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In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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ersten. »Meldung, Houston«, sagte er, »LOS für Auffangen.«
    Sie gelangten auf einen Kamm hoch über dem Tal. Der Weg führte auf einem schmalen Streifen entlang, links Felsblöcke, rechts ein steiler Abgrund. »Positiv«, sagte Baedecker. »S.E.S.«
    »S.E.A.L.«, sagte Dave.
    Es waren mehr als sechs Meilen. Die Straße verlief auf unbewaldeten Graten entlang, senkte sich in ein schattiges Tal hinab und stieg wieder zu einem weiten, ausge-
     
    dehnten Ödland an, so daß es letztendlich eine halbe Stunde dauerte, bis Dave auf einen Schotterweg einbog und die Farm zu sehen war. Sie fuhren über eine baufällige Viehsperre und einen beifußüberwucherten Feldweg entlang, dann hielten sie vor einem leerstehenden Holzhaus an. Baedecker konnte eine Scheune und dahinter eine Gruppe kleinerer Schuppen erkennen.
    Sie gingen durch das trockene Gras zum Haus, wobei Baedecker jeden Zentimeter des Weges nach Schlangen Ausschau hielt. Dem Ranchhaus war anzusehen, daß es schon lange leer stand Fenster fehlten, in den meisten Zimmern war der Verputz von den Wänden gefallen, an der Treppe fehlte das Geländer, die rückwärtige Veranda war auf einer Seite eingestürzt -, aber man konnte auch erkennen, daß es mit Sorgfalt und Präzision erbaut worden war. Die Veranda verlief um drei Seiten des Hauses, die geschnitzten Holzarbeiten waren noch vorhanden, die Holztäfelung im Inneren machte einen penibel ausgeführten Eindruck, und die Steine des großen offenen Kamins waren eindeutig von Hand aufgeschichtet worden.
    »Wie lange steht es schon leer?« fragte Baedecker, als sie durch den verstreuten Verputz in der Küche schritten.
    »Pop ist '56 gestorben«, sagte Dave. »Unmittelbar danach hat es verschiedenen Familien gehört, aber die hatten nie die Chance, etwas daraus zu machen. Es ist verdammt schwierig, hier seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Pop konnte sich nie entscheiden, ob er Farmer oder Rancher sein wollte. Er hatte nicht genügend Wasser, um eine Farm aufzuziehen, und nicht genügend Weideland für eine Ranch.«
    »Wie alt warst du, als dein Vater gestorben ist?«
    Dave trank einen großen Schluck Bier und sah zum Küchenfenster hinaus. »Siebzehn«, sagte er. »Das war der erste Sommer, in dem ich nicht mit dem Zug hierher gefahren und geblieben bin. Ich hatte eine Freundin und einen Ferienjob in Tulsa. Wichtigeres zu tun.« Er warf die Bierdose ins Spülbecken. »Komm mit hinten raus. Ich will dir etwas zeigen.«
    Sie gingen an der Scheune und den kleineren Gebäuden vorbei. Die Scheune war, wie das Wohnhaus, für die Ewigkeit gebaut worden. Baedecker las den Herstellungsort auf den gewaltigen Scharnieren Libanon, Pennsylvania, Patentiert 1906. Sie überquerten eine Wiese, und Baedecker mußte gerade wieder an Schlangen denken, als Dave stehen blieb, auf eine große, kreisrunde Vertiefung in der Wiese deutete, und sagte: »Coot Lake.« Baedecker brauchte eine Weile, bis er es sah. Der Hügel, auf dem sie standen, wäre ein Teil des Ostufers gewesen, das verfaulte Holz unter ihren Füßen eine Rinne zum südlichen Teil des Bewässerungsgrabens, der den See mit Wasser versorgte, und die weggespülte Wölbung der Damm selbst. Fünfzig Meter entfernt, auf der anderen Seite des tieferliegenden Geländes, befand sich der andere Deich mit einem halben Dutzend staubiger Pappeln, die über den unkrautüberwucherten Hang des Westufers hingen.
    »Richard«, sagte Dave, »fragst du dich manchmal, wieviel deines Lebens du mit dem Versuch verbracht hast, die Toten zufriedenzustellen?«
    Baedecker trank Bier und dachte darüber nach, während Dave sich auf einen Stein setzte und einen langen Grashalm pflückte, um darauf zu kauen.
    »Ich glaube, wir unterschätzen, wieviel unseres Lebens wir damit verbringen, daß wir versuchen, den Erwartungen der Toten gerecht zu werden«, fuhr Dave fort. »Wir denken nicht einmal darüber nach, wir tun es einfach.« Er deutete auf eine Gruppe von Gräsern und Stauden zwanzig Meter entfernt auf der flachen Wiese. »Da hatten wir unser altes Floß angebunden. Das Wasser war dort nur zwei bis zweieinhalb Meter tief, aber ich durfte nicht auf der Südseite schwimmen, weil es dort von Schlingund Wasserpflanzen nur so wimmelte und man sich mit den Füßen darin verfangen konnte. Pop riß sie jedes Jahr heraus, aber sie waren jeden Sommer wieder da. Er hat einen seiner alten Jagdhunde da draußen verloren, bevor ich geboren wurde. Dann, eines Sommers es muß mein dritter Sommer hier draußen

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