In der Oase
auf dem er seine Palette balancierte. Neschi blieb stehen und verbeugte sich und der Schreiber auch, nachdem er seine Last abgesetzt hatte.
Tetischeri musterte sie eingehend. Der Schatzmeister war ein junger Mann mit hängenden Mundwinkeln und zwei tiefen Falten zwischen den Augenbrauen, wodurch er ständig besorgt wirkte. Dazu hatte er große Ohren, doch anstatt sie zu verbergen, betonte er sie noch durch zwei dicke goldene Ohrringe. Das fand Tetischeri gut. Ein solcher Mann war nicht leicht einzuschüchtern. »Sei gegrüßt, Neschi«, sagte Kamose. »Bitte erstatte uns Bericht über die Waren, die wir aus Apophis’ Schiffen geholt haben.« Neschi lächelte und winkte seinem Schreiber. Alle sind wegen dieser Heldentat sehr mit sich zufrieden, dachte Tetischeri belustigt. Doch gewiss wird sie wegen der schrecklichen Nöte des Feldzugs aufgebauscht. Wahrlich ein Geschenk Amuns, der die Verzweiflung in ihren Herzen gesehen hatte. Doch als Neschi aus der Rolle vorzulesen begann, die man ihm gereicht hatte, hielt sie den Atem an, so überwältigend war die Beute.
»Goldstaub: vierzig Sack. Goldbarren: dreihundert. Fünf Stück Lapislazuli bester Qualität, sie messen drei Handbreiten Seiner Majestät. Lauteres Silber: fünfhundert Barren. Grüner Türkis bester Qualität: sechzig Stück. Kupferäxte: zweitausendfünfzig. Olivenöl: einhundert Fass. Weihrauch: vierundneunzig Sack. Fett: sechshundertdreißig Krüge. Honig: fünfhundert. Kostbares Holz: neun Längen Ebenholz und eintausendsiebenhundertzwanzig Längen Zeder.«
»Und alles gehört uns!«, jubelte Ahmose, als Neschi seinem Schreiber die Rolle zurückgab. »Was hältst du davon?«
»Es verschlägt mir fast die Sprache«, antwortete Tetischeri und Aahotep warf ein: »Fast, aber nicht ganz!« Alles lachte.
»Ist Amun zufrieden mit seinem Anteil?«, fragte Kamose den Schatzmeister. Neschi verbeugte sich erneut.
»Die Auflistung ist beendet, Majestät«, sagte er. »Der Hohe Priester wird zweifellos höchstpersönlich zu dir kommen und sich bedanken.«
»Danke. Du kannst gehen.« Und an Tetischeri gerichtet: »Die Äxte sind bereits unter den Männern ausgeteilt«, sagte er. »Das ist geschehen, ehe wir nach Hause gefahren sind. Ich habe den Großteil des Öls zusammen mit dem Fett und dem Honig in die Oase geschickt. Was jedoch das Gold, das Silber und die Edelsteine angeht, so werden sie bis zu dem Tag, an dem ich den Horusthron besteige, in Amuns Schatzkammer verwahrt. Ich habe Amun zum eigenen Gebrauch und den Bürgern von Waset zehn Sack Goldstaub und einhundert Barren Gold geschenkt.«
»Wie konnte eine solche Menge Gold ins Delta gelangen?«, verwunderte sich Aahmes-nofretari. »Das kann doch nicht alles Tribut aus Rethennu gewesen sein, denn in jenem Land gibt es keine Goldbergwerke. Nur Kusch und Wawat können solche Reichtümer liefern. Und was ist mit dem Lapislazuli? Der kommt doch auch aus Kusch. Kamose, uns ist kein Schiff entgangen.« Er hob die Schultern.
»Ich weiß es nicht«, bekannte er. »Das Gleiche gilt für den Weihrauch. Vielleicht hat Apophis ja Karawanenstraßen von Kusch ins Delta erschlossen, die einen Bogen um Waset machen. Wir können nur raten. Jedenfalls haben wir ein unheimliches Glück gehabt, und dafür müssen wir Amun danken.«
»Besonders für das Zedernholz«, setzte Ahmose hinzu. »Das können wir nach Necheb schicken und weitere Schiffe bauen lassen, mit denen ersetzen wir die Binsenschiffe und bauen den südlichen Teil unserer Flussstreitkräfte auf.« Tetischeri beugte sich vor und ergriff Kamoses Hand, spürte Knochen unter ihren Fingern, wo das Fleisch fortgeschmolzen war, und eine Haut so kalt wie ihre.
»Eine wundersame Überraschung«, sagte sie sanft. »Ein Zeichen der Götter, dass sie auf unserer Seite sind.« Sie zögerte und stellte dann die Frage, die ihr und gewiss auch Aahotep auf den Lippen brannte. »Wir sehnen uns nach Kunde über einen noch größeren Schatz, Kamose. Wisst ihr etwas über Tani?« Kamoses Hand entzog sich ihrem Griff, und es herrschte Schweigen, dieses Mal ein unbehagliches. Ahmose rutschte auf seinem Stuhl hin und her und verschränkte die Arme. Aahotep senkte den Kopf und musterte ihren Fliegenwedel. Aahmes-nofretari biss sich mit hennaverfärbten Zähnen auf die Lippen.
»Tani«, sagte Kamose düster. »Je mehr wir uns dem Delta näherten, desto mehr haben wir an sie gedacht. Ramose und ich haben während der langen Nächte ständig von ihr gesprochen. Wir würden Auaris
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