In der Kälte der Nacht
ein paar Ratten in ein Zimmer sperren. Schon die bloße Drohung, dies zu tun, würde genügen. Vor was hatte dieser Mann Angst? Plötzlich fiel Paul ein, wie Salsbury reagiert hatte, als er ihn im Dienstzimmer des Polizeichefs überwältigte. Der Mann war zu Tode erschrocken gewesen. Aber nicht, weil er vor Paul Annendale Angst hatte. Wenn überhaupt, dann hatte er einen anderen Eindringling erwartet. Einen gewissen Parker. Das war der Name, mit dem er Paul angesprochen hatte. Wer war Parker? Was hatte dieser Parker mit Salsbury gemacht? Was hatte so tiefe Wunden in der Seele Salsburys hinterlassen, daß er bei der bloßen Erinnerung an den Vorgang mit Panik reagierte? »Salsbury!« Schweigen. »Wer waren die Männer im Hubschrauber?«
»Sie langweilen mich zu Tode mit Ihren Fragen.«
»Waren es Beamte aus Washington?«
»Annendale, Sie kommen mir vor wie eine kaputte Schallplatte.«
»Ihnen steht was Schlimmes bevor, Salsbury.«
»Sie können mich nicht kleinkriegen. Sie nicht.«
»Ich werde mit Ihnen tun, was Parker getan hat.« Salsburys Hände krampften sich um die Stuhlkante. Seine Augen hatten den Ausdruck eines gehetzten Tieres angenommen. Ich habe ihn bei seinem schwachen Punkt erwischt, dachte Paul. Hoffentlich merkt er nicht, daß es nur ein Bluff ist. Er war der Lösung des Rätsels ganz nahe, das spürte er. Aber er wußte nicht, was dieser Parker mit Salsbury angestellt hatte. »Woher kennen Sie Parker?« stammelte der Mann auf dem Stuhl.
Paul ging um ihn herum und betrachtete ihn aus der Nähe. Salsbury schien sich nicht einmal mehr zu erinnern, daß er selbst es war, der den Namen Parker ins Gespräch gebracht hatte. Er schöpfte neue Hoffnung. »Es geht Sie nichts an, woher ich Parker kenne. Ich kenne ihn. Sehr gut sogar. Und ich weiß auch, was er mit Ihnen getan hat.«
»Ich... war damals erst zwölf Jahre alt. Das dürfen Sie nicht tun.«
»Ich darf es tun, und ich werde es tun.«
»Sie sind nicht der Typ Mann, der so was macht«, stöhnte Salsbury. Der Schweiß troff ihm von der Stirn. »Ich bin nicht der Typ?«
»Sie sind nicht schwul«, entfuhr es Salsbury. »Sie sind keiner von diesen verdammten Schwulen.« Paul sortierte die Karten, die ihm in die Hand gespielt worden waren. »Es gibt Schwule, denen man's nicht ansieht, Salsbury. Wenn man eine solche Veranlagung hat, dann läßt man's nicht raushängen.«
»Sie waren doch mal verheiratet.«
»Viele Schwule sind verheiratet.«
»Sie haben Kinder gezeugt.« Paul zuckte die Achseln. »Das hat nichts zu bedeuten.« Salsbury schloß die Augen. »Ogden?« Salsbury schwieg. »Steh auf, Ogden.«
»Wagen Sie es nicht, mich anzurühren.«
»Du stellst dich hin und stützt die Arme auf den Tisch.«
»Ich stehe nicht auf.«
»Komm schon, es wird dir Spaß machen.«
»Nein, das tue ich nicht.«
»Bei Parker hat es dir aber Spaß gemacht.«
»Das ist nicht wahr.«
»Doch, Ogden, du bist ganz der Typ für so was.«
Salsbury wand sich auf seinem Stuhl. »Nein.«
»Steh auf und stütz dich auf den Schreibtisch.«
»Ich habe Schmerzen.«
»Steh auf und laß die Hosen runter.« Ein Schaudern ging durch Salsburys Gestalt. Er war aschfahl geworden. »Wenn du nicht freiwillig aufstehst, Ogden, dann muß ich Gewalt anwenden. Du bist mir unterlegen. Du bist verletzt. Ich habe eine Waffe.«
»Bitte, nicht.«
»Es wird dir Spaß machen, Ogden, das weiß ich. Parker hat mir erzählt, wie sehr es dir gefallen hat.« Salsbury hatte zu schluchzen begonnen. Er saß da und würgte. »Sag mir, wer die Männer sind.«
»Nein.«
»Hast du Angst, Ogden?«
»Ja, ich habe Angst.«
»Du kannst es dir aussuchen, wie's weitergeht. Entweder du beantwortest meine Fragen, oder...«
»Oder?« Paul mußte sich zwingen, mit der Einschüchterung fortzufahren. Er überwand seinen Ekel. Er griff Salsbury beim Hemdzipfel, der aus der Hose ragte. Er versuchte, ihn aus dem Stuhl zu heben. Aber Salsbury war zu schwer. Er stand über ihn gebeugt. »Wenn ich mir dir fertig bin, macht Bob Thorp weiter, du weißt dann schon, wie's geht. Du brauchst nur noch stillzuhalten, Ogden. Ich werde ihn programmieren und ihm sehr genau sagen, wie du es gern hast.« Paul wußte, daß er unfähig war, die Drohung auszuführen. Vielleicht genügte der Bluff. »Nach Bob Thorp darf dann die übrige Mannschaft ran. Du kennst die Männer ja bereits. Du wirst es genießen.« Salsburys Widerstand zerbrach. »Ich sage Ihnen alles, was Sie wissen wollen, aber rühren Sie mich nicht an.
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