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In der Hitze der Nacht

In der Hitze der Nacht

Titel: In der Hitze der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Gogoll
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etwas gesagt.« Tina atmete tief durch. »Aber ich war viel spazieren am See. Vielleicht hat Afra mich auch nur einfach nicht erwischt.«
    »Afra?« Mar runzelte die Stirn.
    »Die Hausangestellte«, erklärte Tina. »Sie nimmt meistens das Telefon ab. Außer mir hat hier niemand ein Handy.«
    Mar lachte. »Solche modernen Dinge sind in diesem alten Haus wohl nicht gern gesehen, weil sie nicht passen?«
    »So ungefähr«, sagte Tina. »Warum rufst du an? Muß ich zur Verhandlung kommen?« Ihre Stimme wurde leiser am Ende der Frage, der Gedanke war ihr nicht angenehm.
    »Nein, das hat sich erledigt, deshalb versuche ich ja schon die ganze Zeit dich zu erreichen.« Mar lachte erneut. »Bruhns hat gestanden, das Verfahren ist niedergeschlagen, und wahrscheinlich wirst du demnächst einen Brief bekommen, der bestätigt, daß die Kündigung unwirksam war. Sie müssen dir dein ganzes Gehalt nachzahlen und dich wieder einstellen.«
    Die Leitung war wie tot.
    »Tina? Bist du noch da?« Mar sprach laut fragend in den Hörer, weil sie das Gefühl hatte, sie wären unterbrochen worden.
    »Ja.« Mit Tinas leiser Antwort wurde die Leitung wieder lebendig. »Ich bin noch da.«
    »Freust du dich denn nicht?« Mar hatte eine etwas begeistertere Reaktion erwartet.
    »Doch. Doch, natürlich.« Der Klang von Tinas Stimme widersprach ganz deutlich dem Inhalt dessen, was sie sagte.
    »Verstehst du, was ich gesagt habe?« hakte Mar nach. »Du bist völlig entlastet, die ganzen Anschuldigungen haben sich in Luft aufgelöst, Bruhns war der Täter. Und er hat übrigens nicht nur deinen PC geklaut, sondern auch noch eine ganze Menge anderes.«
    »Ja. Ja, das dachte ich mir schon.« Tina wirkte immer noch uninteressiert.
    »Was ist los, Tina?« Mars Besorgnis, die für eine Weile in der Begeisterung über die guten Neuigkeiten untergegangen war, kehrte zurück.
    »Nichts. Ich . . . muß also nicht kommen?«
    Mar zögerte, bevor sie antwortete. »Nein«, sagte sie dann. »Du mußt nicht kommen, wenn du nicht willst. Aber ich dachte . . . ich meine, willst du denn jetzt dort bleiben?«
    Es dauerte eine ganze Weile, bevor Tinas Stimme wieder erklang. »Ich werde wohl zurückkommen müssen – jetzt, wo ich meinen Job wiederhabe.«
    Mar fragte sich, was los war. Tina wirkte merkwürdig abwesend, und sie hätte gern gewußt, warum. »Was hast du denn nun geerbt?« fragte sie statt dessen. »Ist es genug, daß du eine Weile ohne den Job leben könntest?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Tina.
    Mar war erstaunt. »Hast du denn nicht mit deiner Familie darüber gesprochen?« Immerhin war einige Zeit vergangen, seit sie selbst abgereist war. Mittlerweile war bestimmt Gelegenheit zu einigen Gesprächen gewesen.
    »Nein«, sagte Tina. »Nicht darüber.«
    »Und du willst es immer noch nicht wissen«, stellte Mar seufzend fest.
    »Ja«, bestätigte Tina. »Da bin ich wohl das Kind meiner Mutter: Geld interessiert mich nicht. Und wenn ich jetzt sogar noch die Nachzahlung bekomme . . .«
    »Das wird auch nicht ewig reichen. Willst du zurück in diese Firma?« Mar stieß zweifelnd die Luft aus. »Die meisten, denen so etwas passiert ist, wollen das nicht.«
    »Ich auch nicht«, sagte Tina, »aber was habe ich für eine Wahl? Ohne Papiere . . .«
    »Ja, sicherlich.« Mar kaute überlegend auf ihrer Unterlippe herum. »Gerade deshalb wäre es so wichtig, daß du weißt, was du geerbt hast. Wenn es nur seine Teddybärensammlung ist, stehst du dumm da.«
    Tina machte ein überraschtes Geräusch. »Nach allem, was ich über ihn gehört habe, hat er wahrscheinlich noch nicht mal als Kind mit Teddybären gespielt, geschweige denn daß ihm später an solchen Dingen etwas gelegen hätte.«
    »War auch nur ein Beispiel«, sagte Mar. »Ich glaube, daß es in diesem Haus eine Menge Dinge von Wert gibt, einiges davon habe ich ja selbst gesehen, aber das heißt eben noch lange nicht, daß er nicht eventuell auch Dinge hatte, die keinen materiellen Wert besitzen. Selbst solche Menschenfeinde wie dein Großvater haben vielleicht sinnlose Hobbys, die nur Geld kosten, aber nichts einbringen.«
    »Wenn er so etwas hatte, weiß ich davon nichts«, sagte Tina. »Ich bin nicht daran interessiert.«
    »Vielleicht sollte ich dann mal vorbeikommen und mit deiner Familie reden«, schlug Mar vor, »so als neutrale Vermittlerin. Ich verstehe, daß du nicht direkt nach Geld fragen willst – wo du deine Familie gerade erst gefunden hast.«
    »Du würdest . . . herkommen?«

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