In der Oase
hatte, und Tetischeri lächelte im Gehen kurz ins Dunkel. Es war ein erhebender Augenblick gewesen.
Die Medjai hatten ihre Schiffe zugunsten der Kaserne verlassen, und so dräute dort ein Durcheinander von leeren Schiffen schwarz und unförmig und verdeckte das Wasser. Etliche Wachposten scharten sich auf einer sandigen Stelle neben der Bootstreppe um ein Feuerchen und redeten und lachten leise. Als sie sich näherte, kamen sie bestürzt hoch und verbeugten sich, und sie stellte sich ein Weilchen zu ihnen, genoss ihre tröstliche Anwesenheit. Sie beantworteten ihre Fragen, wie es ihnen ginge – bekamen sie genug zu essen, behandelten ihre Hauptleute sie gerecht, kümmerten sich die Heeresärzte unverzüglich um ihre körperlichen Beschwerden? Sie wünschte ihnen noch eine gute Wache und ging langsam am Fischteich vorbei zum hinteren Teil des Hauses.
Als sie um die Ecke biegen wollte, blieb sie stehen. Am hinteren Rand ihres Gesichtsfeldes bildeten die Unterkünfte des Gesindes ein niedriges Geviert, das sich an die Außenmauer des Anwesens schmiegte. Etwas davor waren die Küchen im rechten Winkel zum festgetretenen Hof gebaut, der bis an den Hausspeicher reichte, und dicht vor ihr standen Büsche und Bäume, die Grenzlinie zwischen dem Bereich der Herrschaft und der Dienerschaft. Sie waren dicht gepflanzt worden, damit die Familie Privatsphäre hatte, und im Schutz ihrer Blätter bewegte sich etwas.
Tetischeri erstarrte und stützte sich mit einer Hand an die tröstlich raue Hausmauer, wusste nicht so recht, was sie hatte aufmerken lassen. Ein einsamer Wachposten würde aufrecht hin-und hergehen. Vielleicht war die geduckte Gestalt ein Diener, der wie sie nicht schlafen konnte. Die Gestalt schaukelte hin und her, hin und her wie eine Frau, die einen Säugling an der Brust wiegt, aber keine Frau hatte so breite Schultern. Ratlos und mit angespannten Sinnen spähte Tetischeri ins Dunkel. Diese Schultern waren vertraut, die rhythmische Bewegung übermittelte einen inneren Aufruhr, der immer stärker wurde, je länger Tetischeri zusah.
Auf einmal spürte Tetischeri, wie jemand ihren Arm berührte. Erschrocken drehte sie sich um und sah Aahoteps verschattetes Gesicht dicht vor sich. »Ich konnte auch nicht schlafen«, flüsterte Aahotep. »Es ist einfach zu viel los gewesen. Was siehst du, Tetischeri?«
»Kamose«, flüsterte sie zurück. »Sieh ihn dir an, er schwankt wie ein Betrunkener.«
»Nicht wie ein Betrunkener«, entgegnete Aahotep, die den Blick auf ihren Sohn gerichtet hatte. »Wie ein Mensch, der am Rande des Wahnsinns steht. Er ist gerade noch rechtzeitig nach Hause gekommen, Tetischeri. Bei so viel innerer Qual komme ich mir ganz hilflos vor. Er hat beim Fest nichts gesagt. Überhaupt nichts.«
»Wenigstens hat er sich satt gegessen«, erinnerte Tetischeri sie leise. »Ein gutes Zeichen. Aber du hast Recht, Aahotep. Mich schaudert bei dem Gedanken, in welchem Zustand er hier angekommen wäre, wenn ihn die Überschwemmung nicht nach Waset zurückgebracht hätte.« Sie ergriff Aahoteps Arm und zog sie fort. »Er darf nicht wissen, dass wir ihn gesehen haben«, sagte sie. »Komm in meine Gemächer, da können wir reden.« Schweigend entfernten sie sich, jede tief in ihre eigenen, besorgten Gedanken versunken, bis Aahotep sagte: »Zunächst muss er viel schlafen. Unser Arzt kann ihm ein Beruhigungsmittel geben, bis er sich so weit beruhigt hat, dass er ohne Mittel schlafen kann. Wir müssen dafür sorgen, dass man ihm nicht zu viele Pflichten aufbürdet.«
»Senehat ist ein schönes Mädchen«, warf Tetischeri ein. »In ein paar Tagen schicke ich sie in sein Schlafgemach. Es ist heilsam, sich bei der Liebe zu vergessen.«
»Dann bete darum, dass ihn auch der Winter heilt«, sagte Aahotep grimmig, »sonst sitzen wir in der allergrößten Klemme. Heute Nacht fehlt mir mein Mann, Tetischeri. Irgendwie hat Seqenenre immer gewusst, was zu tun war. Bei ihm habe ich mich so gut aufgehoben gefühlt.«
»Das war ein Trugbild«, sagte Tetischeri brutal, während sie im Schatten der Säulen die dunkle Empfangshalle betraten. »Mein Sohn war tapfer und klug, aber es lag nicht in seiner Macht, unsere Sicherheit zu gewährleisten; doch das ist nicht die Art Sicherheit, die du meinst, nicht wahr?«
»Nein«, sagte Aahotep knapp. »Ich möchte die Sicherheit, dass ich keine wichtigen Entscheidungen mehr treffen muss. Ich möchte nichts weiter sein als die Witwe eines bedeutenden Mannes.« Sie hatten jetzt
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