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In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

Titel: In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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mir. Mit einem furchtsamen Ausdruck wich er einen Schritt zurück und sah erst Ted, dann mich lange an und schüttelte den Kopf.
    »Bleib ruhig hier«, raunte er mir zu. »Solange du willst.« Ein kleines Lächeln schien auf seinem harten Gesicht auf und machte es beinahe weich. »Ich warte drüben auf dich.«
    Während ich zusah, wie er sich umdrehte und fortging, und gleichzeitig einen verwirrten Blick von Ted auffing, wurde mir bewusst, dass ich nicht nur mit beiden Beinen auf je einem Kontinent stand. Ich lebte dazu noch in zwei verschiedenen Welten. Und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als diese beiden Welten zusammenzubringen und zu einer einzigen verschmelzen zu lassen.

55
    Meine Finger krampften sich um die Streben des Eisenzauns, während ich die verwitterte Fassade des Hauses in der Franklin Street anstarrte. Ich spürte die Blicke der anderen auf mir, spürte, wie sie darauf warteten, dass ich vorausging.
    Über Tage hinweg hatte ich mir den Mund fusslig geredet, während wir im Wipeout saßen, in Lori’s Diner, an den Tischen vor Starbucks, bei Holly in der Küche oder am Baker Beach. Unsere ersten Ferientage waren damit draufgegangen, dass ich mir mit Matt, Shane, Holly und Abby eine hitzige Diskussion nach der anderen geliefert hatte, während ich die Nächte damit verbrachte, Nathaniel genauso zu überreden. Und jetzt, da ich es geschafft hatte, uns hier zu versammeln, war ich plötzlich unsicher, und die Verantwortung für das, was passieren würde, sobald wir alle durch das Tor hindurchgegangen waren, lastete wie ein Betonblock auf meinen Schultern.
    »Gehen wir rein?«
    Ich sah auf. In schlabbrigen Trainingsshorts, Muscle-Shirt und Turnschuhen hatte sich Shane neben mich gestellt. Auf seiner dunklen Haut glänzte ein feiner Schweißfilm und in den Händen drehte er einen Lederball; er war direkt vom Bolzen mit seinen Sportkumpels hierhergekommen.
    »Von mir aus«, knurrte Matt, die Arme vor seinem T-Shirt gekreuzt.
    Fragend drehte ich mich zu Holly um, die heute mit Springerstiefeln, Army-Hose und pinkfarbener Bluse relativ dezent gekleidet war. Abby, wie immer komplett in Schwarz, stand neben mir und klammerte sich panisch an Holly fest; unter ihrem Make-up war sie kreidebleich.
    »Du musst nicht mit rein«, versuchte ich sie zu beruhigen.
    »Dass ihr mich dann allein hier draußen stehen lasst?!«, zischte sie. »Na, vielen Dank!«
    Ich schaute wieder nach vorne, holte tief Luft und schob das quietschende Tor auf. Hinter mir hörte ich die vier einer nach dem anderen die Stufen hinaufsteigen, über das Mäuerchen klettern und sich durch das Gebüsch zwängen.
    Wie verabredet, wartete Nathaniel hinter dem Haus auf uns, in dem nach allen Seiten von dichten Sträuchern und ausladenden Bäumen abgeschirmten Garten. Ich konnte gerade noch einen Blick auf ihn erhaschen, wie er mit geschlossenen Augen den Kopf in den Nacken gelegt hielt, als ob er das Wechselspiel von Sonnenlicht und bewegtem Blätterschatten auf seinem Gesicht genoss. Dann drehte er sich um und öffnete die Augen. Als er mich sah, leuchteten sie auf; sobald sein Blick auf die anderen fiel, verdunkelten sie sich.
    »Hi«, flüsterte ich, als ich zu ihm ging, und küsste ihn auf die Wange; dann wandte ich mich um und zeigte reihum auf die anderen. »Matt kennst du ja. Das ist Shane. Das da ist Holly – sie ist die Einzige von uns, die dich nicht sehen oder hören kann. Und das ist Abby.«
    Nathaniel nickte; seine Augen hefteten sich auf Abby, die unter seinem Blick zu schrumpfen schien.
    Ich atmete tief durch und drückte mich unwillkürlich enger an die Luftwirbel von Nathaniels Gestalt. »Danke, dass ihr mitgekommen seid. Mir wär’s an eurer Stelle sicher auch nicht leichtgefallen. Aber es ist eben so, dass …« Shit. Ich war mir nicht hundertprozentig sicher, ob es Nathaniel recht sein würde. Aber ich empfand es nun einmal so und mit hochgerecktem Kinn und festem Blick sah ich die anderen an. »Nathaniel und ich gehören einfach zusammen.«
    Innerlich atmete ich auf, als Nathaniel meinen Handrücken streichelte, aber beklommen sah ich zu, wie die anderen abwechselnd Nathaniel und mich, dann einander ansahen und dabei stumm blieben.
    Es war Nathaniel, der als Erster das Schweigen brach. Leise, fast behutsam, sprach er Abby an, aber sie fuhr trotzdem zusammen wie unter einem plötzlichen Donnerkrachen.
    »Du musst vor mir keine Angst haben. Ich werde dir nicht dasselbe antun wie diese andere verlorene Seele, das verspreche ich

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