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In der Stille der Nacht - Thriller

In der Stille der Nacht - Thriller

Titel: In der Stille der Nacht - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Mina
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rumliegen haben.« Durch die Milchglasscheibe in der Haustür der Anwars sah sie Bewegungen, ein Taumeln von einer Seite des Flur auf die andere.
Sie stellte sich Szenarien vor, die erklären könnten, was sie sah: Jemand war eilig an das klingelnde Telefon gegangen, die Familie spielte ein Springspiel, jemand hatte im Sturzflug versucht, eine fallende Vase zu retten. Dann krachte allerdings ein massiger Körper gegen die Glasscheibe und ließ sie erzittern.
    Harris und Morrow sprangen aus dem Wagen und rannten den Gartenweg entlang, genau in dem Moment, als sich der Körper erhob und von der Tür entfernte. Harris prüfte, ob sich die Tür öffnen ließ und schrie: »Polizei! Polizei! Lassen Sie uns rein!«
    Sadiqa riss die Tür auf. Wie die erschrockene Assistentin eines Zauberers gestikulierte sie zum anderen Ende des Flurs hin.
    Omar saß auf dem Brustkasten seines Bruders und prügelte mit der schweren Telefonstation auf ihn ein. Billal war blutverschmiert, hielt sich beide Arme über das Gesicht und strampelte mit den Beinen, rammte seinem kleinen Bruder abwechselnd beide Knie in den Rücken. Omars Gesichtsausdruck waren die Schläge auf seine Nieren nicht anzumerken. Er hörte nicht einmal, wie Harris durch den Flur auf ihn zu kam. Völlig auf die eigene Bewegung konzentriert, hob er den schweren Telefonapparat und schlug zu, immer und immer wieder, wie ein wütendes Kind, das ein inzwischen verhasstes Spielzeug kaputt machen möchte.
    Harris riss ihm das Telefon aus der Hand und nahm Omar in den Würgegriff, zog ihn von seinem Bruder weg und auf die Füße. Der plötzlich befreite Billal sah auf, seine Nase blutete. Als er merkte, dass Morrow ihn beobachtete, wartete er einen Moment und fing dann an zu schreien: »Oh, Gott, mein Gott!« Er rollte sich von ihr weg, behielt sie dabei
aber im Blick, wollte offensichtlich erreichen, dass sie auf ihn zukam und sich um ihn kümmerte. Deshalb sah sie weg.
    Meeshra stand mit ausgestreckten Armen und vor Schreck starrem Blick in der Schlafzimmertür, hielt sich an beiden Seiten des Türrahmens fest. Morrow machte einen Schritt auf sie zu und nahm verwundert zur Kenntnis, dass sie zusammenzuckte. »Meeshra?« Hinter ihr gluckste das Baby, aber Meeshra rührte sich nicht. Sie versperrte den Eingang nicht um das Baby zu schützen. Meeshra schützte etwas anderes.
    Morrow hielt den Blickkontakt und ging auf sie zu, nahm die rechte Hand der Frau vom Türrahmen und sah das Entsetzen in ihrem Gesicht, als sie begriff, dass sie sich verraten hatte. Morrow ging zu dem einzigen Möbelstück in dem Zimmer, das groß genug war. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, ging in die Hocke und hob mit beiden Händen das Gestell des Divanbetts an. Die Matratze glitt zu Boden, der Lattenrost ließ sich leicht abheben. Sie hielt ihn sich über den Kopf und sah hinein.
    In Folie eingeschweißte Bündel mit rosa- und lilafarbenen Geldscheinen, so fest wie Backsteine lagen darin, so viele, dass sie die Menge in Zentimetern schätzen musste, hundertzwanzig Mal hundertfünfzig Zentimeter, knapp einen Meter hoch.
    Da es im Flur plötzlich ganz still geworden war, sah sie hinaus. Sadiqa, Harris und Omar starrten an Meeshra vorbei auf das Geld, bis sich Sadiqa mit ungeheurer Beweglichkeit für eine Frau von ihren Ausmaßen bückte, das Telefon vom Boden aufhob und ihrem ältesten Sohn in die Weichteile rammte.

    Da war die Schwester wieder und fragte ihn, ob er auf eine Tasse Tee in die Cafeteria gehen wollte; sie würde seiner Tante in der Zwischenzeit etwas Frisches anziehen, damit sie bei der Visite hübsch ordentlich aussah. Er könnte dann wiederkommen und mit den Ärzten sprechen.
    Pat setzte sich auf, betrachtete Minnies Hand und stellte fest, dass der Knöchel ihres Mittelfingers vom Druck seiner Stirn ganz weiß geworden war. Vorsichtig legte er die Hand wieder auf die Decke und setzte sich gerade. Sein Rücken schmerzte. Sein Gesicht war feucht und die Augen vom Weinen aufgequollen, weil er so lange vornübergebeugt dort gesessen hatte. Plötzlich kam er sich sehr dumm vor.
    »Ja, vielleicht mache ich das.« Pat stand langsam auf, versteckte sein Gesicht vor der Schwester. Sie reichte ihm eine Handvoll Kleenextücher. Er trocknete sich das Gesicht.
    »Lassen Sie sich Zeit«, sagte sie leise und ließ ihn allein.
    Pat ging in den Gang hinaus und schloss sich auf der Toilette ein. Er drehte den Hahn auf und beugte sich über das Waschbecken, schöpfte mit den Händen kaltes Wasser

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