In der Oase
Säuberung, er fürchtet sich vor tatkräftigem Handeln, predigt ewig Zurückhaltung, Vorsicht. Er ist gegen jeden Zug, den Hor-Aha und ich machen.«
»Hoffentlich nicht in der Öffentlichkeit!«, sagte Tetischeri scharf. »Ihr beide müsst so wirken, als ob ihr einer Meinung seid, Kamose! Zwietracht zwischen euch schwächt den Kampfgeist der Truppe und untergräbt das Vertrauen der Fürsten!« Er fuhr zu ihr herum.
»Glaubst du etwa, das weiß ich nicht?«, fuhr er sie an. »Sag das meinem Bruder, nicht mir! Sag ihm, wie mich sein Mangel an Unterstützung kränkt! Sag ihm, dass ich ein widerliches Massaker nach dem anderen befehlen musste, ohne dass er mich verstanden oder getröstet hätte! Sag ihm, dass ich mit seiner stillschweigenden Missbilligung fertig werden muss, wo ich doch seine Kraft so dringend brauche! Muss ich denn die Last des unterdrückten Ägypten allein auf meinen Schultern tragen?« Sie berührte seinen zitternden Arm und stellte fest, dass er feuchtkalt war. Besorgt streichelte sie ihn.
»Du bist der König«, erinnerte sie ihn ruhig. »Und bist allein in deiner Göttlichkeit. Selbst wenn Ahmose nur als Instrument deines Willens hinter dir stünde, wärst du immer noch allein in deiner Einzigartigkeit. Was auch immer Ahmose fühlt, und ich glaube nicht, dass er so gegen dich eingestellt ist, wie du denkst, diese Wahrheit kann er dir nicht abnehmen. Deine Freunde müssen die Götter sein, Majestät.« Sie sah, wie sich ihm die Brust zusammenschnürte, und seine Hand legte sich auf ihre und hielt sie fest.
»Es tut mir Leid, Großmutter«, murmelte er. »Bisweilen bin ich nicht ganz bei Trost und wittere Verrat, wo keiner ist. Ich liebe Ahmose und ich weiß, er liebt mich auch, ob er nun einig mit mir ist oder nicht. Was die Götter angeht…« Er wandte den Blick ab, und sie konnte nur noch die Rundung seiner Wange sehen. Die übrigen Züge wurden von den herabfallenden, schimmernden Haaren verdeckt. »Ich habe vergessen, Thot zu opfern, ehe ich Chemmenu gebrandschatzt habe. Ich habe es Aahotep versprochen und dann vergessen. Im Payni habe ich auch Ahmoses Geburtstag vergessen. Irgendetwas Schreckliches geht mit mir vor.«
»Kamose«, sagte sie mit Nachdruck. »Es ist nicht wichtig, was du denkst. Wenn du dich nicht bemühst, dein Hirn von diesen tödlichen Trugbildern zu befreien, wirst du tatsächlich verrückt, und was wird dann aus Ägypten?« Sie zog die Hände fort, weil sie fürchtete, sein hämmerndes Herz unter ihren Fingern zu spüren. »Und jetzt berichte, wie es dem Heer geht«, befahl sie. »Ich will alles über die Bootstruppe wissen, die du zusammenstellst. Schildere mir die Stimmung unter den Fürsten. Wie ertragen sie Hor-Ahas Joch? Erzähle mir noch einmal die Geschichte von Kay Abana. Erzähle mir von der Erbeutung der fremden Schiffe. Kamose. Kamose!«
Langsam kam er zu sich, und erleichtert bemerkte sie die Falte zwischen seinen dichten Augenbrauen, die anzeigte, dass er sich sammelte. Seine Schilderung wurde immer genauer und leidenschaftsloser, seine Gedankengänge waren klarer, doch bisweilen erhob er die Stimme, die Sätze flossen schneller, bis er sich dann bewusst zusammennahm. »Ich habe vor, hier in Waset ein Gefängnis zu bauen«, schloss er. »Und Simontu wird Aufseher. Er ist der Schreiber des schon vorhandenen Gefängnisses und Schreiber der Maat. Er verwaltet die städtischen Kornspeicher. Ich möchte ihm gewöhnliche Bauern unterstellen.«
»Ein neues Gefängnis?« Tetischeri, die sich von der Klarheit seiner vorherigen Rede hatte einlullen lassen, zuckte zusammen. »Aber warum, Kamose? In dieser Nomarche gibt es kaum Verbrecher.« Er verzog verächtlich die Lippen.
»Es ist für Fremdländer gedacht«, sagte er. »Die arbeiten während ihrer Haft unter der Aufsicht von Bauern, denn gewiss sind unsere niedrigsten Menschen, verglichen mit denen von fremdem Blut, Edelleute.«
»Das hätte dein Vater nicht gebilligt«, sagte Tetischeri mit Mühe.
»Wenn Seqenenre all unsere Diener zweifelhafter Herkunft eingesperrt hätte, er wäre nicht so schlimm verwundet worden«, gab er zurück. »Mersu wäre sicher verwahrt gewesen. Hier zu Hause gehe ich kein Risiko ein, Tetischeri. Ich habe Waset nicht über die Klinge springen lassen. Und das möchte ich auch nicht. Aber die Bedrohung durch die Setius ist allgegenwärtig, auch in unserer eigenen Stadt. Ich beabsichtige, die Spreu vom Weizen zu trennen, aber ich will gnädig sein. Ich sondere ab, töte jedoch
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