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In der Stille der Nacht - Thriller

In der Stille der Nacht - Thriller

Titel: In der Stille der Nacht - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Mina
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Privatschulen geschickt und Aleesha kam auf die Gesamtschule, haben Sie das nicht gewusst?«
    »War das Geld alle?«
    »Nein. Mädchen brauchen keine Ausbildung, hat er behauptet. Wo sind wir denn? Im 19. Jahrhundert oder was?«
    »Sie sind anderer Meinung?«
    »Sie liest ganz alleine alle meine Bücher, meine Lehrbücher von der Uni. War die letzten drei Monate nicht in der Schule und hat trotzdem noch die allerbesten Noten in der Prüfung gehabt. Die Schule will, dass sie weitermacht. Sie hebt den Schnitt ihres kompletten Jahrgangs.«
    »Hat sie einen Freund oder Freunde, die ihr geholfen haben könnten?«
    »Nein.« Er war sicher. »Sie sitzt in ihrem Zimmer und lernt, liest die meiste Zeit, kommt nur raus und sieht fern, wenn sonst keiner da ist.«
    »Besucht sie die Moschee?«
    »Sie ist Atheistin.« Er war so beeindruckt von ihr, dass er es nur flüstern konnte.
    »Aber mit Ihrem Vater versteht sie sich nicht.«
    »Er meckert nur an ihr herum.«
    »Ist er so streng?«
    »Total! Ruft vom Laden aus an, jede Stunde, will wissen, was wir machen und verlangt, dass wir damit aufhören und was anderes machen.« Omar klang nicht verbittert, sondern liebevoll, sehnsüchtig, als würde er die Anrufe vermissen.
    »Und er ist sehr religiös?«
    »Hm, ja, jetzt schon. Früher nie so richtig, hat uns auf die
Katholische Schule geschickt, aber Billal hat sich in die Religion reingekniet und dann fuhr Nugget plötzlich auch drauf ab. Ich glaube, na ja …«
    »Was, na ja?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Vielleicht ist das so, wenn man älter wird. Man hat das Gefühl, dass sich die Familie von einem entfernt. Die Religion haben sie alle gemeinsam. Ich muss jetzt mitziehen, das ist die Bedingung dafür, dass er mir hilft.«
    Jedes Mal wenn Omar sein Unternehmen erwähnte, spürte sie, dass es Bannerman durchzuckte. Eigentlich sollte das sein großes Verhörfinale werden, aber dass Omar ständig selbst darauf zu sprechen kam, fand Morrow ebenso interessant, wie die albernen Zahlen in den Umsatztabellen. Es bedeutete, bei dem Geschäft ging es um nichts. Auch darüber sollte man sich unterhalten.
    »Warum ist Billal religiös geworden?«
    »Weiß nicht.« Omar wich ihrem Blick aus. »Einfach so.«
    »Wann?«
    »Vor zwei Jahren oder so.«
    »Mit 9/11 und den Folgen hatte das nichts zu tun?«
    »Nein.« Omar klang überzeugt. »Das war viel später. Ehrlich gesagt, bin ich seit 9/11 nicht mehr so oft aus religiösen Gründen beschimpft worden wie davor, aber vielleicht lag das auch daran, dass ich nicht mehr jeden Tag in einer grüngoldenen Uniform in die Schule gegangen bin.«
    Grün und Gold, die katholischen Farben. Die Schule könnte die Kinder genauso gut mit einem Schild mit der Aufschrift »Schlag mich« auf dem Rücken nach Hause schicken.
    Morrow lächelte. »Mussten Sie deshalb was einstecken?«

    »Verdammt und wie, andauernd! In der Bahn haben Jungs mit angezündeten Streichhölzer auf uns gezielt.«
    »Also vor zwei Jahren wurde Billal religiös und ihr Vater hat sich ihm angeschlossen?«
    »Ja, und er fährt total drauf ab. Glaubt, dass es uns als Familie zusammenschweißt, aber …« Und plötzlich saß der verängstigte Sohn vor ihnen, mit krummem Rücken und bebendem Kinn, er hatte Angst um seinen Vater und war erschrocken, weil er vielleicht eine Rolle bei dessen Entführung gespielt hatte. Er saß immer gebückter bis seine Nase nur noch zwei Zentimeter über der Tischplatte hing, und vergrub sein Gesicht in den Händen. Dann raufte er sich die Haare, hielt den Kopf über dem Tisch, rang zwischen strömenden Tränen um Atem.
    Bannerman rückte seine Krawatte zurecht. Die Anwältin blätterte in ihren Notizen. Nur Morrow beobachtete den Jungen, dessen Rücken sich hob und senkte und dem es endlich gelang, einmal tief Luft zu holen. Er konnte keinen von ihnen ansehen. Mit den Händen wischte er die feuchten Tränen weg, erst rechts, dann links. Zwischen zwei Fingern hielt ihm die Anwältin ein Taschentuch hin, ohne ihn dabei anzusehen. Mit ihrem Verhalten signalisierte sie ihm, dass er sich fangen und sie nicht länger in Verlegenheit bringen solle, indem er einen derartigen Aufruhr in ihre Arbeit brachte.
    Omar nahm das Taschentuch. »Ich bin nicht so scharf drauf … wissen Sie … bin nicht so gläubig. Ich saß draußen im Wagen, als die Gangster kamen, weil … Mo und ich die Ramadan-Gebete früher beendet hatten. Ich wusste, wenn ich zu früh nach Hause komme, ist Nugget stocksauer … also haben wir

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