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In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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fällt. Von einem Rückentournister, denkt er. Oder einem Fliegeranzug.
    »Ich war einer der ersten, die nach der Bruchlandung hier angekommen sind«, sagt der State Trooper. »Jamie und ich bekamen den Anruf, als wir gerade von Yale Richtung Westen fuhren. Der einzige Typ vor uns war dieser Geologe, der seine Blockhütte drüben am Goat Mountain hat.«
    Baedecker richtet sich auf. »War das Feuer groß?«
    »Als wir herkamen, nicht mehr. Der Regen muß es gelöscht haben. Hier oben gab es auch nicht viel zum Verbrennen. Außer dem Flugzeug natürlich.«
    »Hat es vor dem Absturz stark geregnet?«
    »Scheiße, ja. Wir konnten keine fünfzehn Meter weit sehen, als wir die Straße heraufgefahren kamen. Und ziemlich starker Wind. Wie ich mir immer einen Hurrikan vorgestellt habe. Haben Sie je einen Hurrikan gesehen?«
    »Nein«, sagt Baedecker, aber dann fällt ihm der Hurrikan im Pazifik ein, den er Dave und Tom vor dem Zünden der Triebwerke auf der Mondrückseite aus einer Höhe von zweihundert Meilen gesehen hatte. »Es war also schon dunkel und hat stark geregnet?« fragt er.
    »Ja.« Der Tonfall des Troopers verrät, daß er das Interesse verliert. »Sagen Sie mir eines. Der Mann von der Air Force Oberst Fields scheint der Meinung zu sein, daß Ihr Freund über dieses Gelände geflogen ist, weil er wußte, daß das Flugzeug runterkommen würde.«
    Baedecker sieht den State Trooper an.
    Der Mann räuspert sich und spuckt aus. Es hat aufgehört zu schneien, und der Boden, der noch sichtbar ist, kommt Baedecker im schwindenden Abendlicht noch grauer vor. »Wenn er wußte, daß das Ding Probleme haben würde«, sagt der Trooper, »warum ist er dann nicht einfach ausgestiegen, als er die Maschine hier über dem Niemandsland hatte? Warum hat er sie gegen den Berg gesteuert?«
    Baedecker wendet den Kopf ab. Auf dem Highway unten haben mehrere Militärfahrzeuge, zwei Sattelschlepper und ein kleiner Kran bei Baedeckers gemietetem Toyota angehalten. Ein geschlossener Jeep mit jemand in der blauen Uniform der Luftwaffe am Steuer kommt bergauf gefahren. Baedecker läßt den Trooper stehen und geht dem Jeep bergab entgegen. »Ich weiß nicht«, sagt er zu sich selbst, aber die Worte sind so leise, daß sie im zunehmenden Wind und Motorenlärm des näher kommenden Fahrzeugs untergehen.
     
    »Wie weit ist es bis Lonerock?« fragte Baedecker. Sie fuhren auf der Twelfth Street in Salem nordwärts. Es war schon drei Uhr nachmittags.
    »Etwa fünf Stunden Fahrt«, sagte Dave. »Man muß auf der I-5 nach Norden bis Portland und dann die Schlucht entlang am Dalles vorbei. Dann sind es noch eineinhalb Stunden hinter Wasco und Condon.«
    »Dann werden wir erst dort sein, wenn es dunkel ist«, sagte Baedecker.
    »Nee.«
    Baedecker legte die Karte wieder zusammen, mit der er sich abgeplagt hatte, und zog eine Braue hoch.
    »Ich kenne eine Abkürzung«, sagte Dave.
    »Durch die Cascades?«
    »So könnte man sagen.«
    Sie bogen von der Turner Road auf eine Straße, die zu einem kleinen Flugplatz führte. Mehrere Firmenjets parkten vor zwei großen Hangars. Jenseits des ausgedehnten Vorfelds standen eine Chinook, eine Cessna A-37 Dragonfly mit Kennung der Air National Guard und eine alte C-130. Dave parkte den Cherokee in der Nähe des Militärhangars, holte ihr Gepäck von hinten und warf Baedecker eine gesteppte Daunenjacke zu. »Zieh das an, Richard. Es ist kalt, wo wir hinwollen.«
    Ein Sergeant und zwei Männer in Mechanikeroveralls kamen aus dem Hangar, als Dave näher kam. »Howdy, Oberst Muldorff. Alles vorbereitet und überprüft«, sagte der Sergeant.
    »Danke, Chico. Das ist Oberst Dick Baedecker.« Baedecker schüttelte dem Mann die Hand, dann schritten sie über den Asphalt zu der Stelle, wo die Mechaniker die Seitentür eines Helikopters zurückschoben, der hinter der größeren Chinook parkte. »Hol's der Teufel«, sagte Baedecker. »Ein Huey.«
    »Ein Bell Hu-W Iroquois für dich, Samtpfote«, sagte Dave. »Danke, Chico, wir übernehmen ab hier. Nate hat meinen Flugplan aufgezeichnet.«
    »Schöne Reise, Oberst«, sagte der Sergeant. »Schön, Sie kennenzulernen, Oberst Baedecker.«
    Als Baedecker Dave um die Maschine herum folgte, verspürte er ein flaues Gefühl in der Gegend des Solarplexus. Er war Dutzende Male in Hueys geflogen in den Anfangstagen der NASA-Ausbildung hatte er es auf fünfunddreißig Flugstunden oder mehr gebracht und hatte jede einzelne Minute verabscheut. Baedecker wußte, daß Dave Muldorff die

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