In der Hitze der Wüstensonne - Out of Sight
eines davon zu starten, passierte das gleiche wie beim Humvee. Nichts. Ihr Gastgeber bot ihnen Kamele an, die sowohl als Reittiere als auch zur Feldarbeit eingesetzt wurden. Sie wollten einem geschenkten Kamel nicht ins Maul schauen, also nahmen sie das Angebot einfach an. Kane versicherte dem Mann, dass er die Tiere bald zurückbringen würde.
Jafar gab ihnen sechs Kamele mit und als Führer drei von seinen mittleren Söhnen - Anum, Yusuf und Ziyad.
Umgeben von den Frauen und Kindern auf der einen, den Männern des Stamms auf der anderen Seite, machten sie sich zum Losreiten fertig. Alle waren sie gekommen, um Lebewohl zu sagen und ihnen fröhlich und auf Arabisch letzte Instruktionen zu erteilen.
Die Kamele, starrsinnige Tiere, wurden auf die Knie gezwungen und routiniert beladen. Dann erklomm Kane sein Kamel, ebenso die drei jungen Männer. AJ beobachtete jede ihrer Bewegungen. Sie betrachtete ihr kniendes Kamel vom Boden aus.
Sie waren Auge in Auge. Kika hatte wahnsinnig lange schwarze Wimpern und schläfrige dunkle Augen. »Hallo, meine Hübsche«, gurrte AJ. Das Kamel reagierte mit absolutem Desinteresse und blasiertem Hochmut auf das neue menschliche Wesen.
»Tätschle ihr die Nase, das gefällt ihr«, sagte Kane, während er sich auf seinem mit einer Decke gepolsterten Ledersattel zurechtsetzte und dem Kamel namens Roopsi Befehl zum Aufstehen gab. Das Manöver sah gefährlich aus und zudem ziemlich unangenehm. Kane schwankte wie ein ungesicherter Getreidesack im Sattel, während das riesige Tier sich erhob.
AJ wartete lieber ab, ob er noch herunterfiel, bevor sie
selbst versuchte, Kika zu besteigen. Kika sah sie reglos an. AJ tätschelte ihr die Nase, die sich wie behaartes Leder anfühlte. Kika schnaubte. Sie hatte schrecklichen Mundgeruch. »Sobald wir unterwegs sind, unterhalten wir uns über Mundhygiene«, sagte AJ ernst. »Also Mädchen. Los geht’s.«
Auf das Kamel zu steigen, war gar nicht so schwierig, da es sich in Hockstellung relativ nah am Boden befand. AJ ließ sich von einem von Jafars »vielen großen, gesunden Söhnen« helfen, die allesamt wie Kopien ihres Vaters aussahen. Mit scharfen Gesichtszügen, ein bisschen frettchenhaft und zu Übergewicht neigend.
AJ brachte einen koordinierten Sprung mit Drehung zustande und saß auf ihrem Kamel. Komisch, in den alten Filmen hatte Kamelreiten immer so romantisch ausgesehen. Aus nächster Nähe war nichts daran romantisch. Sie rutschte mit dem Hintern auf dem Sattel herum - der sich ziemlich bequem anfühlte - und schob die Füße in die Steigbügel, die der junge Mann, ihrer langen Beine wegen, länger gestellt hatte.
Er befahl dem Kamel aufzustehen. Kika drehte den Kopf in seine Richtung, zog die Lippe hoch und zeigte große gelbe Zähne. Der junge Mann versetzte ihr einen scharfen Tritt. AJ machte sich bereit. Der junge Mann trat nochmal zu und wedelte mit den Händen.
»Festhalten«, rief Kane mit einem Lachen in der Stimme.
Guter Tipp. Sie packte den Sattelknauf. Das Tier stellte die knorrigen Hinterbeine auf und schleuderte AJ mit einem Ruck nach vorn, der sie fast kopfüber in den Dreck befördert hätte.
Als Kika die Vorderbeine ausklappte, klammerte AJ sich fest, als stünde ihr Leben auf dem Spiel und schleuderte mit einem Ruck nach hinten, während Kika majestätisch auf alle vier Beine kam. Die schnelle Rückwärtsbewegung ließ AJs
Magen bis zum Hals hüpfen. Das Gefühl war mit einer Achterbahnfahrt vergleichbar. AJ lachte.
Als Anum den Führungszügel packte und die Kamele in Bewegung setzte, überkam sie eine Woge der Aufregung. Anum schnalzte mit der Zunge. » Har-eeb, Har-eeb, Har-eeb! « Los! Los! Los!
Anum führte die Karawane an, gefolgt von AJ und Kane, dann kamen die zwei anderen Brüder und das Lastkamel.
Kika bewegte sich mit gelassenem Schritt und einem recht angenehmen Schaukeln, und AJ genoss die neue Erfahrung. Jafars Frau hatte ihr vorgeschlagen, ein loses kaftanartiges Gewand anzuziehen, das sei bequemer und auf jeden Fall kühler. Zweifelnd hatte AJ eingewilligt, weil sie die Gefühle der Frau nicht hatte verletzen wollen. Sie war hastig in das geborgte, alles bedeckende Baumwollgewand geschlüpft, dann hatte sie dick Sunblocker aufgetragen und den Cowboyhut aus Stroh aufgesetzt, den Kane aus seiner unerschöpflichen Trickkiste gezogen hatte. Sie musste einigerma ßen lachhaft aussehen. Aber das war ihr egal.
AJ befand sich auf einem ernsten, bedeutsamen Einsatz. Sie hatte die Chance erhalten, den
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