Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
verräterischen Maschinen liebte; viele von Muldorffs Trainingsflügen hatten in Helikoptern stattgefunden. 1965 war Dave zu Hughes Aircraft überstellt worden, um Probleme mit dem Prototyp ihres TH-55A-Trainers zu beseitigen. Der neue Helikopter neigte dazu, ohne Vorwarnung Schnauze voraus auf den Boden zu fallen. Die Untersuchungen führten zu vergleichenden Feldstudien über die Flugeigenschaften des älteren Bell HU-1, der bereits in Vietnam im Einsatz war. Dave wurde sechs Wochen nach Vietnam geschickt, um Testflüge mit den Armeepiloten zu unternehmen, die Berichten zufolge außergewöhnliche Dinge mit ihren Maschinen anstellten. Viereinhalb Monate später wurde er zurückbeordert, nachdem bekannt wurde, daß er gegen Honorar Kampfeinsätze mit einer Medevac-Einheit geflogen hatte.
    Dave hatte seine Erfahrung darauf verwendet, Hughes' Probleme mit dem TH-55A zu lösen, war aber als Folge seiner nicht genehmigten Flüge mit der 1st Cav bei der Beförderung übergangen worden. Außerdem erhielt er Schreiben von der Air Force und der Armee, daß er unter gar keinen Umständen die Gefahrenzulage für Kampfeinsätze verlangen könne. Dave hatte gelacht. Zwei Wochen vor seiner Abreise nach Vietnam hatte er erfahren, daß er für das Ausbildungsprogramm der NASA für Astronauten des Gemini-Folgeprogramms angenommen worden war.
    »Nicht schlecht«, sagte Baedecker, als sie die externen Checks durchgeführt hatten und sich ins Cockpit begaben. »Hast eine eigene Mühle für Wochenendausflüge. Ist das einer der Vorzüge, wenn man Kongreßabgeordneter ist, Dave?«
    Muldorff lachte und warf Baedecker die Checkliste für das Cockpit zu. »Klar«, sagte er. »Goldwater hatte seine Freiflüge mit der F-18. Ich habe meinen Huey. Natürlich ist es nützlich, daß ich hier draußen immer noch in aktiver Reserve bin.« Er gab Baedecker eine Baseballmütze, auf die die Abzeichen ›AIR FORCE l l/2‹ gestickt waren. Baedecker setzte sie auf und zog den Kopfhörer des Funkgeräts über. »Außerdem, Richard«, fuhr Dave fort, »wird es dich als besorgten Steuerzahler vielleicht beruhigen, daß dieser spezielle Schrotthaufen in Vietnam Dienst getan, zehn Jahre lang Wochenendkämpfer durch die Gegend geflogen hat und inzwischen offiziell auf der Ersatzteilliste steht. Chico und die Jungs halten ihn bereit, falls jemand mal schnell nach Portland muß, um Zigaretten zu holen, oder so.«
    »Ja«, sagte Baedecker. »Toll.« Er schnallte sich auf dem linken Sitz an, während Dave den Steuerknüppel bewegte und mit der linken Hand nach unten griff, um den Starter an der Kollektivsteuerung zu drücken. Es war das konstante Hin und Her zwischen den Steuersystemen gewesen Steuerknüppel, Rotorblattverstellung, Ruderpedale und Schubdrosselung -, das Baedecker Anfälle verschafft hatte, als er vor zwanzig Jahren gezwungen gewesen war, selbst diese perversen Maschinen zu fliegen. Im Vergleich mit den Helikoptern des Militärs war die Apollo-Mondlandefähre einfach zu bedienen gewesen.
    Die Gasturbine heulte auf, der HochgeschwindigkeitsStartermotor surrte, die beiden fünfzehn Meter langen Rotorblätter begannen sich zu drehen. »Yowzuh!« rief Dave über Bordfunk. Verschiedene Skalen zeigten die passenden Werte an, während das Wupp-wupp-wupp der Hauptrotoren den Punkt fast körperlich spürbaren Drucks erreichte. Dave zog an der Rotorblattverstellung, worauf sich drei Tonnen in Ehren ergrauter Maschinerie von den Kufen erhoben und eineinhalb Meter über dem Asphalt schwebten.
    »Bist du bereit für meine Abkürzung?« Daves Stimme klang tonlos und metallisch über Bordfunk.
    »Zeig sie mir«, sagte Baedecker.
    Dave grinste, sagte leise etwas ins Mikrofon und neigte die Maschine selbstbewußt nach vorn, während sie ihren Aufstieg Richtung Osten begannen.
     
    San Francisco war an den zwei Tagen, die Baedecker und Maggie Brown dort verbrachten, regnerisch und kalt. Auf Maggies Vorschlag hin nahmen sie Zimmer in einem renovierten Hotel am Union Square. Die Flure waren spärlich beleuchtet und rochen nach Farbe, die Duschen auf gewaltige Badewannen mit Pfotenfüßen aufmontiert, und überall hingen die freiliegenden Leitungen des Löschsystems des Gebäudes. Baedecker und Maggie duschten nacheinander, um den Schmutz der achtundvierzigstündigen Zugfahrt abzuwaschen, legten sich hin, um ein Nickerchen zu machen, schliefen statt dessen miteinander, duschten noch einmal und traten in den Abend hinaus.
    »Ich bin noch nie hier gewesen«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher