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In der Oase

In der Oase

Titel: In der Oase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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wartete.
    Trotz ihres eigenen Mangels an geziemender Inbrunst war Tetischeri gerührt, als sie sah, wie hingebungsvoll Aahmes-nofretari war. Die junge Frau machte ihren Fußfall auf den staubigen Steinen mit aufrichtiger Ehrerbietung, flüsterte die Gebete, sang laut und küsste die Füße der Statue mit geschlossenen Augen, als nahte sie sich einem Liebhaber. Der Grund für ihre Innigkeit wurde deutlich, als sich die Frauen in die Abgeschiedenheit der Weinlaube zurückgezogen hatten, wo Kamose und Ahmose bereits mit Wein, Trockenfeigen und Dattelkuchen auf sonnengefleckten Tischtüchern auf sie warteten. »Ich brauche mehr als das«, brummelte Tetischeri, als sich die Männer zu ihrer Begrüßung erhoben. »Ich habe sehr wenig gegessen, und wir sind schon früh zum Schrein aufgebrochen. Wo ist Uni? Ich will frisches Gemüse und Gazellenfleisch haben.« Ahmose hatte ihr Wein eingeschenkt und reichte ihr den Becher.
    »Gleich, Großmutter«, sagte er. »Komm, nimm Platz. Aahmes-nofretari hat etwas zu verkünden.« Er lächelte seiner Frau zu, die sich nicht auf die herumliegenden Kissen gesetzt hatte. Sie erwiderte das Lächeln und holte tief Luft.
    »Ich habe mir die Nachricht für diesen Tag, der Hathor gehört, aufgespart«, sagte sie. »Ich bin schwanger. Der Arzt sagt, das Kleine kommt irgendwann im Monat Payni, gerade vor Erntebeginn.«
    »Lasst uns also auf die Empfängnis eines weiteren Tao anstoßen!«, fiel Ahmose ihr ins Wort. Er legte der jungen Frau den Arm um die Schulter und zog sie an sich. »Was auch immer die Zukunft bringen mag, die Götter haben bestimmt, dass unser Blut weitergegeben wird.« Aahotep hob ihren Becher und lachte erfreut.
    »Gut gemacht«, sagte sie. »Ein hervorragendes Omen. Ich werde wieder einmal Großmutter!«
    »Und ich Urgroßmutter«, bemerkte Tetischeri. »Meinen herzlichen Glückwunsch, ihr beiden. Wie wohl das Geschlecht des Kindes sein wird? Wir wollen das Orakel befragen und natürlich einen Astrologen.« Ihre Worte waren an Aahmes-nofretaris erhitztes Gesicht gerichtet, doch ihre Augen schweiften verstohlen zu Kamose. Er lächelte wie alle anderen, und Tetischeri konnte auf seiner Miene keinen Schatten von Bedauern oder Groll lesen. Er freut sich von ganzem Herzen, sagte sie sich. Er verübelt Ahmose sein Glück überhaupt nicht. Er will es wirklich nicht für sich selbst.
    Doch Kamose, der ihren Blick spürte, wandte sich ihr zu, und da verflüchtigten sich ihre Gedanken rasch und machten einer nüchternen Erkenntnis Platz. Er weiß, dass er nicht überleben wird, dachte sie. Irgendwie glaubt er, dass seine eigene Vermählung, das Zeugen königlicher Kinder völlig unwichtig sind, weil Ahmose einmal auf dem Horusthron sitzen wird und weil die Taos durch ihn als Götter in Ägypten weiterleben werden. Vielleicht hat er es immer geahnt. Ach, mein geliebter Kamose! Als sich ihre Blicke kreuzten, wurde sein Lächeln spöttisch, und er hob seinen Becher zum Gruß, ehe er ihn an den Mund hielt. »Tetischeri, was ist los?«, fragte Aahotep besorgt. »Du siehst auf einmal so grau aus. Bist du krank?«
    »Der Besuch des Schreins und dann meine Ankündigung sind zu viel für dich gewesen, Majestät«, sagte Aahmes-nofretari freundlich, und Tetischeri verbiss sich eine abfällige Bemerkung. Das Kind in deinem Schoß hätte aus Kamoses Samen, nicht aus dem seines Bruders sein sollen. Ahmose beobachtete sie gelassen und mitfühlend forschend, und wieder einmal musste sie die aufsteigende Bitternis bekämpfen, die sie verspürte. Diese Verstimmung geht vorbei, versuchte sie ihm durch Blicke zu übermitteln. Es ist nur der Rest eines Trugbildes einer alten Frau, mehr nicht.
    »Auf leeren Magen schmeckt der Wein sauer«, meinte sie barsch. »Isis! Such Uni, er soll mir etwas zu essen bringen! Und du, Aahmes-nofretari, setzt dich jetzt hierher und sagst mir, wie es dir geht.« Sie klopfte auf das Kissen neben sich, und die junge Frau gehorchte.
    »Der Arzt sagt, wenn ich das Kleine hoch trage, wird es ein Mädchen«, sagte sie eifrig. »Und wenn niedrig, wird es ein Junge. Aber es ist noch zu früh zum Vorhersagen. Mir ist überhaupt nicht übel, Majestät.« Ihre Hände fuhren zu ihren Wangen. »Tut mir Leid, dass ich so schnell rede. Ich bin aufgeregt, habe aber auch Angst.« Aahotep beugte sich zu ihr und tätschelte ihr das Knie.
    »Du wirst Ägypten viele Kinder schenken, Aahmes-nofretari«, sagte sie. »Wir freuen uns alle für dich.« Aahmes-nofretari schenkte ihrer Mutter einen

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