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In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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größten Teil der Rechnung sitzen. Wie soll ich diese gewaltige Geldverschwendung gegenüber den braven Bürgern von South Carolina rechtfertigen?«
    Der NASA-Verwaltungsdirektor reagierte mit einem telegenen Lächeln. Cornell war der geborene Politiker, sein Charme und sein Charisma machten ihn zum Liebling der Presse. Auch in Washington kam er gut an; hier verbrachte er den größten Teil seiner Zeit damit, im Kongress und im Weißen Haus Geld locker zu machen, Geld und noch mehr Geld, um das ewig löchrige Budget der Weltraumbehörde zu stopfen. Er war das öffentliche Gesicht der NASA, während Ken Blankenship, der die Verantwortung für die alltäglichen Abläufe im JSC hatte, das private, nur den Insidern vertraute Gesicht war. Sie bildeten das Yin und Yang der NASA-Führung – zwei so grundverschiedene Temperamente, dass man sich nur schwerlich vorstellen konnte, dass sie als Team funktionierten. In der NASA kursierte der Witz, dass Leroy Cornell ganz Stil ohne jeglichen Gehalt sei, während Blankenship für sein Gehalt recht wenig Stil zeige.
    Cornell gab eine geschliffene Erwiderung auf Senator Parishs Frage. »Sie fragen, weshalb die anderen Länder keinen Beitrag leisten. Die Antwort, Senator Parish, ist, dass sie das bereits getan haben. Dies ist eine wahrhaft internationale Raumstation. Zugegeben, die Russen sind ausgesprochen knapp bei Kasse. Und es stimmt auch, dass wir für die Differenz aufgekommen sind. Aber sie engagieren sich mit ganzem Herzen für diese Station. Zurzeit haben sie einen Kosmonauten dort oben, und sie haben allen Grund, uns zu helfen, die ISS in Gang zu halten. Was die Frage betrifft,
warum
wir die Station brauchen – nun, schauen Sie doch nur einmal an, was dort im Augenblick an medizinischer und biologischer Forschung betrieben wird, an materialwissenschaftlichen und geophysikalischen Experimenten. Wir werden es beide noch erleben, dass die Früchte dieser Forschungsarbeit geerntet werden.«
    Wieder stand jemand im Publikum auf, und Gordon spürte, wie sein Blutdruck stieg. Wenn es jemanden gab, den er noch mehr verachtete als Senator Parish, dann war es der Kongressabgeordnete Joe Bellingham aus Montana, dessen markiges Erscheinungsbild nicht darüber hinwegtäuschen konnte, dass er auf dem Gebiet der Wissenschaft extrem unterbelichtet war. In seinem letzten Wahlkampf hatte er gefordert, die Schöpfungslehre zum Pflichtfach in Schulen zu machen. Schmeißt die Biologiebücher aus dem Fenster und schlagt lieber die Bibel auf.
Er glaubt wahrscheinlich, Raketen würden von Engeln gezogen.
    »Was ist denn mit der ganzen Technologie, die wir mit den Russen und Japanern teilen?«, fragte Bellingham. »Ich habe die Sorge, dass wir damit unser geheimes High-Tech-Wissen ohne Gegenleistung herausrücken. Das mit der internationalen Kooperation klingt wunderbar nobel und hochgesinnt, aber was soll diese Leute denn davon abhalten, eine Kehrtwendung zu machen und ihr Wissen gegen uns zu verwenden? Warum sollten wir den Russen vertrauen?«
    Irrationale Befürchtungen. Verfolgungswahn. Unwissenheit und Aberglaube. Es gab zu viel davon im Land, und Gordon bekam schon Depressionen, wenn er Bellingham nur zuhörte. Er wandte sich angeekelt ab.
    In diesem Moment sah er, wie Hank Millar mit düsterem Gesicht das Auditorium betrat. Millar war der Leiter des Astronautenbüros. Er blickte Gordon direkt in die Augen, und dieser wusste sofort, dass es irgendwo ein ernstes Problem gab.
    Gordon verließ unauffällig das Podium, und die beiden Männer traten in die Eingangshalle hinaus. »Was gibt es denn?«
    »Es ist ein Unfall passiert. Bill Hanings Frau. Wie wir hören, sieht es schlecht aus.«
    »O Gott.«
    »Bob Kittredge und Woody Ellis warten drüben im Medienzentrum. Wir müssen uns unterhalten.«
    Gordon nickte. Er warf noch einen Blick durch die Tür in das Auditorium, wo der Kongressabgeordnete Bellingham sich immer noch darüber ausließ, wie gefährlich es sei, Technologie mit den Roten zu teilen. Mit grimmiger Miene folgte er Hank nach draußen, über den Hof und auf das nächste Gebäude zu.
    Das Treffen fand in einem Hinterzimmer statt. Kittredge, der Shuttle-Commander des Flugs STS 162, war ganz rot vor Aufregung. Dagegen wirkte Woody Ellis, der für die ISS zuständige Flugdirektor, wesentlich ruhiger. Allerdings hatte Gordon Ellis noch nie erregt oder aufgebracht erlebt, nicht einmal in extrem angespannten Situationen.
    »Wie schwer war denn der Unfall?«, fragte Gordon.
    »Mrs.

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