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In der Stille der Nacht - Thriller

In der Stille der Nacht - Thriller

Titel: In der Stille der Nacht - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Mina
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Moder und sah eine Reihe irrsinnig weißer Zähne vor sich. »Verstehe, verstehe«, sagte sie und versuchte ihre Gedanken zu zügeln, indem sie langsamer redete. »Wo ist sein Autohaus?«
    »Nein, er hat kein Autohaus.«
    »Kein Autohaus?«
    »Nein, nein«, Lily winkte ab. »Er ist nur Mittelsmann. Import /Export.«

36
    Pats Herz klopfte einen Bossanova, ein freudiges Bummbummbumm bei dem Gedanken daran, dass sie dort drinnen war, hinter den verschlossenen Holztüren, aufrecht im Bett saß, in Sonnenlicht getaucht, eine Braut, die auf ihren Bräutigam wartet und ihm mit schüchternem Lächeln auf den Lippen entgegensieht. Fast achtundvierzig Stunden waren vergangen, seitdem sie sich gesehen hatten, aber es kam ihm viel länger vor.
    Er hatte sich an den Fahrstühlen herumgedrückt, unsicher, ob es das richtige Stockwerk war, doch dann hatte er ihre Mutter, immer noch im Nachthemd mit einem Mantel darüber, auf sich zuwatscheln sehen. Er hatte sich abgewandt, sein Gesicht bedeckt und die Schilder an der Wand gelesen, bis sie vorbeigegangen war. Überall im Flur hingen Vorschriften: keine Handys, keine Besuche vor einer bestimmten Uhrzeit, keine Heißgetränke, kein dies, kein jenes. Er ging hinter ihr her bis zur Stationstür.
    Durch die Glasscheibe sah er, dass der Gang vor ihm leer war, geschrubbt, er glitzerte wie ein Fluss. Er nahm jede einzelne Empfindung ganz genau wahr, neigte den Kopf, setzte die Füße auf den Boden auf, griff nach der Tür und wollte sie aufstoßen.
    Abgeschlossen. Er drückte leicht mit den Fingerspitzen. Tatsächlich abgeschlossen, nicht nur festgeklemmt. Er sah
durch die Scheibe, konnte aber niemanden sehen. Es war auf jeden Fall die richtige Station, wenn die Mutter doch gerade hineingegangen war.
    »Niemand da?«
    Eine Frau stand hinter ihm, schlank, fünfzig, im Hosenanzug, Brille an einem goldenen Kettchen, sie trug verschiedene Mappen mit Papier in einem glänzenden gelben Umschlag. Er schenkte ihr sein schönstes Lächeln und zuckte mit der Schulter. Sie lächelte zurück, hob das Knie, um die Mappen besser auszubalancieren und tippte fünfmal die Null in das Eingabefeld. Die Tür schnappte auf und er berührte sie mit den Fingerspitzen, drückte dagegen und trat in den Gang auf der anderen Seite.
    Pat hielt der Frau mit ihren Mappen die Tür auf, und sie dankte es ihm mit einem einfältigen Lächeln und einem Blick auf seinen Körper.
    »Gibt nicht mehr viele Gentlemen«, sagte sie, als wäre sie von allen anderen im Stich gelassen worden.
    Pat lächelte erneut. Er hatte ihr die Tür aufgehalten, damit sie vor ihm durchging und ihn nicht beobachten konnte, wenn er sich umsah. Sie ging den Gang entlang, aufrecht mit schwingenden Hüften, war sich seiner vermeintlichen Blicke bewusst.
    Aber Pat sah nicht hin. Er sah von links nach rechts, in die Einzelzimmer mit den gelben halbzugezogenen Vorhängen. Eine stille Station. Eine alte Frau in einem Bett sah eine Talkshow in einem an der Wand befestigten Fernseher. Eine dicke Frau mit zwei eingegipsten Beinen lag schlafend dort, ihre Teenagertochter saß neben ihr und las eine Promizeitschrift.
    Der Gang machte eine Kurve und jetzt standen in jedem
Zimmer vier Betten, einzelne Abschnitte waren durch Vorhänge getrennt, die an Schienen hingen, viele davon waren halb zu oder nicht ganz vorgezogen worden. Er konnte sehen, wer in welchem Zimmer lag, aber er durfte nicht stehen bleiben und genau hineinsehen, falls ihn jemand fragte, wer er sei und was er dort zu suchen hatte.
    Als er ans Ende der Station kam, verließ ihn sein Mut. Zwei Toilettentüren bildeten das Ende des Gangs und er hatte sich überlegt, hinter einer der beiden Türen zu verschwinden, sich aufs Klo zu setzen und zu überlegen, was er tun wollte. In dem Moment sah er sie.
    Er blieb stehen, starrte durch das Fenster auf eine alte Frau, die alleine flach auf dem Bett lag. Sie hatte eine Sauerstoffmaske auf Nase und Mund, und er wusste ihr graues Aussehen zu deuten. Sie starb, wie Malki, alleine und verlassen.
    »Entschuldigung …?« Eine dicke Schwesternschülerin stand drei Meter von ihm entfernt und fragte sich, wer er sei.
    Pat zeigte auf das Fenster. »Wie lange …?«
    Er hatte gemeint, wie lange es noch dauert, bis sie stirbt, aber die Schwester hatte ihn falsch verstanden. »Mrs Welbeck ist seit fünf Tagen hier. Sie sind der …?«
    Pat wandte sich wieder zum Fenster und flüsterte: »Neffe?«
    »Oh je.« Sie legte den Kopf schief. »Tut mir sehr leid. Man hat

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