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In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Dick?«
    Baedecker sah seinen Freund an. Er wußte, daß Tucker ein persönlicher Freund des Mannes war, der gerade die Wahlen gewonnen und Ronald Reagans Nachfolge angetreten hatte. »Gezielte Schläge gegen ihre Startrampen anzudrohen«, sagte Baedecker. Der gesamte Shuttleaufbau schien leicht im Abendwind zu schwanken, was Baedecker mit einem leichten Schwindelgefühl erfüllte.
    »Anzudrohen?« sagte Tucker mit einem grimmigen Lächeln.
    Baedecker, der aus seiner Jugend in Chicago und von seinen Jahren bei den Marines wußte, wie nutzlos Drohungen sein können, sagte: »Na gut, ich würde strategische Schläge gegen Baikonur und ihre anderen Startrampen führen.«
    »Ja«, sagte Tucker, und es folgte eine längere Stille, die nur vom Ächzen und Stöhnen des fünfundvierzig Meter durchmessenden Außentanks am Bauch der Fähre unterbrochen wurde. Tucker schaltete die Kathodenröhren ab.
    »Ich liebe das Cape, Dick«, sagte er leise. »Ich möchte nicht, daß es bei einem Spiel Auge um Auge in Fetzen gepustet wird.«
    In der plötzlichen Dunkelheit atmete Baedecker den Geruch von Ozon, Schmiermittel und Plastikpolymeren ein; der Cockpitgeruch, der Ozon, Leder und Schweiß verdrängt hatte. »Nun«, sagte er, »die Abrüstungsverhandlungen der letzten Jahre sind ein Anfang. Der Satellit, den Sie da hinten befördern, wird ein Maß an Überwachung ermöglichen, das noch vor zwanzig Jahren unmöglich gewesen wäre. Und ICBMs mit guten Verträgen abzublocken bevor die Waffen überhaupt gebaut werden -, scheint mir effektiver zu sein, als Milliarden Dollar teure Laser in den Orbit zu schaffen und zu hoffen, daß alles gut geht.«
    Tucker legte die Hände auf die Konsole, als wollte er mit den Handflächen die Daten und die Energie spüren, die schlafend dort ruhten. »Wissen Sie«, sagte er, »ich glaube, der gewählte Präsident hat im Wahlkampf eine Chance verpaßt.«
    »Wie das?«
    »Er hätte ein Abkommen mit dem amerikanischen Volk und den Russen treffen sollen«, sagte Tucker. »Für alle zehn Rubel, oder zehn Dollar, die eingespart werden, weil Missiles durch Verhandlungen beseitigt oder SDI zurückgeschraubt wird, hätten die Sowjets und wir zehn Dollar oder zehn Rubel in gemeinsame Weltraumprojekte investieren müssen. Wir sprechen hier von Milliarden und Abermilliarden Dollar, Dick.«
    »Mars?« sagte Baedecker. Als er und Tucker für Apollo ausgebildet worden waren, hatte Vizepräsident Agnew verkündet, Ziel der NASA sei es, in den neunziger Jahren Menschen auf dem Mars landen zu lassen. Nixon hatte sich nicht dafür interessiert, die trunkene Euphorie der NASA schwand bald wieder, und der Traum war bis zur Unsichtbarkeit geschrumpft.
    »Mit der Zeit«, sagte Tucker. »Aber vorher sollten wir die Raumstation raufbringen und eine dauerhafte Basis auf dem Mond errichten.«
    Baedecker stellte erstaunt fest, daß ihm der Atem bei der Aussicht stockte, Menschen könnten noch zu seinen Lebzeiten wieder zum Mond zurückkehren. Männer und Frauen, überlegte er stumm. Laut sagte er: »Und Sie wären bereit, das mit den Russen zu teilen?«
    Tucker schnaubte. »So lange wir nicht mit den Dreckskerlen schlafen müssen«, sagte er. »Oder in ihren Schiffen fliegen. Erinnern Sie sich noch an Apollo-Sojus?«
    Baedecker erinnerte sich. Er und Dave waren Mitglieder der ersten Gruppe gewesen, die das sowjetische Raumfahrtprogramm vor der Apollo-Sojus-Mission besichtigen durften.
    Er hatte immer noch Daves Bemerkung während des Rückflugs im Gedächtnis: »Mein Gott, Richard, das nennen sie den neuesten Stand der Technik! Wenn ich mir vorstelle, daß wir uns selbst und dem Kongreß Angst vor dem sowjetischen Weltraummoloch und der Supertechnologie gemacht haben, die sie entwickelt haben sollten, und was bekommen wir nun zu sehen? Freiliegende Nieten, elektronische Aggregate, so groß wie das alte Röhrenradio meiner Großmutter, und ein Raumfahrzeug, das kein Andockmanöver ausführen könnte, wenn es einen Ständer hätte.«
    Ihr schriftlicher Bericht war nicht ganz so drastisch formuliert gewesen, aber während der Apollo-Sojus-Mission hatte das amerikanische Raumfahrzeug sämtliche Rendezvousund Andockmanöver ausgeführt, und im Gegensatz zu den bestehenden Plänen die Besatzungen hatten zur Landung nicht die Kapseln gewechselt.
    »Ich will in ihren Schüsseln nicht fliegen«, sagte Tukker, »aber wenn eine Zusammenarbeit mit ihnen die NASA wieder in die Erforschung des Weltraums zurückbefördern könnte, könnte ich

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