In der Stille der Nacht - Thriller
sei er derjenige, der das Verhör führe und nicht sie.
Sie erklärte sich bereit, die Plätze zu tauschen und setzte sich an den Rand, packte Papiere und Stifte aus. Omar setzte sich an die Wand, rutschte verlegen auf seinem Stuhl herum, knetete seine Hände nervös unter dem Tisch und legte sie dann wieder auf die Tischplatte. Morrow beobachtete ihn aus dem Augenwinkel. Er wirkte nicht unverhältnismäßig nervös, nicht nervös wie ein Schuldiger, sondern fühlte sich einfach nur der Situation entsprechend unwohl.
Als Alleinherrscher über die Versammlung setzte sich Bannerman als Letzter an den Tisch. Er stand hinter seinem Stuhl, knöpfte sich das Jackett auf, öffnete es und schob es zurück, als wollte er seine Schusswaffe griffbereit haben. Er sah Omar an, der unschuldig zurückblickte und verlegen grinste. Dann setzte sich Bannerman.
Er und Morrow machten sich an Kassetten zu schaffen, legten welche ein, schalteten die Maschine ein und warteten auf das Piepen, das ihnen mitteilte, dass die Aufnahme begonnen hatte. Bannerman sprach die Namen der Anwesenden auf Band, das Datum und ließ die Anwältin ihren Namen sagen.
Die Anwältin war jung, eine hübsche Blondine mit unglaublich viel Make-up im Gesicht. Schimmernd rosafarbenes Rouge lag in dicken Streifen auf ihren Wangen und ihre Wimpern waren schwarz verklebt.
Omar sah noch dünner aus als gestern, aber das lag an seiner Kleidung. Heute trug er keine weiten Sachen mehr, wie den traditionellen Anzug, den er am Vortag getragen hatte, sondern westliche Kleidung, ein schwarzes T-Shirt aus dicker Baumwolle und einem gelben »Diesel«-Schriftzug darauf. Es saß eng an seiner schmalen Taille und seinen breiten Schultern und die weite Jeans hing ihm lässig auf der Hüfte, wobei die weiße Unterhose unter dem Hosenbund hervorlugte. Er sah aus wie ein Model, nicht makellos schön, sondern eher wie eines jener gewagteren Models, die sich an der Grenze zum Hässlichen bewegten.
Als alle Platz genommen hatten, sah er auf und erkannte Morrow vom Vorabend wieder. »Ach, hallo«, sagte er mit offenen Augen und voller Hoffnung, freute sich, sie zu sehen, ganz und gar nicht wie ein Schuldiger.
Sowohl Bannerman wie auch die Anwältin legten zur Eröffnung des Gesprächs ihre Hände auf den Tisch. »Wir wollen uns um die Formalitäten kümmern«, lieferte die Anwältin das Stichwort und nickte Bannerman zu, der sich räusperte.
»Omar, im Zuge unserer Ermittlungen sind wir auf einige Tatsachen gestoßen und würden Ihnen gerne ein paar Fragen dazu stellen. In diesem Zusammenhang werden Sie hier festgehalten, und ich werde Ihnen jetzt Ihre Rechte vorlesen, okay?«
Omar antwortete: »Oh, na klar, ja, ja. Gut.« Und seine Anwältin erklärte, er sei in jeglicher Hinsicht zur Zusammenarbeit bereit.
Bannerman hielt ein in Plastik eingeschweißtes Blatt hoch und las langsam die förmliche Rechtsbelehrung vor. Zum Schluss sah er die Anwältin eindringlich an, um sicherzugehen,
dass sie es als Zeugin zur Kenntnis genommen hatte. Sie nickte unverbindlich. Bannerman fragte Omar: »Haben Sie das verstanden?«
»Ja, das hab ich, ja«, sagte Omar, der während des Vortrags mit den Gedanken offenbar woanders gewesen war.
»Nun, Omar, zunächst mal dies, gestern Abend haben sie ausgesagt, dass die Gangster einen gewissen …«
»Rob, ich weiß.« Omar schlug seine schmale Hand vor die Augen und krümmte sich. »Ich weiß, tut mir leid. Ich hab mit Billal geredet, und er hat mir gesagt, dass Sie wissen, dass nach Bob gefragt wurde. Tut mir leid.«
»… nicht so flapsig«, raunte ihm die Anwältin zu.
Omar fasste sich wieder und hielt ihnen seine geöffneten Hände flehend entgegen. »Nein, ich weiß, es tut mir wirklich leid … sehr leid. Wir haben nur gedacht, es wäre besser, wenn Sie diese Männer suchen, anstatt davon auszugehen, dass ich was damit zu tun habe.«
»Wann haben Sie sich verabredet zu lügen?«
Omar runzelte die Stirn, als hielte er Bannerman für unhöflich, weil dieser weiter auf dem Thema herumritt. Die Einzelheiten waren nicht wichtig, aber Morrow wusste, dass Bannerman jetzt das Kommando übernahm. Er wollte eindeutig klarstellen, dass er hier das Sagen hatte und sich Omar lieber nicht mit ihm anlegte.
Kalt wiederholte Bannerman: »Zu welchem Zeitpunkt haben Sie sich gestern Abend verabredet uns anzulügen?«
Omar senkte den Blick. »Gut, hm, nachdem wir die Polizei gerufen hatten. Als der Krankenwagen eintraf, kurz bevor der Krankenwagen
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