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In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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gekrochen sind, finden wir sie niemals.« Sie seufzte; die Müdigkeit lastete so schwer auf ihr, dass schon das Denken sie anstrengte. »Egal, was wir tun, es macht am Ende vielleicht gar keinen Unterschied. Vielleicht ist es längst zu spät.«
    »Für Diana ist es jedenfalls zu spät«, sagte Luther leise.
    Am Morgen hatten sich bei Diana die skleralen Blutungen eingestellt. Sie durfte das RSM nicht mehr verlassen. Sie hatten ein Stück Plastikfolie über die Einstiegsluke gespannt, und der Zugang zum Modul war nur mit Atemmaske und Schutzbrille erlaubt.
Eine sinnlose Maßnahme,
dachte Emma. Sie hatten alle die gleiche Luft geatmet; sie hatten alle Nikolai angefasst. Vielleicht waren sie längst infiziert.
    »Wir müssen davon ausgehen, dass das russische Servicemodul hoffnungslos kontaminiert ist«, sagte Emma.
    »Das ist das einzige bewohnbare Modul mit voller Stromversorgung. Wir können es nicht komplett abschotten.«
    »Dann ist dir wohl klar, was wir tun müssen.«
    Luther seufzte resigniert. »Noch ein Weltraumspaziergang.«
    »Wir müssen die Versorgung in diesem Segment wiederherstellen«, sagte sie. »Du musst die Reparaturen an der BetaKardanaufhängung abschließen, oder wir stehen am Rande einer Katastrophe. Sollte bei unserer Notstromversorgung irgendeine weitere Panne eintreten, könnten wir als Nächstes ohne Umweltkontrolle dastehen. Oder ohne Steuerungs- und Navigationscomputer.« Das war das Szenario, das die Russen als »fliegenden Sarg« bezeichneten. Die Station würde ohne jede Möglichkeit der Orientierung hilflos im All umhertreiben.
    »Selbst wenn wir die Energieversorgung wiederherstellen«, meinte Luther, »das ändert nichts an unserem eigentlichen Problem. Der Biokontamination.«
    »Wenn es uns gelingt, sie auf den russischen Teil zu beschränken …«
    »Aber die Larven reifen doch schon in ihr heran! Sie ist wie eine Bombe, die jeden Moment hochgehen kann!«
    »Wir werfen ihren Körper über Bord, sobald sie tot ist«, sagte Emma. »Bevor irgendwelche Eier oder Larven austreten.«
    »Vielleicht ist es dann schon zu spät. Nikolai hat diese Eier ausgehustet, als er noch am Leben war. Wenn wir warten, bis Diana stirbt …«
    »Was wollen Sie damit sagen, Luther?« Griggs’ Stimme schreckte die beiden auf; sie drehten sich zu ihm um. Er starrte sie von der Luke aus an, sein Gesicht schimmerte im Halbdunkel des Moduls. »Wollen Sie etwa sagen, wir sollten sie rausschmeißen, solange sie noch am Leben ist?«
    Luther zog sich tiefer in die Dunkelheit zurück, als weiche er einem Angriff aus. »Um Gottes willen, das habe ich doch nicht gesagt.«
    »Und was
haben
Sie gesagt?«
    »Nur, dass die Larven – wir wissen doch, dass sie in ihr sind. Wir wissen, dass es nur eine Frage der Zeit ist.«
    »Vielleicht sind sie in uns allen. Vielleicht wachsen sie in diesem Moment in uns heran. Sollten wir etwa ihren Körper über Bord werfen?«
    »Wenn das verhindert, dass sie sich weiter ausbreiten, ja. Sehen Sie, wir wissen doch, dass sie sterben wird. Wir können es nicht ändern. Wir müssen vorausdenken …«
    »Halten Sie den Mund!« Griggs schoss quer durch das Modul und bekam Luther am Hemd zu fassen. Beide Männer krachten gegen die Wand und prallten wieder ab. Sie wirbelten in der Luft herum; Luther versuchte sich loszureißen, aber Griggs ließ nicht locker.
    »Aufhören!«, schrie Emma. »Griggs, lassen Sie ihn
los!
«
    Griggs löste seinen Griff. Schwer atmend ließen die Männer voneinander ab. Emma schob sich zwischen sie.
    »Luther hat Recht«, sagte sie zu Griggs. »Wir müssen vorausdenken. Es gefällt uns vielleicht nicht, aber wir haben keine andere Wahl.«
    »Und wenn es um Sie ginge, Watson?«, fuhr Griggs sie an. »Wie würde es Ihnen gefallen, wenn wir darüber diskutierten, was wir mit Ihrer Leiche machen? Wie schnell wir sie in den Sack stecken und Sie entsorgen können?«
    »Ich würde
erwarten,
dass Sie solche Pläne machen! Es stehen drei weitere Menschenleben auf dem Spiel, und Diana weiß das. Ich tue mein Bestes, um sie am Leben zu halten, aber im Moment habe ich nicht die geringste Ahnung, was helfen könnte. Ich kann sie lediglich mit Antibiotika voll pumpen und auf Antworten aus Houston warten. Wenn Sie mich fragen, wir sind hier oben ganz auf uns gestellt. Wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen!«
    Griggs schüttelte den Kopf. Seine Augen waren rot gerändert, sein Gesicht wirkte vor Kummer und Sorgen ausgezehrt. Leise sagte er: »Wie kann es denn noch schlimmer

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