In der Oase
nachzusehen, wie es den Medjai ging. Gemeinsam ließen sie sich über den Fluss rudern und in Sänften zu dem kahlen Platz vor den Kasernen tragen. Auf der festgetretenen Erde zwischen den westlichen Felsen wuchs kein Grashälmchen. Kein Baum spendete Schatten. Dennoch schien es den Medjai nichts auszumachen.
Hor-Aha kam nach draußen und begrüßte Kamose und Ahmose im Eingang des kleinen Hauses, das Kamose für ihn hatte bauen lassen, und dann gingen sie zu dritt zwischen den aufgereihten fahlfarbenen Lehmbehausungen dahin, begrüßten die Bogenschützen und hörten sich die Beschwerden an, die sie vorbrachten. Es gab nur wenige. Die Medjai gehorchten blind, dachten praktisch und ließen sich leicht mit fester Hand regieren, doch Hor-Ahas Landsleute waren unruhig. Sie wollten heim und selbst nachsehen, wie es in ihren Dörfern nach dem Überfall der Kuschiten stand. Sie würden ihm gehorchen, doch am Ende würden sie sich einfach fortstehlen. »Sie haben gerüchteweise gehört, dass die Fürsten aufbrechen«, sagte Hor-Aha freimütig. »Sie sagen, sie haben tapferer gekämpft als die Fürsten. Ihre Hauptleute tragen das Gnadengold. Warum dürfen sie nicht nach Hause?«
»Sie tragen das Gold?«, erkundigte sich Ahmose belustigt. »Eigentlich ist es nicht zum Tragen gedacht! Was sind sie doch für sonderbare Wilde!«
»Ich weiß, dass sie Urlaub verdient haben«, sagte Kamose. »Aber, Hor-Aha, ich habe Angst, sie kommen nicht zurück.«
»Sie kehren zum Kämpfen zurück, wenn du mit ihnen nach Wawat ziehst und dort Ordnung herstellst«, beharrte Hor-Aha. Kamose wischte sich ein Schweißrinnsal von der Schläfe und kniff die Augen zusammen.
»Ende des Monats brechen wir auf«, gab er jäh nach. »Das gibt uns Zeit, die Landkarten von Wawat zu studieren, die noch im Tempelarchiv liegen. Apophis kennt die Goldstraßen, aber wir wissen seit langem nichts mehr über sie. Ich muss einige Verteidiger in Waset zurücklassen, Hor-Aha! Das siehst du doch gewiss ein!«
»Sollen das doch die einheimischen Soldaten tun, Majestät«, sagte Hor-Aha mit Nachdruck. »Wir Medjai müssen nach Hause.«
Kamose und Ahmose speisten zusammen in der Kühle von Kamoses Gemächern. Die Frauen waren nicht wieder aufgetaucht. Im Haus war es still. Kamose erwartete, dass Ahmose zum Mittagsschlaf in seine eigenen Gemächer gehen würde, doch zu seiner Überraschung streckte sich dieser einfach auf dem Fußboden aus und schob sich eine Nackenstütze unter den Kopf.
»Wenn ich allein bin, mache ich mir nur Sorgen«, sagte er noch, ehe er die Augen zumachte.
Ein Weilchen lag Kamose auf seinem Lager, stützte den Kopf in die Hand und betrachtete seinen Bruder. Ich liebe ihn, dachte er nachsichtig. Trotz der ganzen Tragödien der letzten Jahre nehme ich ihn als selbstverständlich hin, weil er so beständig ist. Immer ist er da, ist stets bereit und seine Beständigkeit wirkt wie ein Felsen, auf den ich mich ohne nachzudenken stütze. Trotzdem verdient er mehr. Er verdient geliebt zu werden und dass ich ihm sage, wie teuer er mir ist.
Als sie aufwachten, hatte der lange, heiße Sonnenuntergang bereits eingesetzt. »Der Sommer ist für mich irgendwie eine Rückkehr in den Mutterschoß«, murmelte Ahmose und gähnte. »Ich komme mir so alterslos, zeitlos und unbeschwert vor. Und bin wie gelähmt.« Und ich komme mir wie ein Geist vor, der einem Trugbild nachjagt, dachte Kamose.
Gegen Sonnenuntergang regte es sich im Haus. Von den Küchen hinten auf dem Anwesen wehten appetitliche Düfte heran. Die Diener, die das Abendessen zubereiteten, klapperten und alles war wieder beim Alten. Kamose merkte, dass er den ganzen Tag nichts gegessen hatte und endlich Hunger verspürte, und wollte gerade ins Haus gehen, als Anchmahor zu ihm trat. »Mein Sohn wird bleiben und deine Leibwache befehligen. Er tut das sehr gern. Ich kehre zurück, sowie die Ernte in Aabtu eingebracht ist. Ich kann den Wüstenweg nehmen, falls die Überschwemmung schon eingesetzt hat.« Kamose sank der Mut. Natürlich wusste er, dass sich Anchmahor diesen Urlaub verdient hatte, doch er hätte ihn gern gebeten zu bleiben.
»Du musst dich mit der Rückkehr nicht beeilen«, sagte er. »Ich ziehe schon bald nach Wawat und schaffe Ordnung in den Dörfern der Medjai. Ich komme erst zurück, wenn das Hochwasser wieder zurückgeht.« Anchmahor blickte ihn nachdenklich an.
»Mit Verlaub, Majestät, aber ist das klug?«, meinte er. »Was unternimmt Apophis, wenn er erfährt, dass du so weit
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