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In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

Titel: In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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qualmenden Nüstern an.
    Ich machte große Augen. »Ein Drachentattoo?«
    »Cool, oder?« Matt verrenkte sich den Hals, um mir einen stolzen Blick zuzuwerfen. »Carson ist ein echter Künstler! Ich kann dir einen Führerschein oder Perso mit gefälschtem Geburtsdatum besorgen, falls du dir auch eins machen lassen willst.«
    »Der Drache bietet keinen hundertprozentigen Schutz«, erklärte Holly, »aber lässt die meisten Geistwesen zumindest erst mal auf Abstand gehen und sich vielleicht doch lieber jemanden ohne dieses machtvolle Tier auf der Haut suchen. – Pack deinen Astralkörper wieder ein, Honey, wir haben ihn gebührend bewundert.« Im Vorbeigehen tätschelte sie Matts Rippen, die sich genauso deutlich unter seiner Haut abzeichneten wie die Knubbel seiner Wirbelsäule.
    Grinsend ließ Matt die beiden Shirts wieder hinunterrutschen und hockte sich hin. »Ist nämlich kein Zufall, dass der Drache bei uns Chinesen seit Jahrtausenden als Glückssymbol gilt!«
    »Aber nun erzählt doch mal«, kam es von Holly, die das Fenster aufriss, sich auf das Fensterbrett schwang und sich eine Zigarette anzündete. »Wie ist er denn so, Ambers Geisterfreund?«
    Matt musterte mich aus schmalen Augen. »Ich mag ihn nicht.«
    Einen amüsierten Zug um die Mundwinkel, blies Holly den Rauch nach draußen. »Du bist doch wohl nicht eifersüchtig?«
    Mit offenem Mund starrte ich erst Holly an, dann Matt, der bis unter die gefärbten Haarwurzeln rot anlief. »Bullshit«, knurrte er übellaunig.
    »Sicher?«, neckte ihn Holly und baumelte mit den Beinen.
    »Das ist mir doch heute echt zu blöd mit euch«, bellte Matt, sprang auf und riss seine Sweatjacke von der Stuhllehne. »Gebt mir Bescheid, wenn man mit euch wieder normal reden kann!«
    Wutentbrannt stürmte er zur Küche raus und mit einem Knall flog die Wohnungstür hinter ihm ins Schloss. Ich fühlte mich wie vor den Kopf geschlagen – war Matt tatsächlich eifersüchtig auf Nathaniel? Bedrückt umklammerte ich meine Teetasse mit beiden Händen und überlegte, ob ich ihm nachlaufen sollte.
    »Magst du ihn denn?«, hörte ich Hollys Stimme hinter mir.
    Ich sah zu dem Stuhl hinüber, auf dem Matt gerade eben noch gesessen war, und hob die Schultern. »Ich kenne ihn ja noch nicht sehr lange … Irgendwie schon, ja.« Ich schaute Holly an. »Meinst du, ich soll schnell hinterher und mit ihm reden?«
    Holly machte große Augen, dann lachte sie ihr heiseres, derbes Lachen. »Geeez, Herzchen! Ich hab nicht Matt gemeint! Sondern deinen Geisterjungen – Nathaniel!«
    Ich starrte vor mich hin. Ich hatte Nathaniel gemocht, als ich noch nicht wusste, dass er ein Geist war; sehr hatte ich ihn da gemocht. Aber jetzt … jetzt war in mir ein solcher Wirrwarr aus Gedanken und Gefühlen, die ich einfach nicht auseinanderklamüsern, geschweige denn sortieren konnte, und ich hatte weder die Tatsache verdaut, dass ich wirklich Geister sehen konnte, noch dieses schauderhafte Erlebnis heute auf Alcatraz. Das Einzige, was ich vielleicht auf die Reihe bringen konnte, war die Sache mit Matt.
    Ich stand auf und griff mir meine Jacke. »Ich muss schauen, dass ich Matt noch erwische. Danke für den Tee.«
    Holly nickte und schnippte die Asche zum Fenster hinaus. »Sei bitte vorsichtig, Amber«, sagte sie dann leise und betrachtete ihre Plüschhausschuhe. »Mag sein, dass Nathaniel dir aus irgendeinem Grund tatsächlich nichts Böses will. Aber du darfst nicht vergessen, dass es genauso einen Grund gibt, warum er ein Geist ist. Ich habe noch nie gehört, dass sich dahinter etwas Gutes verbirgt.«
    Mittlerweile regnete es stärker; als ich aus der Haustür lief, um die Ecke bog und mich auf der leeren Sutter Street in alle Richtungen umschaute, durchtränkten die Tropfen meine Haare und liefen mir übers Gesicht. Mein Herz klopfte, als ich weit vorne einen roten Haarschopf leuchten sah, über den gerade eine Kapuze gezogen wurde, und ich rannte los. »Matt! Hey, Matt!« Hastig warf er mir über die Schulter einen Blick zu, schob die Hände in die Taschen seiner Sweatjacke und lief schneller vorwärts. »Matt! – Sorry«, schnaufte ich, als ich beinahe einen Mann mit Regenschirm umgerannt hatte, der plötzlich zwischen den parkenden Autos hervorkam. »Matt! Warte! Ich muss mit dir reden! Matt!«
    Als ich ihn fast erreicht hatte, machte er abrupt halt und fuhr herum. »Was?!«
    »Wegen gerade eben …«, keuchte ich. »Stimmt das – bist du … bist du eifersüchtig auf Nathaniel?«
    »So ein Blödsinn!«

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