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In die Nacht hinein: Roman (German Edition)

In die Nacht hinein: Roman (German Edition)

Titel: In die Nacht hinein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cunningham
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nicht gänzlich überraschen würden.
    Peter starrt ihn an, nicht wahr?
    »Kann ein ganzes Land nicht überzeugend sein?«, fragt er.
    »Ich habe nicht Japan gemeint. Ich habe mich gemeint. Ich war dort bloß ein Tourist. Ich konnte keinen Zugang finden.«
    Er hat diese Taylorsche Präsenz, das Ding, das sie alle machen (mit Ausnahme von Cyrus möglicherweise), ohne sich ganz darüber im Klaren zu sein. Die Fähigkeit … einen Raum zu beherrschen. Die Person zu sein, bei der andere fragen: Wer ist das?
    Missy ist zu einem bestimmten Zweck nach Japan gegangen, nicht wahr? Um irgendeine Reliquie aufzusuchen?
    Wo zum Teufel ist Rebecca?
    »Japan ist ein sehr fremdartiges Land«, sagt Peter.
    »Das hier auch.«
    Eins zu null für die unverblendete Jugend.
    »Bist du nicht hingefahren, um dir eine Art heiligen Felsen anzusehen?«, sagt Peter.
    Missy grinst. Okay, er ist nicht so selbstgefällig, wie er sein könnte.
    »Einen Garten«, antwortet er. »In einem Heiligtum in den Bergen im Norden. Fünf Steine, die von Priestern vor sechshundert Jahren dort aufgestellt wurden. Ich bin dagesessen und habe diese Steine fast einen Monat lang angeschaut.«
    »Wirklich?«
    Missy, veräpple keinen Veräppler. Auch ich war mal ein junger Romantiker, der zu viel Wirbel um sich gemacht hat. Einen Monat lang?
    »Und ich habe das bekommen, was ich erwartet hatte. Nämlich nichts.«
    Und jetzt: der Vortrag über die Überlegenheit der östlichen Kultur.
    »Überhaupt nichts?«
    »So ein Garten ist Teil einer Übung. Er gehört zu einem Leben in innerer Einkehr. Wie sich rausgestellt hat, kann man da nicht einfach hin und, ich weiß nicht. Einen Besuch abstatten.«
    »Würdest du ein Leben in innerer Einkehr führen wollen?«
    »Tja, da gehe ich gerade in mich.«
    Das ist eine Gabe der Südstaatler, nicht wahr – eine ungeheure Selbstachtung, durch Humor und Bescheidenheit abgeschwächt. Das ist mit dem Charme der Südstaatler gemeint, stimmt’s?
    Peter erwartet eine Geschichte, aber offenbar kommt keine. Stille kehrt ein und hält an. Peter und Missy sitzen da und blicken auf die Tischplatte. Das Schweigen nimmt eine gewisse Entschiedenheit an, wie jene Zeitspanne, in der sich herausstellt, dass eine Verabredung nicht gut läuft, dass sich doch nichts Verheißungsvolles ereignen wird. Wenn sich diese Verlegenheit nicht von selbst auflöst, wird sich zeigen, dass Peter und Missy – dieser Missy jedenfalls, dieser schwierige, in der ganzen Welt herumstöbernde Junge, der angeblich seit über einem Jahr clean ist – nicht miteinander klarkommen, dass Missy hier bei seiner Schwester wohnt und der Mann seiner Schwester es tolerieren wird, so gut er kann.
    Peter rutscht auf seinem Stuhl hin und her, blickt ziellos in die Küche. Okay. Sie werden keine Freunde werden. Aber sie müssen miteinander klarkommen, nicht? Ansonsten wäre es für Rebecca schwer. Er spürt, wie die Stille von fehlender Verbundenheit in Kampf umschlägt. Wer wird das Wort ergreifen – wer wird das Schweigen mit irgendeiner Lappalie brechen – und sich dadurch zum Verlierer erklären, zur Memme? Derjenige, der bereit ist, sich einen einleitenden Satz auszudenken.
    Peter schaut wieder zu Missy. Missy lächelt leicht, hilflos.
    Peter sagt: »Ich war in Kyoto, vor Jahren.«
    Und wirklicht, mehr ist nicht nötig. Nur eine kurze Erklärung, dass man bereit ist zu tanzen.
    »Die Gärten von Kyoto sind wundervoll«, sagt Missy. »Ich war auf dieses spezielle Heiligtum fixiert, weil es weit weg war. Als ob, du weißt schon. Als würde es heiliger, weil keine anständigen Hotels in der Nähe waren.«
    Irgendetwas an der nachlassenden Spannung bringt ihn dazu, Missy zu lieben, kurz und himmelhoch, so wie er sich vorstellt, dass Männer ihre Kameraden in der Schlacht lieben.
    »Und dem war nicht so«, sagt Peter. »Zuerst dachte ich, es wäre so. Es ist wahnsinnig schön. Es ist weit oben in den Bergen, dort liegt über ein halbes Jahr Schnee.«
    »Wo hast du gewohnt?« »Es gibt so’ne Art lumpige Pension in der Stadt. Ich bin jeden Morgen den Berg raufmarschiert und bis kurz vor Einbruch der Dunkelheit geblieben. Die Priester haben mich dort sitzen lassen. Sie waren so lieb. Es war, als wäre ich ihr dummes Kind.«
    »Du bist jeden Tag hingegangen und hast im Garten gesessen.«
    »Nicht drin. Es ist ein Trockengarten. Er besteht aus gerechtem Kies. Man sitzt auf der einen Seite und schaut ihn an.«
    Dieser Virginia-Tonfall hatte eine unbestreitbar betörende

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