In der Schwebe
abzuholen.«
»Sie werden uns nicht landen lassen. Das ist mir inzwischen klar.«
Er hatte noch nie eine solche Resignation in ihrer Stimme gehört, und es machte ihn wütend. Verzweifelt flehte er sie an: »Bitte kneif jetzt nicht, Emma!«
»Ich bin nur realistisch. Ich habe den Feind gesehen, Jack. Die Chimäre ist eine komplexe, mehrzellige Lebensform. Sie bewegt sich. Sie pflanzt sich fort. Sie setzt
unsere
DNS,
unsere
Gene gegen uns ein. Wenn das ein biotechnisch hergestellter Organismus ist, dann hat irgendein Terrorist damit die perfekte Waffe geschaffen.«
»Dann muss er auch ein Gegenmittel entwickelt haben. Niemand lässt eine neue Waffe auf die Menschheit los, ohne zu wissen, wie er sich selbst dagegen schützen kann.«
»Ein Fanatiker schon. Ein Terrorist, dem es nur darum geht, Menschen zu töten – viele Menschen. Und dieses Ding wäre dazu in der Lage. Es tötet nicht nur, es vermehrt sich auch.
Es breitet sich aus.
« Sie machte eine Pause, und als sie wieder sprach, klang ihre Stimme erschöpft. »Angesichts dieser Fakten ist es ja wohl klar, dass wir nicht nach Hause können.«
Jack nahm die Sprechkombination ab und vergrub den Kopf in den Händen. Lange Zeit saß er allein in dem Raum, während Emmas Stimme ihm noch in den Ohren klang.
Ich weiß nicht, wie ich dich retten soll,
dachte er.
Ich weiß nicht mal, womit ich anfangen soll.
Er hörte nicht, wie die Tür geöffnet wurde. Erst als Liz Gianni ihn ansprach, blickte er auf.
»Wir haben einen Namen«, sagte sie.
Er schüttelte verwirrt den Kopf. »Was?«
»Ich sagte Ihnen doch, ich würde nachsehen, welches Experiment wegen Pilzbefall abgebrochen wurde. Es hat sich herausgestellt, dass es eine Zellkultur war. Die wissenschaftliche Leiterin ist eine gewisse Dr. Helen Koenig, eine Meeresbiologin drüben in Kalifornien.«
»Und was sagt sie dazu?«
»Sie ist verschwunden. Sie hat vor zwei Wochen bei SeaScience gekündigt, wo sie im Labor gearbeitet hatte. Seither hat niemand mehr etwas von ihr gehört. Und jetzt kommt der Hammer, Jack. Ich habe gerade mit jemand von SeaScience gesprochen. Die Frau sagte mir, das FBI hätte am neunten August Koenigs Labor gefilzt. Sie haben alle ihre Aufzeichnungen mitgenommen.«
Jack setzte sich auf. »An welchem Experiment hat Koenig gearbeitet? Was war das für eine Zellkultur, die sie zur ISS geschickt hat?«
»Eine Art einzelliger Meeresorganismen. Sie heißen Archäen.«
21
»Es war als dreimonatiges Protokoll angelegt«, sagte Liz. »Eine Studie über das Fortpflanzungsverhalten von Archäen in der Mikrogravitation. Die ersten Ergebnisse waren verblüffend. Rapides Wachstum, Verklumpung. Die Kultur hat sich in erstaunlichem Tempo vermehrt.«
Sie gingen einen der Pfade, die sich durch den Park wanden, des JSC entlang, vorbei an einem Teich mit einem Springbrunnen, der eine Wasserfontäne in die reglose Luft spritzte. Es war unangenehm heiß und drückend, aber sie fühlten sich sicherer, wenn sie sich draußen unterhielten; hier hatten sie wenigstens die Gewissheit, dass niemand mithörte.
»Zellen zeigen im Weltraum ein verändertes Verhalten«, sagte Jack. Das war auch der eigentliche Grund, weshalb man Zellkulturen im Orbit anlegte. Auf der Erde breitet sich ein Gewebe vollkommen flach über den Kulturträger aus. Im Weltraum dagegen erlaubt die Schwerelosigkeit dem organischen Material dreidimensionales Wachstum, wodurch es Formen annehmen kann, die auf der Erde nie möglich wären.
»Angesichts dieser aufregenden Entwicklungen ist es schon merkwürdig, dass das Experiment nach sechseinhalb Wochen so abrupt abgebrochen wurde«, sagte Liz.
»Wer hat den Abbruch angeordnet?«, fragte Jack.
»Die Anweisung kam direkt von Helen Koenig. Offenbar hat sie die Archäenproben analysiert, die mit der
Atlantis
zur Erde zurückgebracht worden waren, und dabei festgestellt, dass sie von Pilzen befallen waren. Daraufhin hat sie die Vernichtung der Kultur an Bord der ISS angewiesen.«
»Und ihre Anordnung wurde befolgt?«
»Ja. Das Sonderbare ist nur die Art,
wie
die Kultur zerstört wurde. Die Crew durfte sie nicht einfach in einen Abfallbeutel stecken und sie zum kontaminierten Feuchtabfall tun, was man normalerweise bei ungefährlichen Organismen macht. Nein, Koenig verlangte von ihnen, die Kulturen im Verbrennungsofen
einzuäschern
und die Asche anschließend über Bord zu werfen.«
Jack blieb mitten auf dem Pfad stehen und starrte Liz an.
»Wenn Dr. Koenig eine Bioterroristin ist, warum
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