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In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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gewesen sein, ich glaube, ich war neun -, verhedderte sich mein Hund Blackie in dem Zeug, als er versuchte, zu mir auf dem Floß zu schwimmen.«
    Dave verstummte und kaute auf seinem Grashalm. Die Sonne ging fast unter, die Schatten der Pappeln fielen weit über den ausgetrockneten Teich. »Blackie war hauptsächlich Labrador«, sagte er. »Pop hat ihn mir geschenkt, als ich zur Welt kam, und irgendwie war das ungeheuer wichtig für mich. Vielleicht blieb er deshalb mein Hund, obwohl ich ihn nur noch im Sommer sah, als ich sechs wurde und Ma und ich fortzogen. Wir hatten in Tulsa keinen Platz für ihn. Trotzdem war es, als würde er das ganze Jahr auf diese zehn Wochen im Sommer warten. Ich weiß nicht, warum es so wichtig schien, daß er und ich gleich alt waren, daß er fast zur gleichen Zeit wie ich zur Welt gekommen war, aber das war es.
    An diesem Tag hatte ich nun meine morgendlichen Arbeiten erledigt und lag halb eingeschlafen auf dem Bauch auf dem Floß, als ich Blackie zum Floß schwimmen höre, plötzlich ist das Geräusch verstummt, ich schaue auf und kann keine Spur von ihm sehen, nur Wellen. Ich wußte sofort, was passiert sein mußte, die Schlingpflanzen, und ich tauchte ohne nachzudenken nach ihm. Ich hörte, wie Pop mir aus der Scheune etwas zurief, als ich nach oben kam, aber ich tauchte wieder, drei-, vielleicht viermal, zwängte mich zwischen die Schlingpflanzen, wurde da unten eingeklemmt, strampelte mich frei und versuchte es wieder. Man konnte nichts sehen, und der Schlamm allein packte einen am Knöchel und versuchte, einen nach unten zu ziehen. Als ich das letzte Mal nach oben kam, hatte ich das stinkende Wasser in der Nase und war voller Schlamm und konnte Pop sehen, der mich vom Ufer anschrie, aber ich ging wieder runter, und als mir gerade die Luft ausging und die Schlingpflanzen sich völlig um mich gewickelt hatten und ich sicher war, daß es keinen Zweck mehr hatte, es noch weiter zu versuchen, da spürte ich Blackie unten am Boden, er zuckte nicht einmal mehr, und ich tauchte nicht auf, um Luft zu holen, sondern riß einfach weiter an den Schlingpflanzen und strampelte im Schlamm und hielt ihn die ganze Zeit fest, weil ich wußte, ich würde ihn nicht wiederfinden, wenn ich ihn nur einen Moment los ließ. Die Luft ging mir aus. Ich kann mich erinnern, daß ich etwas von dem stinkenden Wasser schluckte, aber ich wollte nicht ohne meinen Hund auftauchen. Und dann bekam ich uns irgendwie beide frei und zog ihn ans seichte Ende dort, und Pop schleppte uns beide ans Ufer und machte ein Aufhebens um mich, während er mich gleichzeitig anschrie, und ich hustete Wasser und weinte und versuchte, Blackie wieder zum Atmen zu bringen. Ich war sicher, daß er ertrunken war, er war so reglos und schwer und fühlte sich an, als wäre er voller Wasser. Er fühlte sich tot an. Aber ich drückte weiter auf seine Rippen, während ich selbst Wasser auskotzte, und der Teufel soll mich holen, wenn der Hund nicht plötzlich etwa vier Liter Wasser ausspuckte und winselte und wieder anfing zu atmen.«
    Dave nahm den Grashalm aus dem Mund und warf ihn weg. »Ich glaube, glücklicher bin ich nie gewesen«, sagte Dave. »Pop sagte, er wäre wütend auf mich, weil ich da reingesprungen war er drohte, mich zu verprügeln, sollte ich je wieder dort schwimmen gehen -, aber ich wußte, daß er stolz auf mich war. Einmal fuhren wir nach Condon, ich saß hinten auf dem Lieferwagen und hörte, wie er seinen Freunden davon erzählte, und ich wußte, er war stolz auf mich. Aber ich glaube nicht, daß ich deshalb so glücklich war. Weißt du, Richard, ich habe darüber nachgedacht, als ich Medevac in Vietnam geflogen habe und wußte, es ging um mehr, als nur Pop zufriedenzustellen. Ich haßte es, in Vietnam zu sein. Ich hatte fast ständig eine Scheißangst, und ich wußte, ich würde meiner Laufbahn einen Arschtritt verpassen, wenn sie herausfanden, was ich tat. Ich haßte das Wetter, den Krieg, die Insekten, alles. Und ich war glücklich. Ich dachte darüber nach, und mir wurde klar, daß es mich einfach glücklich machte, etwas zu retten, Menschen zu retten. Es war, als hätte sich alles im Universum verschworen, diese armen Kerle nach unten zu ziehen, und ich kam mit dem Hubschrauber daher und packte sie, und wir weigerten uns einfach, sie untergehen zu lassen.« Sie gingen am Haus vorbei zurück, stellten den Grill neben dem Jeep auf und bereiteten das Abendessen zu. Die Abendkälte machte ihnen in dem Augenblick zu

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