner hingeraten ist?«
»Bruhns hat ihn, davon bin ich überzeugt«, sagte Tina. »Du hättest mal sein Gesicht sehen sollen.«
»Na, da liegt ja einiges an Arbeit vor uns«, sagte Mar. Sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück und kaute nachdenklich auf ihrem Stift herum. »Selbst wenn wir vermuten, daß Bruhns es war, müssen wir ihm das erst einmal beweisen.«
»Das ist wahrscheinlich aussichtslos.« Tina sank erneut zu einem Häufchen Elend zusammen. »Er hat meine Originalstempelkarten bestimmt längst vernichtet, und der Rechner ist wahrscheinlich im Müll gelandet.«
»Ist im Moment nicht so wichtig«, sagte Mar. »Zuerst einmal müssen wir Kündigungsschutzklage erheben. Wann wurde die Kündigung ausgesprochen?«
»Vor einer Woche.« Tina schaute sie unglücklich an.
Mar nickte. »Für die Klage haben wir drei Wochen Zeit, das bekomme ich auf jeden Fall hin. Außerdem«, sie musterte Tina besorgt, »würde ich dich gern auch in der Strafsache vertreten. Oder hättest du da lieber jemand anderen?«
»Jemand anderen?« Tina wiederholte es verständnislos.
»Das sind zwei unterschiedliche Verfahren, das eine ist arbeitsrechtlich, das andere strafrechtlich«, sagte Mar. »Also kannst du auch zwei Anwälte haben.«
»Wenn du es nicht machen willst . . .«, entgegnete Tina unsicher, »muß ich mir wohl noch jemand anderen suchen.«
Mar lachte. »Entschuldige. Für dich ist das bestimmt alles sehr verwirrend. Wie ich schon sagte, will ich es übernehmen, dich da zu vertreten. Es war nur die Frage, ob du damit einverstanden bist.«
»Ja.« Tina nickte. »Ich bin
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