In der Kälte der Nacht
Klinger sah keine Probleme, dieser Feststellung zuzustimmen. »Natürlich. Er ist unzuverlässig.«
»Er ist ein Risiko.«
»Ich sehe nur eine Schwierigkeit«, sagte Klinger. »Können wir das Projekt ohne ihn zu Ende bringen?«
»Was Ogden weiß, ist im Computer in Greenwich gespeichert«, sagte Dawson. »Das System ist einsatzreif entwickelt. Wir brauchen die gewünschten Daten nur abzurufen.«
»Hat er die Daten nicht verschlüsselt?«
»Natürlich hat er alles verschlüsselt. Aber ich habe den Computer vorprogammiert, noch bevor er in Greenwich angeliefert wurde. Er ist so programmiert, daß er auf einen bestimmten Code alle Daten freigibt, die ich abfrage, unabhängig von Sperren und Codes, die Salsbury eingegeben hat.«
»Wann wollen wir's tun?«
»Was tun?«
»Ihn... eliminieren.«
»Nicht wir werden es tun. Du wirst es tun, Ernst.«
»Ich? Sollte ich nicht besser jemanden programmieren, der den Job für uns ausführt?«
»Du wirst es selbst tun. Vergiß nicht, daß Ogden die Leute deprogrammieren kann, die wir auf ihn ansetzen.« Dawson lächelte. »Du hast doch einen Revolver dabei, oder?«
»Doch, ja.«
»Hast du dir das Ding wieder auf den Rücken geklebt?«
»Ans Schienbein.«
»Sehr schön.«
»Zurück zu meiner Frage«, sagte Klinger. »Wann soll er eliminiert werden?«
»Noch heute nacht. Innerhalb der nächsten Stunde, würde ich sagen.«
»Warum warten wir nicht, bis wir wieder in Greenwich sind?«
»Weil ich ihn nicht auf dem Grundstück in Greenwich begraben will. Das wäre zu riskant.«
»Und hier? Was machen wir hier mit seiner Leiche?«
»Du vergräbst sie im Wald.« Dawson löste seinen Sitzgurt. Schweigen. »Du willst ihn ganz einfach von der Bildfläche verschwinden lassen, wie?«
»Richtig«, sagte Dawson. »Seine Beurlaubung beim Brockert Institute geht nur bis zum fünften nächsten Monats. Wenn er dann nicht wieder zum Dienst antritt, geht die große Suche los. Das Pentagon dürfte nervös werden.«
»Sie werden ihn überall suchen, nur nicht in Black River. Es gibt nichts, was sie nach Black River führen könnte. Ogdens Spur führ t nach Miami. Urlaub in Miami.«
»Sie werden die größte Menschenjagd dieses Jahrhunderts veranstalten«, sagte Klinger nachdenklich. »Die Abteilung Innere Sicherheit im Pentagon, das FBI...«
»Du weißt, daß wir nichts zu befürchten haben, Ernst. Alles ist wasserdicht abgeschottet. Es gibt offiziell keine Verbindung von Salsbury zu dir oder mir. Das Pentagon wird zu der Feststellung kommen, daß Salsbury zur anderen Seite desertiert ist.«
»Könnte sein.«
»Ganz bestimmt.« Dawson war aufgestanden. Er begab sich zum Ausstieg. »Soll ich nach Black River zurückfliegen, oder soll ich einen Jeep nehmen?« fragte Klinger. »Es wäre zu auffällig, wenn du mit dem Hubschrauber dort
ankommst«, sagte Dawson. »Nimm den Jeep. Du steigst in einiger Entfernung vom Rathaus aus und gehst den Rest des Wegs zu Fuß.«
»Einverstanden.«
»Und noch etwas, Ernst.«
»Was denn?« Dawsons Fünfhundert-Dollar-Jacketkronen glänzten im Licht der Instrumententafel. Auf seinen Lippen lag ein Lächeln. Seine Augen leuchteten. Die Nasenflügel blähten sich. Es war der Ausdruck eines Wolfs, der Witterung aufgenommen hat. »Du machst dir zuviel Gedanken um diesen Neandertaler, Ernst.«
»Mag sein.«
»Es geht jetzt ums Überleben. Es kommt nicht an auf einen Mann wie Salsbury. Wir müssen diese Schlacht gewinnen, und wir werden sie gewinnen. Wir werden auch allen weiteren Schwierigkeiten trotzen, die sich erheben.«
»Ich wünschte, ich hätte dein Selbstvertrauen.«
»Es gibt keine Probleme, Ernst, wirklich nicht. Es kann gar keine geben. Unser Plan ist gottgewollt. Wir haben den Segen des HERRN. Du darfst nie vergessen, daß wir SEINEN Willen ausführen.«
»Ich werd' dran denken«, sagte Klinger leise. Er tastete nach dem Revolver in seinem Hosenbein. Erst als er das Metall an den Fingerspitzen fühlte, durchströmte ihn so etwas wie Sicherheit und Gottvertrauen. Paul und Sam hatten die Kirche verlassen. Sie gingen querfeldein, Richtung Fluß. Buschwerk, Sträucher, hohes Gras. Die Halme waren naß vom Gewitterregen, und das Wasser schoß in ihre Fußspuren. Schon nach wenigen Schritten waren ihre Jeans bis zu den Knien durchnäßt. Sam ging voran, sie folgten einem Trampelpfad. Pfützen, Schlick, Sand und Lehm. Sie versanken bis zu den Knöcheln, ruderten mit
den Armen, um die Balance zu halten, schleppten sich weiter, hörten das
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