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In der Oase

In der Oase

Titel: In der Oase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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Schlachtfeld gesehen, als die Späher mich gestern hergebracht haben. Der Plan hat Pezedchu nämlich nicht gefallen, aber Apophis hat darauf bestanden. Er ist wirklich ein Dummkopf. Die hundertvierundzwanzigtausend Mann, die Auaris verlassen haben, sind vielleicht die Hälfte aller Truppen, die Apophis hat. Er bekommt Verstärkung von seinen so genannten Brüdern in Rethennu. Die strömt weiterhin auf der Horusstraße ins Delta…«
    »Ich wäre zu gern bei dir gewesen, als du zum Nil marschiert bist«, sagte Kamose hämisch-heftig. »Die Streitwagen in Brand gesteckt, die Soldaten, wie sie taumeln und fallen und nach Wasser lechzen. Ich wäre gern dabei gewesen. Ich freue mich darüber, Ahmose. Ich jauchze. Verzeih mir, aber ich kann nicht anders.« Ramose war verstummt und trank erneut, denn seine Stimme war heiser vom vielen Reden. »Wir ziehen jetzt nach Haus«, sagte Kamose. »Und sei bedankt, Ramose«, schaffte er gerade noch. »Du bist ein tapferer Mann, ein Ägypter und dieses mächtigen Landes würdig. Du verdienst eine königliche Gemahlin, einen Fürstentitel, ein fruchtbares Anwesen. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich dir diese Dinge noch nicht geben kann.«
    Ramose stand auch auf und blickte ihm in die Augen. »Majestät, ich bin müde an Leib und Seele.« Das war fast geflüstert. »Man sagt, wen die Götter lieben, den schleifen und läutern sie, bis er hell und rein und unbezwingbar ist wie neue Schwerter in der Hand mächtiger Krieger. Vielleicht lieben sie mich über alle Maßen, denn ich habe alles erduldet, was ein Mensch erdulden kann, und ich habe überlebt. Von nun an mögen sie mich in Ruhe lassen. Ich möchte in den Sümpfen von Waset schwimmen und Enten jagen und gesichtslose Frauen lieben. Ich möchte meine Mutter in die Arme schließen.« Er schenkte ihm ein verzerrtes Lächeln. »Nimm mich mit nach Hause, Einzig-Einer, nimm mich mit nach Hause, damit ich genesen kann.« Er verneigte sich, legte Kamose sacht beide Hände auf die Brust und verließ das Zelt.
    Zwölftes Kapitel
    Zwei Tage später brach das Heer nach Süden auf. Dreiunddreißigtausend jubelnde Männer hörten, dass sie nach Hause zurückdurften, bis die Ernte und die nächste Überschwemmung vorbei waren, und packten ihr Bündel und schlugen eifrig die Zelte ab. Die elftausend, die in Het nefer Apu bleiben sollten, freuten sich weniger, doch Kamose hatte klugerweise bestimmt, dass sie reihum vorübergehend in ihre Dörfer zurückgehen durften.
    Nach längerem Nachdenken hatte er beschlossen, auch die Flotte in Het nefer Apu zu lassen, und hatte Paheri und Baba Abana vorgeschlagen, die Bootsleute auch im Wechsel austauschen zu lassen, sodass ein Teil immer eine gewisse Zeit in seinen Dörfern verbringen konnte. Doch er bestand darauf, dass die Kapitäne der Schiffe, darunter auch die beiden Freunde, ihn zusammen mit den Fürsten und ihren höheren Hauptleuten nach Waset begleiteten.
    Um Tani trauerte er nicht. Er kannte die Gefahr, wenn er sich nach innen wandte, solange die Asche seines Schmerzes und Zorns noch glühte. Sich dem zu überlassen, dazu war noch reichlich Zeit, wenn er die Tür seines Zimmers in Waset hinter sich zugemacht hatte und endlich allein war.
    Und so begannen der große Heerwurm, Streitwagen und Tiere nach Süden zu ziehen, einige in Schiffen, andere am Ufer entlang, und alles unter Gesang und Gelächter. Im Laufe der Tage lichteten sich die Reihen allmählich, Männer sagten ihren Waffengefährten Lebewohl und gingen nach Hause, und so war es eine vergleichsweise kleine Flotte, die sich Waset in der letzten leuchtenden Hitze eines Sommernachmittags näherte. Ungefähr so haben wir auch angefangen, dachte Kamose, der im Bug seines Schiffes stand, hinter sich Ahmose und Ramose und die Fürsten auf Polstern im Schatten der Kabine. Wir hatten nichts als fünftausend fremdländische Bogenschützen und die wahnwitzige Hoffnung, die uns aufrecht hielt. Nun gehört uns fast ganz Ägypten, nur Auaris ist noch die faule Stelle an einer runden Weinbeere. Über ihm blähten sich die Segel, die der heiße Nordwind füllte, und das Kielwasser seines Schiffes rauschte und glitzerte. Weiße Ibisse stolzierten langsam und gebieterisch-würdig in den Binsen am Ufer, und hinter dem verfilzten Ufergebüsch stand die Ernte seiner Nomarche üppig und golden.
    Lange ehe die Stadt in Sicht kam, konnten die Männer, die den Hals reckten, sie schon als dumpfes, wirres Brummen hören, das lauter wurde, während die

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