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In der Hitze der Stadt

In der Hitze der Stadt

Titel: In der Hitze der Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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Kunstpause und lehnte sich zurück. »Irgendeinen mickrigen Beweis können wir immer konstruieren, Azoglu.« Er schnalzte verächtlich. Es gelang ihm hervorragend. Ein wenig Theatralik in diesem kritischen Moment war ja durchaus angezeigt, fand der Kommissar.
    Azoglu schnappte den Köder.
    Er fragte mit matter Stimme. »Wann gibt Gegenüberstellung?«
    Baumer lächelte. »Das machen wir gleich jetzt, hier im Institut. Ich habe die Hauptzeugin bereits avisiert. Sie kann in wenigen Minuten da sein.«

    *
    Regazzoni, Baumer und der des Mordes an seiner Tochter verdächtige Erin Azoglu warteten im Büro des Gerichtsmediziners. Baumer hatte zuvor ein Telefongespräch geführt, in dem er Anweisungen gab, die Zeugin herzuholen. Seither wurde nicht mehr viel gesprochen. Regazzoni hatte zunächst versucht, den Türken in ein lockeres Gespräch zu verwickeln, doch der hörte nicht, antwortete nur einsilbig oder gar nicht.
    Nach etwa zehn Minuten bekam Baumer eine SMS. Er schaute kurz aufs Display, dann auf Azoglu. »Also los!«
    Sie verließen das Büro. Baumer entfernte sich, um die Zeugin zu empfangen. Regazzoni schaute dem Kommissar kurz nach, dann führte er Erin Azoglu den Korridor im 2. Stock des Institutes für Gerichtsmedizin entlang. Am Ende des Flurs betraten sie das Zimmer 211, den Seminarraum des Instituts.
    Die zwölf Tische, die normalerweise in Reih und Glied standen, waren auf eine Seite des Seminarraums geschoben und, um noch mehr Platz freizugeben, übereinander gelegt worden. Der etwas breitere Fronttisch war ebenso zur Seite geräumt, die Leinwand für Präsentationen hochgezogen.
    An der vorderen Wand standen vier Personen nebeneinander aufgestellt.
    Regazzoni packte Azoglu beim Oberarm. »Stellen Sie sich hier hin«, befahl er ihm, sich einzureihen. Dann drückte der Gerichtsmediziner jeder Person ein Schild mit einer Nummer in die Hand. Sie waren fortlaufend nummeriert. Azoglu bekam das Schild mit der Nummer 4.
    Die Auswahl der Personen für die Gegenüberstellung war unprofessionell erfolgt. Wäre ein Anwalt bei dieser Show dabei gewesen, er hätte lauthals lachen müssen. Baumer hatte behauptet, dass die Zeugen einen Türken beobachtet hatten. Das war eine glatte Lüge. Man hätte in der Reihe dennoch nur Männer mit türkischem Einschlag aufstellen dürfen. Drei der Simulanten, die Azoglu einrahmten, waren aber keineswegs Anatolen oder Kurden. Auch keine Albaner. Allein diese Tatsache hätte genügt, dass ein Anwalt sofort eingeschritten wäre und eine relevante Auswahl von osmanischstämmigen Personen verlangt hätte. Ein sehr guter Anwalt hätte hingegen die Auswahl akzeptiert – und vor Gericht die Gegenüberstellung komplett zerfetzt.
    Doch der türkische Hausmeister hatte keinen Anwalt. Brauchte er auch nicht. Er hatte keinerlei Grund sich zu sorgen. Er war bei seiner Aussage geblieben, dass ihn niemand gesehen haben könne, weil er ja gar nicht da gewesen sei. Was hatte er denn schon zu befürchten, wenn er es nicht war? Niemand würde ihn als Täter bezichtigen. Durchaus interessiert, wer hier aufgestellt war, betrachtete er die aufgereihten Personen.
    Es war eine interessante Zusammenstellung.
    Nummer 1 war ein etwa 1 Meter 85 großer Mann. Breitschultrig, sportlich, sogar ein wenig stämmig, circa 45 Jahre alt. Die Zivilkleidung schien ihm nicht richtig zu passen, als sei sie beim Waschen eine ganze Nummer eingegangen oder als hätte er sie jahrelang nicht getragen. Die Gesichtszüge verrieten ihn als Westeuropäer, höchstwahrscheinlich vom Stamm der Helvetier, Schweizer also. Der Mann trug kurze stoppelige Haare. Auffällig war, dass in seinen Haaren ein Ring eingedrückt war, so als trüge der Mann normalerweise einen Hut. Wahrscheinlich einer, der sonst in Uniform arbeitete; ein Schaffner vielleicht, ein Wachmann?
    Nummer 2 war gedrungen. Ziemlich jung, wohl noch nicht 30. Auch er hatte stramme Muskeln, nicht wie sie vom Bodybuilding herrühren, eher so, wie sie ein junger sizilianischer Bauarbeiter haben würde. Sein Gesicht war mondrund, rote Bäckchen verrieten eine gewisse Erregung. Schweizer er wohl auch, weil er nicht wirklich zuzuordnen war. Viele Zutaten mischten sich in seinem Blut.
    Nummer 3 bildete einen deutlichen Kontrast zu den ersten beiden Figuranten. Er war vom Alter her irgendwo um die 40, nur etwa 1 Meter 65 groß. Er war eher mager, Muskeln hatte er kaum. Er trug eine Gabardinehose. Die ausgebeulten und vom vielen Tragen nach außen gedrückten Hosentaschen, bei denen

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