Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In der Nacht (German Edition)

In der Nacht (German Edition)

Titel: In der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
Vom Netzwerk:
»Steck den Schlüssel ein.«
    »Joe, ich will das nicht.«
    »Damit kommst du an eine Menge Geld.«
    »Lass mich damit in Ruhe.« Sie versuchte ihm den Schlüssel zurückzugeben, aber er hielt die Hände weiter in die Höhe.
    »Jetzt nimm ihn schon.«
    »Nein«, sagte sie. »Wir geben die Kohle gemeinsam aus. Ich bin jetzt mit dir zusammen, Joe. Ich bin jetzt deine Freundin. Nimm ihn schon zurück.«
    Im selben Moment erreichten sie den Keller.
    Hinter dem Fenster in der Aufzugtür war es dunkel, weil das Licht aus irgendeinem Grund gelöscht worden war.
    Doch nicht aus irgendeinem Grund, wie Joe siedend heiß aufging. Es gab nur einen Grund.
    Er griff nach dem Hebel, doch im selben Augenblick wurde auch schon das Gitter aufgerissen, und Brendan Loomis zog ihn an der Krawatte aus dem Lift, klaubte ihm die Pistole aus dem Hosenbund und warf sie hinter sich ins Dunkel. Dann bearbeitete er Joes Gesicht mit den Fäusten, und zwar in einem solchen Tempo, dass Joe die Schläge nicht mehr mitzählen konnte – alles geschah so schnell, dass er kaum die Hände hochbekam.
    Als es ihm endlich gelang, streckte er eine Hand nach Emma aus, im Bemühen, sie irgendwie zu beschützen. Doch Brendan Loomis hatte eine Faust wie ein Fleischerhammer. Jedes Mal, wenn er Joes Kopf traf – bap bap bap bap  –, spürte Joe, wie ihm die Sinne schwanden und sich ein weißer Rand um sein Sichtfeld legte. Seine Augen verrutschten in den Höhlen, sein Blick wurde trüb. Er hörte seine eigene Nase brechen, ehe Loomis – bap bap bap – die Faust noch dreimal hintereinander auf sein zertrümmertes Nasenbein knallte.
    Als Loomis seine Krawatte losließ, stürzte Joe auf alle viere. Ein stetes Geräusch drang an seine Ohren – es klang wie ein undichter Wasserhahn –, und als er die Augen öffnete, sah er sein eigenes Blut auf den Zementboden tropfen, Tropfen so groß wie Fünf-Cent-Stücke, die sich so schnell ansammelten, dass sie im Nu wie Amöben aussahen und sich alsbald zu Pfützen ausweiteten. Er wandte den Kopf, um sich zu vergewissern, ob es Emma vielleicht gelungen war, im allgemeinen Tohuwabohu die Fahrstuhltür zu schließen und sich aus dem Staub zu machen, doch der Fahrstuhl war nicht da, wo er ihn vermutete. Alles, was er sah, war eine nackte Betonwand.
    In just diesem Augenblick trat ihn Brendan Loomis mit solcher Wucht in den Bauch, dass es ihn vom Boden riss. Er krümmte sich zusammen und bekam keine Luft mehr. Er schnappte danach, aber vergebens. Er versuchte wieder auf die Knie zu kommen, doch seine Beine gaben unter ihm nach, weshalb er sich mit den Ellbogen hochstemmte und wie ein Fisch an Land nach Sauerstoff rang, sich verzweifelt mühte, auch nur einen winzigen Hauch in seine Luftröhre zu saugen, doch seine Brust war wie ein schwarzer Fels, wie hartes, undurchdringliches Gestein, in dem kein Platz für etwas anderes war, und er befürchtete, jede Sekunde zu ersticken.
    Die verbliebene Luft zwängte sich durch seine Luftröhre wie ein Ballon durch einen Federkiel, presste ihm das Herz ab, quetschte seine Lungen, schnürte ihm die Kehle zu und entwich schließlich schmerzhaft seinem Mund – gefolgt von einem Pfeifen und würgeähnlichen Keuchen, doch das war okay, das war wunderbar, da er endlich, endlich wieder atmen konnte.
    Loomis trat ihm von hinten zwischen die Beine.
    Joe presste die Stirn gegen den Betonboden, hustete und hätte sich um ein Haar übergeben, vielleicht hatte er sogar gekotzt, er wusste es nicht. Die Schmerzen waren unvorstellbar. Seine Eier fühlten sich an, als steckten sie tief in seinen Eingeweiden; Flammen leckten an seinen Magenwänden, sein Herz raste in einem Tempo, dass es jeden Moment schlappmachen musste, sein Schädel knirschte, als würde er mit bloßen Händen aufgestemmt, und Blut trat aus seinen Augen. Er erbrach sich, diesmal gab es keinen Zweifel, spuckte Glut und Galle auf den Beton. Dann glaubte er, es käme nichts mehr, doch schon folgte der nächste Schwall. Er fiel auf den Rücken und sah zu Brendan Loomis auf.
    »Du machst mir« – Loomis steckte sich eine Zigarette an – »keinen besonders glücklichen Eindruck.«
    Loomis schwang vor seinen Augen hin und her. Joe bewegte sich nicht, doch seine gesamte Umgebung schien an einem Pendel zu hängen. Loomis sah auf Joe herab, während er ein Paar Handschuhe überstreifte und die Finger darin streckte, bis sie ihm wie angegossen saßen. Neben ihn trat Albert White, der ebenfalls von einer Seite zur anderen schwang.
    »Tja,

Weitere Kostenlose Bücher