In der Südsee
jenes wunderbare Grün, das die Schönheit des Atolls von der See her ausmacht. Besonders die Kokospalme gedeiht prächtig auf diesem harten Boden, senkt ihr Wurzelwerk in das klare Brackwasser nieder und erhebt ihr grünes Haupt in die Winde, strotzend von Gesundheit und Anmut. Aber selbst der Kokospalme muß man in der Jugend durch künstliche Ernährung helfen, und an vielen Stellen des niedrigen Archipels pflanzt man mit jeder Nuß ein Stück Schiffszwieback und einen verrosteten Nagel ein. Der Pandanus ist der nächstwichtige Baum, ebenfalls prächtig tragend, und auch er entwickelt sich tapfer. Ein grünes Buschwerk, Miki genannt, wuchert überall, manchmal sieht man einen Purao, und es findet sich manches wertlose Unkraut. Nach M. Cuzent macht die Gesamtzahl der Pflanzenarten auf einem Atoll wie Fakarava kaum mehr als zwanzig aus, wenn diese Ziffer erreicht wird. Nirgendwo ein Grashalm, nirgendwo ein Körnchen Humus, es sei denn, daß ein oder zwei Sack importiert wurden, um eine Art Garten anzulegen, Gärten, wie sie in Städten auf dem Fensterbrett blühen. Das Insektenleben ist manchmal reich, eine Wolke von Moskitos und, was noch schlimmer ist. ein Schwarm von Fliegen, die unsere Nahrung beschmutzten, haben uns manchmal von einer Mahlzeit auf Apemama vertrieben, und selbst auf Fakarava waren die Moskitos eine Plage. Die Landkrabbe kann man zu ihrem Loch kriechen sehen, und während der Nacht belagerten Ratten die Häuser und künstlichenGärten. Die Krabbe ist gut eßbar, wahrscheinlich auch die Ratte, ich habe es nicht versucht. Die Pandanusfrucht wird auf den Gilbertinseln zu einem angenehmen Leckerbissen verarbeitet, wie man ihn am Schluß eines ausgedehnten Diners genießen mag. Als eigentliche Mahlzeit kann ich sie nicht schätzen, der Rest der Nahrung kann auf einer einsamen Insel wie Fakarava mit dem beliebten Inselwitz bezeichnet werden: Kokosnuß-Beefsteak, Kokosnuß grün, Kokosnuß reif, Kokosnuß mit Keimen, Kokosnuß zum Essen und zum trinken, Kokosnuß roh und gekocht, Kokosnuß heiß und kalt – das ist die Speisenfolge. Einige der Vorspeisen sind ohne Zweifel kostbar. Die keimende Nuß in der Schale gekocht und mit dem Löffel gegessen ist ein guter Pudding, Kokosmilch – der ausgepreßte Saft einer reifen Nuß, nicht das Wasser einer grünen – schmeckt gut zum Kaffee und ist eine wertvolle Zutat der Kochkunst in der ganzen Südsee, und Kokosnußsalat ist, wenn man Millionär ist und den Wert eines Kornfeldes als Nachtisch verzehren kann, ein Gericht, dessen man sich mit Wohlgefallen erinnert. Aber alles in allem herrscht Gleichförmigkeit, und die Israeliten der niedrigen Inseln murren über ihr Manna.
Der Leser könnte denken, ich habe die See vergessen. Die beiden Küsten sind sicherlich voll von Leben, und sie sind eigentümlich verschieden. In der Lagune wird das Wasser langsam seichter über dem Grund von seinem, schleimigem Sand, der von Bröckchen wachsender Korallen übersät ist. Dann kommt der Streifen Flutstrandes, auf dem leichter Wellenschlag spielt. In den Korallenwucherungen wächst üppig die große Muschel Tridacna; ein wenig tiefer liegen die Bänke der Perlenausterund segeln die strahlenden Fische, die uns bei unserer Ankunft entzückten, sie sind alle mehr oder weniger leuchtend gefärbt. Aber die anderen Muscheln sind weiß wie Kalk oder leicht rosafarben überhaucht in den zartesten Farben; viele von ihnen sind außerdem tot und vom Seegang stark beschädigt. Auf der Ozeanseite, in den Schluchten der steilen Küste, über die ganze Breite des Riffes, wo die Brandung tost, in jedem Spalt, unter jedem kleinsten Stück Koralle breitet sich eine unglaubliche Fülle des Wasserlebens aus in wunderbarster Mannigfaltigkeit und strahlendsten Farben. Es gibt keine Farbennuance des Riffes, die nicht von irgendeiner Muschel angenommen ist. Purpurn, rot, weiß, grün, gelb, gesteckt, gestreift und verwaschen: die lebenden Muscheln tragen in allen Schattierungen die Buntheit des toten Riffes – wenn das Riff wirklich tot ist –, so daß das Auge fortwährend verwirrt und der Sammler fortwährend getäuscht wird. Ich habe Muscheln für Steine und Steine für Muscheln gehalten, das eine sooft wie das andere. Die Koralle ist vorherrschend mit kleinen, roten Punkten gesteckt, und es ist wunderbar, wie viele Muschelarten diesen Brauch angenommen haben: die Verkleidung durch den roten Fleck. Eine Muschel, die ich in großen Mengen auf den Marquesas fand, war auch hier in jeder
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