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In der Stille der Nacht - Thriller

In der Stille der Nacht - Thriller

Titel: In der Stille der Nacht - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Mina
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in einem neutralen Paralleluniversum und trotzdem bezahlte er ihre kitschigen Grußkarten und Schlüsselanhänger mit Engeln daran mit von Angst, Schweiß und Entsetzen getränkten Scheinen. Alex hätte der Frau am liebsten eine runtergehauen und ihr gesagt, sie solle sich einen Scheißjob suchen.
    »Ja. Ist Dan da?«
    »Kommt in einem Miniminütchen runter.« Crystyl kicherte, ein nervöses Gelächter, das klang, als würde man Glasscherben auf einem dreckigen Bürgersteig unter hohen Hacken zermalmen. »Hm, möchtest du vielleicht einen Kaffee?«
    Angesichts der Alternative, entweder dort zu stehen und zu versuchen, Smalltalk zu betreiben oder sich der Prozedur zu unterwerfen, gemeinsam schweigend ein Getränk zuzubereiten, nickte Alex und folgte Crystyl durch das Wohnzimmer in die Küche.
    Der Wohnraum des Apartments war wunderschön: warmer gelblicher Sandstein über zwei Stockwerke mit einer Fensterfront, durch die man über den Fluss hinweg bis auf die irische See blicken konnte. Ein großes L-förmiges Sofa war zur Panoramaseite hin ausgerichtet. Die Einrichtung war in der ganzen Wohnung entweder gelb oder aus Stein, alle Möbel geschmackvoll wie in einer Musterwohnung und im Preis inbegriffen. Alex war vor Jahren einmal in Crystyls
Wohnung gewesen, als sie und Danny gerade zusammengekommen waren. Alex waren die ausschließlich pinkfarben gestrichenen Wände irgendwie obszön vorgekommen, als befände man sich in dem überdimensionalen Modell einer Vagina.
    Crystyl führte sie durch das Wohnzimmer in die Küche. In die abgesenkte Decke waren blendend helle Halogenlampen eingelassen. Glasartige schwarze Arbeitsflächen aus Granit glänzten im Raum und trafen auf einen massiven Kühlschrank mit doppelter Tür und einer Art Holzgiebel darüber, die ihn wirken ließen wie ein Mausoleum für Lebensmittel.
    »Ich mach dir einen richtigen Kaffee, in der Kaffeemaschine. Ich liebe richtigen Kaffee. Du auch?«
    Alex zuckte mit den Schultern.
    Crystyl, der nicht mehr einfiel, was sie noch über Kaffee sagen konnte, summte etwas ohne Melodie, um die entsetzliche, gereizte Stille zu füllen. Schweigen gehörte zu den grundlegendsten Verhörtechniken; Alex wusste, dass die meisten normalen, unschuldigen Menschen Lücken in der Unterhaltung schließen wollen. Menschen aus Glasgow würden sogar eher die eigene Mutter verraten, als mit einem Fremden schweigend zusammenzusitzen. Sie wollte nicht, dass Crystyl redete, aber ihr selbst fiel auch nichts ein.
    Crystyl ging zum Schrank und nahm eine ungeöffnete silberfarbene Dose mit Illy Kaffee heraus, sie zog den Plastikdeckel und die Metallfolie ab, und sah bestürzt in die Dose. »Oh«, sagte sie.
    »Was?«
    »Die ist falsch«, sagte Crystyl.

    Alex ging herüber und sah hinein. Kaffeebohnen. »Kannst du die nicht mahlen?«
    Sie betrachtete ihren Mixer. »Damit?«
    »Hast du keine Kaffeemühle?«
    Crystyl sah zu der Kaffeemaschine an der Wand. »Ist da eine eingebaut?«
    Das Ding hatte einen Knopf mit dem man warmes Wasser durch gemahlenen Kaffee drücken konnte und eine Düse zum Aufschäumen von Milch. Crystyl drückte ein paar Knöpfe und versuchte, die Symbole zu entziffern. Sie wurde nervös, öffnete ein Türchen in der Maschine und nahm einen Behälter mit Wasser heraus, das bereits gelb war, weil es nie jemand benutzt hatte. »Kommen die Bohnen da rein?«
    Während Alex Crystyl zusah, überfiel sie plötzlich aus dem Nichts heraus ein Gefühl von Mitleid für diese alberne Frau. »Ach, lass doch den Kaffee, ich trink eine Tasse Tee, wenn du eine mittrinkst.«
    »Aber ich trinke keinen Tee.« Crystyl sah auf, über Alex’ Schulter hinweg und ihr Gesicht klarte auf. »Hallo, Schatz.«
    Alex hatte Danny nicht hereinkommen hören. Er hatte bereits seine Jacke an und ließ den Autoschlüssel bedeutungsvoll um seinen Zeigefinger kreisen. Die Jacke war wegen der Kälte daunengefüttert und ließ ihn dicker wirken. Er sah darin aus, als hätte er eine lebenslängliche Haftstrafe im Gefängnis mit Gewichtheben verbracht. Sein rasierter Schädel und die lange Narbe auf seiner Wange entkräfteten diesen Eindruck nicht.
    »Was machst du hier?«, fragte er und versuchte, nicht zu lächeln.
    »Dich besuchen«, erwiderte sie und biss sich auf die Wange, damit sie es ebenfalls nicht tat.

    »Morgens um halb acht?«
    »Ich hatte Nachtschicht, war auf dem Weg nach Hause. Ich wollte dich sehen, bevor du in den Tag startest.«
    Er schürzte die Lippen. »Man verpasst sich leicht.«
    »Tut

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