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In der Oase

In der Oase

Titel: In der Oase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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Rollen eine nach der anderen in den Kasten zu ihren Füßen, während ihr Schreiber die schmerzenden Finger bewegte und seine Palette ordnete. »Sie ist nicht dankbar für den Schutz, den sie hier gefunden hat. Senehat sagt, sie hat gehört, wie Nofre-Sachuru dich vor Ahmose-onch schlecht gemacht hat, Kamose, daher habe ich ihr den Umgang mit dem Jungen verboten. Ich weiß nicht, was ich mit ihr anfangen soll.«
    »Wir können sie nirgendwohin schicken«, warf Aahotep ein und richtete den Blick auf die roten Ringe, die sich unter ihrer Hand ausbreiteten. »Natürlich könnten wir sie in eine Tempelzelle stecken und Amunmose bitten, dass er sich um sie kümmert, aber das kommt mir grausam vor.«
    »Wir haben die Verantwortung für sie«, sagte Kamose ergeben. Er hatte zusammen mit dem Oberaufseher der Dämme und Kanäle die Bewässerungsanlagen nach Anzeichen von Deichbrüchen abgesucht und war dann in den Nil gesprungen, um sich den Dreck des Nachmittags abzuwaschen. Nur mit einem Lendentuch bekleidet, barfuß und ungeschminkt, mit schimmernder Haut und noch feuchtem Haar, sah er jünger aus als seine vierundzwanzig Lenze. »Tut mir Leid, dass ich euch Lieben erneut ihre Überwachung aufbürden muss, aber ich habe keine andere Wahl. Der Fluss kann wieder befahren werden, und Ahmose und ich müssen sehr bald aufbrechen. Lasst Nofre-Sachuru ständig beobachten. Sie will unbedingt ihren Sohn sehen, und außerdem ist sie so lange hier, dass sie viel über uns, unsere geistige Verfassung, die Stimmung unter den Einwohnern von Waset, die viel versprechende Ernte weiß, Dinge, die vielleicht unwesentlich erscheinen, bis ein Militärstratege zwei und zwei zusammenzählt.«
    »Stratege!«, entrüstete sich Tetischeri. »Der einzige Stratege in Auaris ist Pezedchu, und der erstickt an der Leine dieses feigen Apophis. Das ist der Einzige, den du fürchten musst, Kamose.«
    »Ich weiß. Wir haben über ihn keinerlei Informationen. Apophis hält ihn, glaube ich, zurück, bis die offene Feldschlacht nicht mehr zu umgehen ist.«
    Aahmes-nofretari seufzte. »Es ist ein so schöner Monat gewesen«, sagte sie wehmütig. »So ruhig. Und nun reden wir wieder von Krieg. Wann nimmst du mir Ahmose fort, Kamose? Und wirst du ihn zur Geburt unseres Kindes nach Hause schicken?«
    »Ich kann dir nichts versprechen«, sagte Kamose ehrlich. »Wie denn auch? Du hast Mutter und Großmutter, Aahmes-nofretari. Du wirst einfach tapfer sein müssen.« Ahmose hob die Hand, schnappte sich eine Locke ihres schwarzen Haares und wickelte sie um seine Hand.
    »Du wirst tapfer sein«, wiederholte er. »Es geht gewiss alles gut, und du schickst mir dann Nachricht. Ich möchte mich nicht um dich sorgen müssen, Aahmes-nofretari, und ich sorge mich, es sei denn, du versprichst mir, dass du ruhig bleibst und dich nicht grämst und mich nicht zu sehr vermisst.«
    »Ich lerne gerade, mich in Geduld zu üben«, sagte die junge Frau mit einer Spur Humor. »Und jetzt beantworte meine Frage, Kamose. Wann müsst ihr fort?«
    »In drei Tagen haben wir Tybi«, sagte Kamose. »Wir warten, bis wir am Grabmal unseres Vaters zum Andenken an seinen Geburtstag opfern können, und natürlich ist der Erste des Monats mir zweifach heilig, da er das Krönungsfest des Horus ist, aber danach brechen wir auf. Ich habe den Medjai schon befohlen, ihre Waffen zu putzen und sich auf die Einschiffung vorzubereiten.« Er blickte Ahmose gelassen an. »Für diesen Feldzug erhoffe ich mir eine erfolgreiche Belagerung.« Ahmose gab keine Antwort. Er spielte noch immer mit dem Haar seiner Frau, und es blieb Tetischeri vorbehalten, diesen heiklen Augenblick zu überbrücken.
    »Sollen wir Pi-Hathor weiterhin überwachen?«, wollte sie wissen. Kamose schüttelte den Kopf.
    »Nein. Das ist, glaube ich, nicht länger nötig. Wir beherrschen das Land ohnedies von Waset bis zum Delta, und ein Bote von Het-Ui könnte unmöglich durch unsere Linien schlüpfen.«
    Eine geraume Weile herrschte Schweigen, während jeder die Schönheit der Stunde genoss. Blasse Schatten krochen jetzt über den Rasen, und vor ihnen verblich das rote Licht und hinterließ eine sanfte Dämmerung voller Blütenduft. Der Himmel war ein Bogen aus dunklem Blau, das zu einem milden Perlblau verblich, ehe es rosig wurde. Jetzt bewegte sich Aahmes-nofretari. »Choiak ist wie die Ruhe vor einem Wüstensturm gewesen«, sagte sie. »Wunderbar und unvergesslich für uns. Wir werden uns alle, glaube ich, an diese Erinnerung klammern.«

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