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In der Oase

In der Oase

Titel: In der Oase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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»Kamose, was war das hier gerade?« Kamose warf sich auf sein Feldbett und streifte sich die Sandalen von den Füßen.
    »Was das hier war? Unser geliebter General hat einen Fehler gemacht«, sagte er barsch. »Hor-Aha hat für einen Augenblick sein wahres Ka sehen lassen.«
    »Er sorgt sich um seine Landsleute«, protestierte Ahmose. »Die Sorge und Angst, dass du ihn nicht verstehst, haben ihn unvorsichtig gemacht.«
    Kamose lachte bitter. »Unvorsichtig? Weiß Gott! Er hat uns gedroht, Ahmose! Oder sollte dir diese Kleinigkeit entgangen sein?«
    »Du bist zu argwöhnisch«, sagte Ahmose, kam zu ihm und hockte sich neben ihn. »Sieh es doch einmal vernünftig, Kamose. Kusch dringt in Wawat ein. Hor-Aha möchte die Medjai darauf loslassen, weil er sich um das Problem kümmern muss. Was ist daran verwerflich? Weißt du so viel Ehrlichkeit nicht zu schätzen?«
    »Gewiss doch!«, blaffte Kamose. »Es waren nicht seine Worte, sondern was ich in seiner Stimme gehört und in seinen Augen gelesen habe, etwas Überhebliches und Gerissenes. Wir sind vernünftige Männer und sehen beide, dass man etwas unternehmen muss. Teti-ens Appetit muss gezügelt und die alten Festungen müssen gesichert werden. Hor-Aha ist ein kluger Mann. Er sieht das alles. Er hätte es jedoch anders darstellen können.« Kamose verschränkte die Arme auf der nackten Brust. »Aber irgendwie hat er einen Fehler gemacht. Er hat blitzartig seinen gut verborgenen Ehrgeiz erkennen lassen. Er will, glaube ich, unabhängiger Fürst von Wawat werden. Nicht im Augenblick, aber irgendwann. Und wir sollen ihm dabei helfen.«
    »Aber Kamose, er trägt Vaters Blut in seinem Gurt«, erinnerte ihn Ahmose. »Er hat Seqenenre geliebt. Er hat uns mit unwandelbarer Treue gedient.«
    »Wohl wahr«, bestätigte Kamose. »Aber seit Vaters Tod sind Jahre vergangen. Menschen ändern sich. Umstände auch. Es bieten sich Gelegenheiten, die bisweilen die dunkleren Seiten der Seele ansprechen und sein gesamtes Wesen durchdringen.«
    »Das ist Wahnsinn!«, rutschte es Ahmose heraus. »Du redest von jemandem, der dein Freund ist, ja, den du sogar gegen deine eigenen Landsleute verteidigt hast, Kamose! Hor-Aha ist wie ein Verwandter!« Kamose schenkte ihm ein eigentümliches Lächeln.
    »Ach wirklich?«, flüsterte er. »Da bin ich mir nicht mehr so sicher. Wie auch immer, Ahmose, wir haben bessere Gründe für einen Einmarsch in Wawat als die Rettung der Medjai, auch wenn wir es mit ihnen nicht verderben dürfen. Wir brauchen Gold.« Er stemmte sich in eine sitzende Stellung hoch. »Gold für den Handel mit Keftiu. Gold als Sold für die Fürsten. Gold zum Wiederaufbau des alten Palastes. Bislang ist Wawats Gold an Apophis’ Schatzkammer geflossen, aber nicht länger. Das sagen wir Hor-Aha natürlich nicht. Verflucht! Gibt es denn niemanden, dem ich voll und ganz vertrauen kann?«
    »Vielleicht nicht«, erwiderte Ahmose nachdenklich. »Aber jeder König hat sich letzten Endes nur auf die Götter verlassen können, oder? Du täuschst dich in Hor-Aha, Kamose. Und du musst für ein Weilchen nach Hause.« Er seufzte. »Ich auch. Ich wäre so gern bei Aahmes-nofretari, wenn sie im nächsten Monat niederkommt.« Kamoses Miene wurde weicher.
    »Das hatte ich vergessen«, sagte er abbittend. »Über Pezedchu habe ich alles vergessen. Wir ziehen nach Waset zurück und dann nach Süden, nach Wawat. Ach, Ahmose.« Er schloss die Augen. »Ob es wohl einmal einen Tag ohne irgendwelche bösen Überraschungen gibt?«
    Er schlief unruhig und dann doch tiefer, denn er merkte bis in seine Träume hinein, dass der Lärm draußen endlich nachließ. Als er aufwachte, schien die Sonne hell und es war unnatürlich ruhig. Er trat hinaus in gleißenden Morgensonnenschein.
    Die Getreuen zu beiden Seiten des Zeltes nahmen Haltung an und salutierten und ein Mann, der unweit gekauert hatte, stand auf und lächelte, er hielt einen Becher in einer und einen Kanten Brot in der anderen Hand. Er war mager, hatte dunkle Ringe unter den Augen und seine Züge waren ungewohnt hager, doch dann jubilierte Kamose innerlich. »Ramose, Ramose!«, rief er und lief und drückte den jungen Mann fest an sich. »Wie kommt es, dass du hier bist? Hast du die ganze Nacht vor dem Zelt gehockt? Gewiss nicht! Ich habe gedacht… Also, ich weiß nicht, was ich gedacht habe. Achtoi, wo bist du? Warmes Essen, auf der Stelle!« Er ließ Ramose los, der seinen Becher abstellte und die verspritzten Wassertropfen von der Hand

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