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In der Hitze der Stadt

In der Hitze der Stadt

Titel: In der Hitze der Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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geliebt werden. Und Mina war es wert, dass man sie liebte.

    Mina war es wert.

9
    Baumer war von der Brasserie Mövenpick am Marktplatz, wo er versucht hatte, Maja anzurufen, in Richtung Fischmarkt gegangen. Dort stand eine Traube Touristen vor dem reich verzierten Brunnen, und der Kommissar hörte im Vorbeigehen die Führerin der Gäste laut rufen: »… entstand der Brunnen mit zwölfeckigem Grundriss …« Baumer war überrascht. Er hatte immer geglaubt, der Brunnentrog sei achteckig. Alles schien heute verändert in dieser Stadt.
    »Ich bin auch zwölf«, hörte er Mina mit ihm reden.
    »Noch so jung?« Baumer versuchte die drängende innere Stimme zu beschwichtigen.
    Als er an der Kantonalbank um die Ecke bog, sah er zum Hotel Drei Könige hinüber. Wie immer parkten dort ein paar dicke Schlitten. Heute waren es ein schwarzer Ferrari und ein silberner Rolls Royce. Eine anthrazitfarbene Jaguar-Limousine, die daneben stand, kam Baumer im Vergleich wie eine billige Karre vor, für die sich der Besitzer wohl täglich schämen müsste.
    Der Kommissar bewegte sich weiter die Straße hinauf, die ihn zum Notfall des Kantonsspitals Basel bringen würde. Als er den Fußgängerstreifen am Petersgraben querte, schaute er zum Café Florian hinüber, neben dem eine gewundene Straße hinunter zum Rhein führte. Man konnte ihn in der Sonne glitzern sehen. Er floss noch träger als üblich. Der Wasserstand war tief.
    Baumer sah bunte Schwimmsäcke im Wasser, an die sich Schwimmer klammerten. Die Badefreudigen ließen sich gemächlich stromabwärts treiben. Dieses Jahr war die Schwimmstrecke kurz, weil an der Autobahnbrücke Pfeiler saniert wurden und die Strudel eine erhebliche Gefahr für die Badenden bedeutete. Sicherlich würde der »Bach« auch in diesem Sommer wieder ein paar Tote fordern. Ungeübte Schwimmer etwa, die in Panik vor einem von hinten nahenden Lastkahn – einem »Schlappen« – zur falschen Seite hin flüchteten, nur um dann in der Mitte des Stroms entkräftet unterzugehen. Oft war auch Alkohol im Spiel.
    Baumer ließ den Rhein hinter sich und marschierte hinauf zum Klinikum 1 des Kantonsspitals und weiter zum Eingang der Notfallstation. Hier hatte er zu tun, und was er zu tun hatte, konnte entscheidend sein für die Aufklärung des Mordes an diesem Mädchen Emine, genannt Mina. Seine Idee, eine erste Spur womöglich, war ihm gekommen, als er am Marktplatz gesessen und einen Moment Ruhe gefunden hatte. Ihm war aufgefallen, dass er etwas Wichtiges übersehen hatte. In diese Sache musste er jetzt Licht bringen. Das ging nur hier auf der Notfallstation des Kantonsspitals.
    Beim Klinikum 1 angekommen, blieb er auf dem Gehsteig stehen. Er schaute hoch zum Patientengebäude. Sein Blick haftete an dem Stockwerk, auf dem er selbst vor einem halben Jahr einquartiert gewesen war, als er im Einsatz einen prächtigen Oberschenkeldurchschuss erlitten hatte. Unbewusst verschob Baumer sein Gewicht sofort auf das unverletzt gebliebene Bein. Trotzdem nistete sich ein flaues Gefühl in seinem Magen ein. Musste es wirklich sein, dass er hier wieder hineinging? Er überlegte, wie er es sich ersparen konnte.
    »Baumer!«, sprach ihn Mina plötzlich energisch an.
    »Schon gut«, murmelte der Kommissar und marschierte zügig die Rampe zur Pforte des Notfalls hinauf. Weil er übermäßig schwitzte, klebte das Hemd auf der Haut. Er zog es fort. Schmatzend löste es sich von der Brust. Der Kommissar hielt den Hemdknopf, bewegte ihn auf und ab, hin und her, ließ den Stoff flattern, damit die bewegte Luft seinen Körper ein wenig kühlen möge. Es war vergeblich. Das Hemd klebte weiterhin am Rücken, und Baumer blieb überhitzt. Besonders seine Jeans machten ihm zu schaffen, und er verfluchte, dass er keine kurzen Hosen angezogen hatte.
    Am Auskunftsschalter der Pforte des Notfalls trat er zur Scheibe, fand aber niemanden dort sitzen. Doch drinnen im Eingangsbereich standen mehrere Leute. Darunter eine Frau, die Baumer schon mehrmals gesehen hatte, aber er erinnerte sich nicht an ihren Namen. Die reife Dame hatte auffällig hoch toupierte Haare und ein knalliges Make-up. Vor ihr stand ein Mann, den Baumer auf ein mittleres bis fortgeschrittenes Alters schätzte. Sein blütenweißer Kittel zeichnete ihn als Mediziner aus. Er trug einen einzelnen goldenen Stift in der Brusttasche. Ein Professor also. Dass dieser Mann tatsächlich ein Mediziner in leitender Stellung war, konnte Kommissar Baumer natürlich nur ahnen. Jeder sieht aus wie

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