In der Kälte der Nacht
Schleier über Pauls Schulter. Pauls Erstarrung wich. Er riß die Waffe hoch und drückte ab. Der erste Schuß zerschmetterte die Scheibe, der zweite traf Salsbury in die rechte Schulter. Salsburys Revolver fiel zu Boden. Er selbst wurde gegen die Wand geschleudert. Er sank zu Boden. Seine Hand tastete sich zur Schulter vor, versuchte die Wunde zu bedecken. Das Blut sprudelte unter seinen Fingern hervor. Der Schmerz und die Macht. Tat-tat-tat-tat . . . Er sah einen Mann auf sich zutreten. Der Mann war groß. Blaue Augen. Salsbury konnte das Gesicht nicht klar erkennen. Etwas stimmte nicht ganz mit seinen Augen, er wußte nicht, was es war. Immerhin war zu erkennen, daß der Mann leuchtend blaue Augen hatte. Salsbury fühlte sich in das Meer der Zeit zurückgeschleudert. Er war wieder ein kleiner Junge. Mutter konnte nicht weit sein. »Parker?« fragte er unsicher. »Sind Sie Parker?«
»Wer ist Parker?« fragte der Mann mit den leuchtend blauen Augen. »Bitte tun Sie mir nichts«, sagte Salsbury. »Wer ist Parker?«
»Bitte lassen Sie mich in Ruhe, Parker.«
»Ich heiße nicht Parker.« Salsbury brach in Tränen aus. Er saß an die Wand gelehnt, ließ das Blut über seine Finger rinnen und schluchzte. Der Mann mit den blauen Augen ergriff ihn beim Kinn. »Sehen Sie mich an, Salsbury. Sehen Sie mir ins Gesicht, verdammt noch mal!«
»Sie tun mir weh, Parker.«
»Ich... bin... nicht... Parker!« Der Schmerz war wie fortgeflogen. »Sie sind nicht Parker?«
»Mein Name ist Annendale.« Der Schmerz kehrte zurück. »Ich verstehe. Sie sind Annendale. Ach so. Hm.«
»Ich werde Ihnen jetzt ein paar Fragen stellen, Salsbury.«
»Ich habe Schmerzen«, stöhnte Salsbury. »Sie haben mich verwundet. Das durften Sie nicht.«
»Sie werden meine Fragen beantworten.«
»Nein«, sagte Salsbury. Sein Gesichtsausdruck war verbissen. Wenn er Angst hatte, so war es nicht zu erkennen. »Ich werde keine Ihrer Fragen beantworten.«
»Jede einzelne Frage werden Sie beantworten, wenn Sie nicht wollen, daß ich Ihren Kopf als Zielscheibe benutze.«
»Ich habe nichts dagegen, daß Sie meinen Kopf als Zielscheibe benutzen. Solange ich lebe, bleibt die Macht in meinen Händen. Die Macht und das Wissen.«
»Wer sind die beiden Männer, die mit dem Hubschrauber eingeflogen wurden?«
»Das geht Sie nichts an.«
»Sind es Regierungsbeamte?«
»Lassen Sie mich in Ruhe.«
»Sie kommen nicht mehr raus aus der Schlinge, Salsbury. Sie müssen sterben oder reden.«
»Sie können mich nicht einschüchtern mit Ihren Drohungen.«
»Sind es Regierungsbeamte?«
»Verpissen Sie sich, Annendale.« Der Schlag mit dem Revolverknauf zerschmetterte Salsburys rechte Hand. Der Schmerz kroch von der Hand zum Herz und von dort zur blutenden Wunde an der Schulter. Salsbury begann zu spucken. Fast hätte er sich übergeben. »Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt, Salsbury?«
»Hurensohn!«
»Ob es Regierungsbeamte waren, will ich wissen.«
»Ich sagte Ihnen, Sie sollen sich verpissen, Annendale!« Klinger parkte den Jeep im westlichen Teil der Main Street, zwei Häuserblocks vom Rathausplatz entfernt. Er stieg aus und schloß die Tür. Er hatte den Schlüssel in die Tasche gleiten lassen, als er Gewehrfeuer hörte. Drei Schüsse, in kurzem Abstand abgegeben. Schüsse in einem geschlossenen Raum. Nicht sehr weit weg. Stadteinwärts. Das Rathaus? Das Büro des Polizeichefs? Klinger stand da und lauschte. Keine Schüsse mehr. Nichts. Er zog die plattnasige 32er Webley aus dem Wadenhalfter und entsicherte sie. Er schlug einen Bogen um das Union-Theater. Ein Umweg, aber der sicherste Weg, um zum Hintereingang des Rathauses zu gelangen.
9. Kapite l
22 Uhr 55
Sie hatten Lolah Tayback in den Krankenwagen gelegt. Sie hatte n sie auf der Trage festgebunden. Sie hatten ein knisternd sauberes, weißes Tuch über sie gebreitet. Der Kopf war hochgestützt worden, damit sie bei der Überführung ins Krankenhaus in Bexford nicht an ihrem eigenen Blut erstickte. Die Atmung war regelmäßig. Sie stöhnte bei jedem Atemzug. Sam stand vor der Klappe des Krankenwagens und warf einen Blick ins Innere. Dann wandte er sich Anson Crowell zu. Anson Crowell war einer von Thorps Beamten. Er war von Sam mit falschen Antworten programmiert worden. »Gehen wir's noch einmal durch«, sagte Sam. »Was ist mit dem Mädchen passiert?«
»Sie ist von einem unbekannten Täter vergewaltigt worden.«
»Wo hat sich die Tat ereignet?«
»In ihrer Wohnung.«
»Wer hat sie
Weitere Kostenlose Bücher