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In der Stille der Nacht - Thriller

In der Stille der Nacht - Thriller

Titel: In der Stille der Nacht - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Mina
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finster an, weil er sich an der Nase gekratzt hatte, als der Mann vorbeiging. Er versteckte sich, verbarg sein Gesicht hinter einer Hand. Das tat er immer, wenn ihn jemand ansah. Es war eine der vielen Gesten, mit denen er sich verriet, genauso wie er immer zuerst nachdachte, bevor er zugab, irgendwo gewesen zu sein, oder auch, dass er sich beim Betreten eines Raums immer zuerst die Lage aller Türen einprägte.
    »Bin ich jetzt Informant?«

    »Nein.«
    Als Morrow den Kontakt zu ihrer Familie abbrach, hatte sie einen radikalen Schnitt gemacht. Es entsprach nicht ihrem Charakter irgendjemanden um Hilfe zu bitten, schon gar nicht Danny, und sie wusste, dass er so lange darüber nachdenken würde, weshalb sie zu ihm gekommen war, bis er es verstanden hätte. Aber sie verstand es ja selbst nicht.
    »Dad stirbt«, sagte er plötzlich unvermittelt.
    »Tut er das?«
    »Sie haben ihn aus dem normalen Gefängnistrakt auf die Sterbestation verlegt. Krebs. Meinten, es würde noch zwei, drei Monate dauern.«
    Sie nickte ihre Füße an. »Na und?«, sagte sie und merkte wie sehr sich ihre Lippen plötzlich anspannten. »Hat er nach uns gefragt?«
    »Nein. Weiß nicht.« Auch Danny nuschelte. »Wieso? Hast du was gehört, dass er nach dir gefragt hätte?«
    Sie lächelte abfällig. »Nein.«
    Auch Danny lachte. »Na, wieso fragst du dann?«
    »Weiß nicht, sagt man doch so, oder?«
    »Denke schon. Wenn er nur noch zwei Monate hat, bleibt ihm keine Zeit, alle seine Kinder zu sehen.«
    »Was meinst du, wie viele gibt es wohl von uns?«
    »Weiß nicht.«
    »Siehst du manchmal Leute und fragst dich, ob das seine Kinder sind?«
    Er grinste. »Nee. Du?«
    »Nein.« Er wusste, dass sie log und sie lächelten einander an.
    »Alles klar bei dir?«, fragte er so schnell, dass es fast wie ein Rülpser klang, so als könnte er es nicht abwarten, die Sorge loszuwerden.

    »Alles super!« Sie klang geschockt, obwohl sie eigentlich hatte fröhlich klingen wollen und sie korrigierte sich. »Alles klar.«
    »Der Junge.« Ihr Herz verkrampfte bis sie sah, dass Danny ihr Handy betrachtete. »Fragst du …«
    Sie zuckte mit der Schulter und merkte, dass sie außer Atem war. »Hab nur gedacht, du könntest mir helfen, weil’s in der Nähe ist, wo wir früher … unserem alten Viertel …«
    Sie konnte sich nicht überwinden, ihn anzusehen, fürchtete, er könnte Trauer in ihren Augen aufblitzen sehen.
    »Ich muss los«, sagte er, blieb aber stehen.
    »Ich auch«, sagte Alex, aber auch sie rührte sich nicht.
    Schließlich konnten sie es nicht mehr länger hinauszögern. Sie trat von ihm weg. »Alles Gute zum Geburtstag, Danny.«
    »Ja, danke.« Danny blieb, wo er war, sah ihr hinterher, bis sie um die Ecke und außer Sichtweite war. Seine Stimme hallte ihr nach. »Ruf mich an.«
    »Nein«, sie rümpfte die Nase und griff nach der Klinke der Tür zur Lobby. »Hab dir nichts zu sagen.«
    »Ruf mich an und erzähl mir, was mit Bob ist.«
    Alex ließ die Hand sinken und kam noch einmal um die Kurve zurück.
    Danny stand noch immer in die Ecke gezwängt, wo sie ihn hatte stehenlassen.
    »Bob?«
    »Bob.« Dan zeigte mit dem Finger auf das Handy in ihrer Hand. »Der kleine …«
    »Omar?«
    »Ja, auf der Straße wird er Bob genannt.«

14
    Es war Tag. Aamir wusste das ganz sicher. Draußen war es hell.
    Die vorangegangene Nacht hatte ihm so viel Angst gemacht und er hatte seine Muskeln so lange derart angespannt, dass er mitten in einem Gedanken, völlig erschöpft, die Hand seiner Mutter haltend, eingeschlafen war. Als er aufwachte, sabberte er in den Kissenbezug, der an seinem Gesicht klebte. Er setzte sich auf, zog den Kissenbezug gerade und merkte, dass er sich gar nicht mehr deutlich an die Nacht erinnern konnte.
    Sie waren sehr lange gefahren, waren von dem Transporter in einen Wagen umgestiegen, wieder eine weite Strecke gefahren, und er wusste, dass er Stunden von zu Hause entfernt war. Er könnte in den Highlands sein oder in Manchester oder sogar in London. Und da draußen, irgendwo jenseits des Stoffsacks über seinem Kopf, waren seine Kinder und seine Frau, sein neugeborener Enkel und Aleesha, die blutete oder vielleicht sogar tot war.
    Aleesha. Eine schlechte Tochter: verdorben, starrsinnig, ungehorsam. Er vergötterte sie. Das hatte sie alles von Sadiqa. Wegen ihrer Wut und Energie hatte er sich damals in ihre Mutter verliebt. Seine Lippen beteten, dass es ihr gutging, aber sein Herz hatte sich Gott gegenüber verschlossen.

    Omar hatte ihn

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