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In der Oase

In der Oase

Titel: In der Oase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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entlangvisierte, sah er, wie der junge Mann seinen Vater küsste, ihn stützte, als wäre er ein Kleinkind und noch unsicher auf den Beinen, dann trat er aus seinem Blickfeld. Das füllte jetzt nur noch Teti, der schwankte und weinte, während seine Lippen Stoßgebete oder schlicht entsetztes Gestammel formten, was, das wusste Kamose nicht. Er holte Luft, hielt sie an, öffnete die Finger der linken Hand, und Teti taumelte und fiel auf die Seite. Etwas Blut tropfte vom Schaft des Pfeils, der seine Brust durchbohrt hatte. Ramose lief zu dem zuckenden Leib und fiel auf die Knie, und hinter Kamose stieg ein einhelliger Seufzer auf. Er gab dem General seinen Bogen zurück. »Schreib auf, Ipi«, sagte er zu dem gesenkten Kopf seines Schreibers. »An diesem Tage, dem fünfzehnten im Pachons, wurde an Teti, Sohn des Pepi, aus der Stadt Chemmenu das Todesurteil wegen versuchten Mordes vollstreckt. Mach eine Abschrift, ehe du die Rolle archivierst, und schicke sie nach Süden, an meine Mutter. Achtoi, wo bist du? Gib mir Wein.«
    Unter aufgeregtem Gebrabbel kehrten die Soldaten langsam an ihre Arbeit zurück, doch die Fürsten standen noch immer stumm hinter Kamose. Der übersah sie, stürzte den Wein hinunter, und da merkte er, dass er am ganzen Leib zitterte. Als er sich den Mund wischte, wollte er den Becher nach mehr hinhalten, doch da sah er Ramose kommen. Der verneigte sich, hob den Kopf, und seine Miene war ausdruckslos. Die Hände, die er bei seiner Verbeugung auf die Knie gelegt hatte, waren rot von Blut.
    »Kamose, erlaube mir, meinen Vater nach Chemmenu, ins Haus des Todes zu bringen«, sagte er mit belegter Stimme. »Er muss einbalsamiert und betrauert werden, und meine Mutter muss zu seiner Bestattung aus Waset kommen. Du kannst ihn nicht einfach verbrennen!«
    »Nein, das geht nicht«, bestätigte Kamose und zwang sich, seinem alten Freund in die Augen zu sehen. »Aber es ist unmöglich, das Heer während der siebzig Tage Trauerzeit hier zu behalten. Wir müssen weiter, Ramose. Lass ihn ins Haus des Todes bringen, und ich schicke deine Mutter zur Bestattung in Begleitung nach Norden. Zu der Zeit hoffe ich, Auaris zu belagern.«
    Ramose nickte und presste die Lippen zusammen. »Ich verstehe, dass du kaum mehr tun kannst, aber verübele mir bitte nicht, wenn ich nicht dankbar bin.« Er verneigte sich noch einmal und entfernte sich.
    »Die Hauptleute und Soldaten, die die Festung schleifen, bringen ihre Habseligkeiten bereits in die Kaserne, Majestät«, meldete Hor-Aha Kamose. »Neferusi liegt hinter uns, ist abgetan. Ich brauche einen Befehl, ich möchte das Heer aufstellen und in Marsch setzen.« Kamose stand auf, drehte sich um und musterte die Mienen der noch immer hinter ihm aufgebauten Fürsten. Alle hielten seinem Blick ruhig stand.
    »Von hier sind es ungefähr vierzig Meilen nach Het nefer Apu und der Nomarche Anpu«, sagte er. »Zwischen Neferusi und Het nefer Apu liegen vielleicht acht, zehn Dörfer, und wir wissen bislang nicht, wie viele davon Garnisonen haben. Wir haben hier viele Waffen und Streitwagen und Pferde erbeutet, ein großer Segen, aber wir brauchen eine gewisse Zeit, bis wir wissen, wie diese Dinge unsere Streitmacht verändern. Ich schlage vor, wir ziehen an die zehn Meilen nach Norden, ruhen kurz, während ihr dafür sorgt, dass eure Bauern lernen, wie man mit den Äxten und Schwertern, die an sie ausgegeben werden, umgeht und sie pflegt. In dieser Zeit werden die Späher mir ein klareres Bild von dem geben können, was vor uns liegt. Habt ihr dazu irgendetwas zu sagen? Habt ihr irgendwelche Bitten, was euer Wohlergehen oder das eurer Divisionen angeht?« Keiner sagte etwas, daher entließ Kamose sie und ging an der Stelle vorbei, wo Teti sein Leben ausgehaucht hatte, und dann den Uferpfad entlang.
    Zu Ahmose sagte er: »Richte Meketra aus, dass ich ihn über den Feldzug auf dem Laufenden halte.«
    »Ich soll ihn also noch friedlicher stimmen«, gab Ahmose zurück. »Kamose, ich traue diesem Mann nicht.«
    »Ich auch nicht«, gestand Kamose, »aber er hat nichts getan, was unseren Argwohn rechtfertigen würde. Wir müssen ihn wie einen Verbündeten behandeln, denn als ein solcher hat er sich erwiesen.«
    »Bislang«, sagte Ahmose finster. Ohne weitere Worte erreichten sie ihr Schiff.
    Ahmose erledigte seinen Auftrag und kehrte bei Sonnenuntergang mit Ramose zurück, den er in dem Haus getroffen hatte, das nun Meketra gehörte. Ramose hatte ein paar persönliche Dinge und

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