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In der Nacht (German Edition)

In der Nacht (German Edition)

Titel: In der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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vierten Motor, bevor es zu spät war.
    Joe blickte Albert tiefer in die Augen als je zuvor, und nur einen Moment später stellte er fest, dass ihm eine zu Tode verängstigte Kreatur entgegensah.
    »Nein.«
    Urplötzlich tauchte Farruco Diaz’ Flugzeug westlich aus den Wolken auf. Gerade war es noch hoch am Himmel, doch dann stieß es unvermittelt herab. Auf dem hinteren Sitz thronte Dion hinter einem Maschinengewehr, montiert auf die Halterung, wegen der Farruco seinem Boss monatelang auf den Geist gegangen war. Dion trug eine Fliegerbrille mit dicken Gläsern, und er schien laut zu lachen.
    Zuallererst nahm er das Gatling- MG aufs Korn.
    Ilario duckte sich nach links, doch im selben Moment riss ihm die Garbe aus Dions Waffe ein Ohr ab, ehe sie sensengleich durch seine Kehle schnitt. Fausto Scarpone wurde von Querschlägern erwischt. Er riss die Hände in die Luft, und sein Blut spritzte in alle Richtungen, als er vornüber aufs Deck fiel.
    Planken splitterten, es regnete Funken und Metall. Pescatores Männer suchten verzweifelt Deckung, zogen die Köpfe ein, kauerten sich zusammen und schossen ziellos um sich. Zwei gingen über Bord.
    Farruco Diaz zog das Flugzeug hoch und hielt auf die Wolken zu. Auf dem Boot eröffnete man erneut das Feuer. Die Maschine gewann rasant an Höhe, und so feuerten die Männer fast senkrecht in den Himmel.
    Und ein paar dieser Kugeln kamen wieder herunter.
    Eine erwischte Albert an der Schulter. Ein anderer griff sich ins Genick und stürzte aufs Deck.
    Die kleineren Boote waren jetzt in Schussweite. Doch Alberts Männer hatten genug mit Farrucos Maschine zu tun. Joes Leute waren nicht die besten Schützen – zudem schaukelten ihre Boote heftig hin und her –, aber das war auch gar nicht nötig. Ihre Kugeln bohrten sich in Hüften, Knie und Bäuche, und mehrere Männer sackten auf dem Deck zusammen und stießen gellende Schmerzensschreie aus.
    Das Flugzeug näherte sich von neuem. Die Männer in den Schnellbooten feuerten aus allen Rohren, und aus Dions Maschinengewehr spritzten die Kugeln wie Wasser aus einem Feuerwehrschlauch. Albert rappelte sich hoch und richtete seinen 38er auf Joe, während auf dem Heck des Schleppers ein Wirbelsturm aus Staub und Splittern tanzte. Vergeblich versuchten Pescatores Leute, dem Sperrfeuer zu entkommen, und Joe verlor Albert aus den Augen.
    Dann wurde er von einem Geschossfragment am Arm getroffen; wenig später riss ein Holzsplitter von der Größe eines Kronkorkens ein Stück aus Joes linker Augenbraue und streifte sein linkes Ohr. Ein 45er Colt landete neben der Zementwanne; Joe hob die Pistole auf und ließ das Magazin in die hohle Hand fallen, um sich davon zu überzeugen, dass noch Patronen darin steckten, bevor er es wieder in den Schacht rammte.
    Als Carmine Parone schließlich herbeigeeilt kam, war seine linke Gesichtshälfte blutüberströmt; aber es sah schlimmer aus, als es tatsächlich war. Carmine reichte Joe ein Handtuch, und er und Peter Wallace rückten dem Zement mit Äxten zu Leibe. Anders als Joe vermutet hatte, war die Masse noch nicht vollständig ausgehärtet, und nach fünfzehn, sechzehn Hieben mit den Äxten und einer Schaufel, die Carmine im Steuerhaus gefunden hatte, war Joe wieder frei.
    Farruco Diaz landete die Maschine auf dem Wasser und stellte den Motor ab. Das Flugzeug glitt zu ihnen herüber. Dion stieg an Bord, und dann machten sich Joes Männer daran, die Verwundeten zu töten.
    Dion sah Joe an. »Wie geht’s?«
    Ricardo Cormarto trat zu einem jungen Kerl, der über das Deck nach achtern kroch. Seine Beine waren eine einzige blutige Masse, doch ansonsten hätte er sich problemlos zum Dinner in einem noblen Restaurant niederlassen können: beigefarbener Anzug, cremeweißes Hemd, die mangorote Krawatte über die Schulter geworfen, als wollte er eine Hummercremesuppe verspeisen. Cormarto schoss ihm in die Wirbelsäule, und als der junge Mann daraufhin einen regelrecht empörten Seufzer ausstieß, jagte ihm Cormarto noch eine Kugel in den Kopf.
    Joe betrachtete die an Deck verstreuten Leichen und sagte zu Wallace: »Wenn er noch lebt, dann schafft ihn her.«
    »Ja, Sir.«
    Er versuchte die Füße zu strecken, doch es tat höllisch weh. Er hielt sich an der Leiter des Steuerhauses fest und sah Dion an: »Wie war noch gleich die Frage?«
    »Wie geht’s dir?«
    »Ach«, sagte Joe, »könnte schlimmer sein.«
    An der Reling bettelte ein Mann auf Italienisch um sein Leben. Carmine Parone schoss ihm in die Brust und

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