In der Hitze der Nacht
in diesem Moment flog die Tür bereits fast aus den Angeln und knallte gegen die Wand. Heidi schnaubte in den Raum, einen geduckten Mann hinter sich herzerrend.
Frau Ritter folgte mit einer entschuldigenden Handbewegung und einem äußerst mißbilligenden Gesichtsausdruck. »Tut mir leid, Frau Dr. Amon. Ich konnte sie nicht aufhalten.«
»Ist schon gut, Frau Ritter.« Mar konnte sich nicht entscheiden, wie sie auf dieses unerwartete Eindringen reagieren sollte. Einerseits war das ganz sicher nicht die Art, wie sie Heidis nächstes Auftreten erwartet hatte, und sie hätte sich dagegen verwahren müssen, aber andererseits war der Anblick zu komisch.
»Das isser.« Frauchen Heidi schob den Hund – nein, den Mann – vor sich her auf Mar zu.
Mar begriff nicht sofort. »Wer –?« Aber bevor sie den Satz beenden konnte, wurde es ihr schlagartig klar, und Heidi bestätigte es auch sofort.
»Der Kerl, der unschuldige Frauen belästigt und hinterher auch noch in Schwierigkeiten bringt. – Hinsetzen!« Der Befehl galt ihrem Sträfling.
Der Mann gehorchte und ließ sich wie ein nasser Sack auf einen der Besucherstühle in Mars Büro plumpsen. Dort hing er dann mit eingezogenen Schultern und schaute unruhig zu Heidi auf.
Mar hatte plötzlich das Gefühl, Teil eines Dalí-Gemäldes zu sein – Rambo Heidi mit gerade eben erlegter Beute war einfach zu surreal. Wie ein Blitz erschien aus heiterem Himmel vor ihrem geistigen Auge das Bild, als sie bei einer anderen Situation über etwas ähnlich Surreales gelacht hatte – mit Tina.
Stille breitete sich aus, Heidi erwartete offensichtlich eine Reaktion von Mar. Die Arme vor der Brust verschränkt starrte sie Mar unbeweglich an. Der Mann zitterte leicht. Sein Gesicht war übersäht mit mehrfarbigen Flecken, getrocknetes Blut klebte unter seiner Nase, die irgendwie etwas schief zwischen den dunkel umrandeten Augen hing.
»Hatte ich dich nicht gebeten –?« Mar schaute Heidi an und hob die Augenbrauen.
Heidi stieß einen verächtlichen Laut aus. »Was kann ich dafür, wenn er zehnmal hintereinander gegen eine Wand rennt? Ich habe ihn nur davon abgehalten, es noch ein elftes Mal zu tun.« Sie grinste.
Mar betrachtete das Häufchen Elend auf dem Stuhl, musterte ihn kurz und wandte sich dann wieder an Heidi. »Hast du denn wenigstens irgend etwas erreicht?« Sie fixierte Heidis grinsenden Blick. »Ich meine, irgend etwas für den Fall Relevantes?«
Heidi grinste noch mehr. »Der Kerl ist dümmer, als die Polizei erlaubt.« Sie strahlte Mar mit zufriedener Bodybuilderinnenmiene an. »Obwohl ich das schon nicht erlaubt habe, als ich noch bei der Polizei war.«
Mar hätte fast geseufzt. »Etwas Konkretes?« fragte sie. »Was ich vor Gericht verwenden kann?«
Heidi gab Tinas ehemaligem Chef, Herrn Bruhns, einen aufmunternden Schlag auf den Kopf. »Wenn ich ihm das befehle, dann sagt er das auch vor Gericht aus.«
Bruhns schien es aufgegeben zu haben sich zu wehren, er versuchte nur, seinen Kopf wieder gerade zu halten, nachdem das, was Heidi vermutlich einen kleinen Stupser genannt hätte, ihn in eine ordentliche Schwingung versetzt hatte.
»Und was?« fragte Mar.
»Das soll er dir selbst sagen.« Heidi beugte sich etwas drohend zu Bruhns. »Na komm, spuck’s schon aus, du Zwerg. Sag ihr, was du mir gesagt hast.«
Bruhns blickte nun wieder etwas gefaßter zu Mar auf. »Ich werde Sie verklagen«, knurrte er. »Wenn Sie diesen Bulldozer beauftragt haben –«
Mar hob die Hände. »Ich habe keinen solchen Auftrag erteilt, das können Sie mir glauben.« Ihr Gesicht verzog sich zu einem leichten Lächeln. »Aber wenn Sie nun schon einmal da sind – ganz zufällig –, könnten Sie mir wirklich etwas über Frau Bauers Entlassung erzählen. Beziehungsweise über das, was dazu geführt hat.«
»Einen Teufel werde ich tun! Das ist alles überhaupt nicht legal! Wo sind wir denn hier? In Deutschland hat man ja wohl das Recht, in seiner eigenen Wohnung nicht belästigt zu werden.« Er starrte Heidi an. »Dich werde ich auch anzeigen. Das wirst du mir büßen.«
Als Heidi einen Schritt auf ihn zu machte, zuckte er jedoch heftig zusammen und versteckte sich fast hinter dem Stuhl. »Wenn Sie das zulassen . . .« Sein Blick raste zwischen Heidi und Mar hin und her. »Wenn Sie zulassen, daß sie mich noch einmal schlägt . . . dann zeige ich Sie wegen Körperverletzung an!« Er kreischte fast vor Angst, weil Heidi sich bereits wieder drohend vor ihm
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