In der Stille der Nacht - Thriller
gewartet bis es Zeit war, so dass er denkt …«
Morrow fragte: »Wurde Billal von jemandem bekehrt?«
»Nein, nein.«
»Er ist einfach ganz spontan sehr religiös geworden?«
»M-hm.« Omar sah sie nicht an, schluckte, als hätte er etwas sagen wollen, es sich dann aber anders überlegt. Stattdessen sprach er lieber wieder von sich: »Ich bin nicht so gläubig.«
Bannerman holte tief Luft, als wollte er das Wort ergreifen, aber Morrow kam ihm zuvor: »Ihr Vater wollte, dass Sie Anwalt werden?«
Omar wirkte erstaunt, obwohl der Gedanke nahelag. »Ja, das wollte er.«
»Aber Sie haben sich nie beworben?«
»Nein. Das war nichts für mich.«
»Wir haben Tormod MacLeòid kennengelernt.« Morrow hob eine Augenbraue.
»Ja, dann verstehen Sie vielleicht, warum mir die Lust vergangen ist.«
»Sie widersetzen sich also in dieser Hinsicht durchaus den Wünschen Ihres Vaters, nicht aber in Hinblick auf die Religion?«
»Das ist ja auch was anderes, oder?«
»Inwiefern?«
»Da geht es darum, ihm zuliebe dazuzugehören. Nugget gehört nirgendwo groß dazu, er hatte es schwer im Leben … ich möchte es ihm recht machen. Er ist mein Vater, er finanziert meine Geschäfte, aber naja, Ramadan, das sind zwei Stunden Gebet am Abend …«
Bannerman konnte sich nicht länger zurückhalten. »Omar, womit haben Sie sich selbstständig gemacht?«
»Autoimport.«
»Autos?«
»Ja, Klassiker. Die halten hier nicht lange wegen des Wetters. Man kann sie zum Beispiel aus Spanien oder Italien importieren. Für einen Bruchteil des Preises. Wenn man sie hierherschafft, macht man einen Riesengewinn.«
»Wie viel kostet die Verschiffung?«
»Ich weiß es nicht. Die Reedereien sagen einem das nicht, es sei denn man hat wirklich etwas zu importieren, aber ich habe im Internet einen echten Unterschied zwischen dem Markt und den Preisen entdeckt, also zwischen hier und da. Da kann man pro Wagen ungefähr drei- oder viertausend verdienen.«
Bannerman grinste spöttisch. »Was, wenn das Verschiffen genau so viel kostet?«
Offensichtlich war Omar auf diese Idee noch nicht gekommen. Er zuckte erschöpft mit den Schultern. »Das kann nicht sein.«
Morrow schaltete sich ein. »Kann nicht sein?«
»Ja, so viel kann es nicht kosten.«
»Warum nicht?«
Er zuckte mit den Schultern. »Weil … weil’s einfach nicht so viel kosten kann.«
Sie dachte an Billal. »Warum hat uns Ihr Bruder erklärt, Sie würden Silikonchips importieren?«
Omar lachte kurz schnaubend auf. »Silikonchips?«
»Er dachte, Sie würden Chips importieren.«
»Billal … wir reden nicht über Geschäftliches.« Er wirkte ein bisschen genervt.
»Warum haben Sie Steuerformulare auf ihrem Computer eingescannt?«
»Ah, ich weiß, dass bei der Gründung eines Unternehmens
eine Menge Papierkram anfällt, ich hab nur ein bisschen rumgespielt. Hab da so ein Komlettpaket bestellt, Gehaltsabrechnungen, Steuerformulare, das war da alles gleich mit dabei. Ich hab nur ein bisschen rumgesponnen.« Er runzelte die Stirn. »Warum?«
»Hat Ihr Vater den Schuppen gekauft?« Bannerman sah Morrow an.
»Ja. Wir sind zusammen in den Laden gefahren und da hat er mir auch das Komplettpaket gekauft.«
Sie hatte noch nie von einer so wenig durchdachten Geschäftsidee gehört, aber Omar war scheinbar überzeugt, dass es funktionieren würde. Ihr fiel auf, dass Omar längst nicht das kriminelle Superhirn war, für das sie ihn gehalten hatten, trotzdem war er eindeutig nicht auf den Kopf gefallen.
Morrow griff ein. »Omar, wie kommt es, dass Sie sich einen Lamborghini leisten können?«
Die Anwältin wandte sich abrupt zu Omar um, und er geriet in Panik. »Lamborghini?«
»Der Lamborghini«, sagte Morrow ruhig und genoss es. »Wie kommt es, dass Sie sich den leisten können und sich von Ihrem Vater einen Schuppen kaufen lassen müssen?«
»Na ja«, er hustete, »der Lamborghini …« Er kratzte sich im Gesicht. »Verstehen Sie, die Sache ist die …«
Die Anwältin beugte sich zu Morrow vor. »Ich beantrage eine Unterbrechung.«
»Wir haben gerade erst angefangen.«
»Wir brauchen jetzt eine Pause.«
»Okay. Dann machen wir zehn Minuten Pause.« Bannerman notierte die Zeit und schaltete das Aufnahmegerät aus.
Die Anwältin stand auf. »Omar und ich gehen einen Augenblick in den Gang hinaus.«
»Tun wir das?«
»Ja«, befahl sie. Omar stand auf und trottete hinter ihr her. Er wirkte ängstlich.
Bannerman und Morrow saßen am Tisch, kamen sich wie Sieger vor, während Omar
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