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In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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schließen die nächste Luke!«
    »Nein, verdammt noch mal!«, erwiderte Griggs. »Ich gebe nicht auch noch dieses Modul auf!«
    »Wir haben keine Wahl. Ich kriege diese Klappe nicht zu!«
    »Dann lassen Sie mich ran!« Griggs fasste den Griff und zog mit aller Kraft daran, doch die Klappe bewegte sich nur wenige Zentimeter, bevor er erschöpft loslassen musste.
    »Sie bringen uns noch alle um, nur weil Sie dieses Scheißmodul retten wollen!«, rief Luther.
    Es war Nikolai, der plötzlich mit der Lösung herausplatzte.
    »Die
Mir!
Wir müssen das Leck füttern! Das Leck füttern!« Er schoss aus dem Labor heraus auf das russische Ende der Station zu.
    Die
Mir.
Alle wussten sofort, wovon er sprach. 1997. Die Kollision der
Progress
mit dem
Spektr
Modul der
Mir.
Der Rumpf der Station war beschädigt worden, und die kostbare Atemluft war aus der russischen Raumstation in den Weltraum geströmt. Die Russen hatten mit ihrer jahrelangen Erfahrung in der bemannten Raumfahrt sofort eine Notlösung parat gehabt: das Leck füttern. Zusätzlicher Sauerstoff wird in das Modul gepumpt, um den Druck anzuheben. Dadurch gewannen sie nicht nur wertvolle Zeit; möglicherweise konnten sie das Tempo des Druckabfalls auch so weit herabmindern, dass die Luke sich schließen ließ.
    Nikolai kam mit zwei Sauerstofftanks ins Labor zurückgeschwebt. Hastig drehte er die Ventile bis zum Anschlag auf. Selbst durch den Höllenlärm der Sirenen hindurch konnten sie das Zischen des entweichenden Gases hören. Nikolai warf beide Tanks in Node 2
. Das Leck füttern.
So sorgten sie für einen Druckanstieg auf der anderen Seite der Luke.
    Wir lassen allerdings auch Sauerstoff in einen Raum strömen, in dem sich ein beschädigtes Strom führendes Kabel befindet,
dachte Emma.
Die Funken. Das kann zu einer Explosion führen.
    »Jetzt!«, rief Nikolai. »Versucht die Luke zu schließen!«
    Luther und Griggs packten gemeinsam den Griff und begannen zu ziehen. Sie würden nie erfahren, ob es an ihren vereinten letzten Kräften gelegen hatte oder daran, dass es ihnen gelungen war, den Druckabfall auf der anderen Seite zu bremsen; jedenfalls begann sich die Klappe langsam zu schließen.
    Sobald sie einrastete, verriegelte Griggs sie.
    Einen Moment lang hingen er und Luther einfach nur schlaff in der Luft, zu erschöpft, um ein Wort zu sagen. Dann drehte Griggs sich zu den anderen; sein schweißnasses Gesicht glänzte im flackernden Licht.
    »Jetzt stellen wir erst mal diesen Scheißlärm ab.«
    Der Laptop schwebte immer noch in Node 1, wo er ihn zurückgelassen hatte. Er tippte hastig eine Reihe von Befehlen ein, während er gebannt auf den leuchtenden Monitor starrte. Zur allgemeinen Erleichterung brach das Sirenengeheul abrupt ab. Auch die roten Blinklichter erloschen, und zurück blieb nur ein schwaches gelbliches Leuchten, das von den Alarmkonsolen ausging. Endlich konnten sie sich unterhalten, ohne zu schreien.
    »Luftdruck ist wieder auf sechshundertneunzig und steigt weiter«, verkündete Griggs und lachte erleichtert auf. »Sieht aus, als wären wir aus dem Schneider!«
    »Warum haben wir immer noch eine Stufe-3-Warnung?«, fragte Emma und wies auf das gelbe Licht auf dem Bildschirm. Eine Stufe-3-Warnung konnte dreierlei bedeuten: Ihr Reserve-Steuerungscomputer war defekt, eines ihrer Gyrometer zur Bewegungskontrolle war ausgefallen, oder sie hatten die SBand-Funkverbindung zur Bodenkontrolle verloren.
    Griggs drückte noch ein paar Tasten. »Es ist das S-Band. Es ist weg. Die
Discovery
muss unseren P-1-Träger getroffen und die Antenne abgerissen haben. Sieht aus, als hätten sie auch unsere Backbord-Sonnensegel abgebrochen. Wir haben ein Photovoltaik-Modul eingebüßt. Deshalb haben wir auch immer noch einen teilweisen Stromausfall.«
    »In Houston drehen sie sicher schon durch, weil sie nicht wissen, was hier vorgeht«, sagte Emma. »Und jetzt können sie uns nicht erreichen. Was ist mit der
Discovery?
Wie ist es denen ergangen?«
    Diana, die schon am Funkgerät herumdrehte, sagte: »Die
Discovery
antwortet nicht. Vielleicht sind sie außerhalb des UKW-Bereichs.«
    Oder sie waren alle tot und konnten deshalb nicht antworten.
    »Kriegen wir die Beleuchtung wieder hin?«, fragte Luther. »Wenn wir die Primärenergieversorgung über Kreuz verlegen?«
    Griggs haute wieder in die Tasten. Das Schöne am Konzept der ISS war unter anderem die eingebaute Redundanz. Jeder ihrer Stromkreise war dafür ausgelegt, bestimmte Nutzlasten mit Elektrizität zu

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