In der Kälte der Nacht
unter dem dünnen Stoff abmalten. Eine Gazelle. Seine Gazelle. Alle Frauen gehörten ihm. Die Fremde war am Rande des Grundstücks angekommen. Er hörte das Klappern ihrer Absätze auf den Gehsteig. Fort. Brenda kam ins Wohnzimmer zurück. »Bleib dort stehen. Nein, nicht an der Wand. Geh in die Mitte des Raumes.« Er nahm auf dem Sofa Platz. »Was hast du ihr gesagt?«
»Daß ich eine furchtbare Migräne habe.«
»Hat sie's dir abgenommen?«
»Ich glaube schon.«
»Kanntest du sie?«
»Ja.«
»Wer ist sie?«
»Meine Schwägerin.«
»Wohnt sie in Black River?«
»Ja.«
»Sieht gut aus.«
»Sie hat einmal bei der Wahl der Miß USA mitgemacht.«
»Wann?«
»Vor zwölf oder dreizehn Jahren.«
»Sie sieht aus wie zweiundzwanzig.«
»Sie ist fünfunddreißig.«
»Hat sie damals den ersten Preis gemacht?«
»Nein.«
»Herbe Enttäuschung, wie?«
»Ihr hat das nichts ausgemacht.«
»Warum macht ihr so was nichts aus?«
»Sie ist sehr ausgeglichen. Immer zufrieden.«
»Wie heißt sie?«
»Emma.«
»Familienname?«
»Thorp.«
»Ist sie verheiratet?«
»Ja.«
»Etwa mit dem Bullen?«
»Mit dem Polizeichef, ja.«
»Bob Thorp, meinst du.«
»Ja.«
»Was hat sie mit dem zu schaffen?« Brenda sah ihn fragend an. Hübsches Geschöpf. Leider schmutzig. Sehr schmutzig. So schmutzig, daß man's quer durch das ganze Wohnzimmer riechen konnte. »Wie meinen Sie das?« fragte sie. »So wie ich's sage. Was hat sie mit dem Bullen zu schaffen?«
»Die beiden sind verheiratet.«
»Eine Frau wie Emma ist mit so einem Neandertaler verheiratet?«
»Bob ist gar nicht so dumm.«
»Sieht aber dumm aus.« Er dachte nach. Er lächelte. »Dein Mädchenname ist Brenda Thorp, stimmt's?«
»Ja.«
»Und Bob Thorp ist dein Bruder.«
»Mein ältester Bruder, ja.«
»Armer Bob«, sagte er. Er mußte lachen. »Erst nehme ich ihm die Schwester, dann nehme ich ihm die Frau.« Brenda stand da und massierte ihre Oberschenkel. Ein unsicheres Lächeln erschien auf ihrem verschmitzten Gesicht. »Ich muß mich vor Bob in acht nehmen, meinst du nicht?«
»In acht nehmen?«
»Ich glaube zwar, er ist dumm, aber er ist sehr stark.«
»Er ist nicht dumm.«
»In der Schule hatte ich mal ein Mädchen, das hieß Sophia«, sagte
er. Sie schwieg verwirrt. »Sophia Brookman. Gott, war ich scharf auf Sophia Brookman.«
»Sie haben sie geliebt?«
»Liebe ist ein Mhytos. Eine Lüge. Ich wollte mit Sophia schlafen, das ist alles. Aber so weit ist es nicht gekommen. Wir sind nur ein paarmal miteinander ausgegangen. Dann hat sie mit einem anderen angebandelt. Mit diesem Idioten von Joey Duncan. Weißt du, was aus Joey Duncan geworden ist?«
»Woher soll ich das wissen?«
»Der Junge hat's nicht mal bis zum College geschafft. Ist Polizist geworden.«
»Wie mein Bruder.«
»Ich habe in Harvard studiert.«
»Wirklich?«
»Wirklich. Ich war immer besser angezogen als Joey. Ich war auch klüger und belesener. Joey liest nur die Witze in Reader's Digest . Ich lese den New Yorker. « »Ich lese weder Reader's Digest noch The New Yorker. « »Und trotzdem hat Sophia ihn geheiratet. Weißt du was?«
»Was?« »The New Yorker war das Magazin, wo ich zum ersten Mal was über Unterschwellige Wahrnehmung gelesen habe. Ich weiß nicht mehr genau, wo's stand, aber es war im New Yor ker«. Brenda schloß die Augen. »Müde vom Stehen?«
»Etwas.«
»Was ich sage, langweilt dich.«
»Ja.«
»Nutte!« Sie senkte den Blick. »Zieh dich wieder aus.« Macht. Zuerst war ihm das Gefühl vorgekommen wie ein stetiger
Strom, von dem er emporgetragen wurde. Inzwischen war er oben, ging über das Wasser, spürte die Fluten, die unter seinen Füßen dahinschossen. Er war der Herr, der Herrscher, der Gebieter. Er hielt den Kopf schief und lauschte. In das Rauschen hatte sich das Rattern eines Maschinengewehrs gemischt.
Tat-tat-tat-tat-tat-tat-tat-tat-tat-tat-tat-tat-.
Ein beschwörender Rhythmus, knapp, klar, abgehackt. Salsburys Gedanken begannen sich in einem Wirbel zu drehen, immer schneller, immer höher. Joey Duncan, Harvard, ich bin der Schlüssel, du bist das Schloß, Miriam, Mutter, Sophia, ihre dunklen Augen, ihre festen, vollen Brüste, deren Weiße ihm versagt geblieben war, Sex, Emma Thorp, Nutte, Dawson, Brenda, die Erektion zwischen seinen Schenkeln, das Gewicht der Lust, Mutter, Klinger, Brenda, Scheide, Macht, Mutter, Stiefel, Emmas Beine... »Und nun?« fragte sie. Sie hatte sich wieder ausgezogen. »Komm zu mir.« Hure. Schmutzige,
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