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In einem anderen Land

In einem anderen Land

Titel: In einem anderen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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habe.»
    «Wozu kommen Sie her?»
    «Zum Wintersport. Wir sind Touristen und wollen Wintersport treiben.»
    «Dies ist kein Wintersportplatz.»
    «Das wissen wir. Wir wollen an einen Ort fahren, wo Wintersport getrieben wird.»
    «Was haben Sie in Italien gemacht?»
    «Ich habe Architektur studiert. Meine Cousine studierte Kunstgeschichte.»
    «Warum sind Sie von dort fort?»
    «Wir wollen Wintersport treiben. Solange Krieg ist kann man nicht Architektur studieren.»
    «Bleiben Sie bitte einstweilen hier, bis ich zurück bin», sagte der Leutnant. Er ging mit unseren Pässen in das Haus hinein.
    «Du bist fabelhaft, Liebling», sagte Catherine. «Bleib nur dabei, daß du Wintersport treiben willst.»
    «Weißt du was über Kunst?»
    «Rubens», sagte Catherine.
    «Groß und fett», sagte ich.
    «Tizian», sagte Catherine.
    «Tizianrot», sagte ich. «Wie steht's mit Mantegna?»
    «Nicht so schwer fragen», sagte Catherine. «Aber ich kenne ihn - sehr streng.»
    «Sehr streng», sagte ich. «Eine Menge Nagellöcher.»
    «Siehst du, ich bin eine großartige Frau für dich», sagte Catherine. «Ich werde mit deinem Zollbeamten über Kunst reden können.»
    «Da kommt er», sagte ich. Der dünne Leutnant kam die Langseite des Zollhauses herunter und hielt unsere Pässe in der Hand.
    «Ich muß Sie nach Locarno schicken», sagte er. «Sie können einen Wagen nehmen und ein Soldat wird Sie dorthin begleiten.»
    «Schön», sagte ich. «Und was wird aus dem Boot?»
    «Das Boot ist beschlagnahmt. Was haben Sie in den Taschen?»
    Er kramte die beiden Taschen durch und hielt die Literflasche mit Cognac in die Höhe. «Trinken Sie vielleicht einen mit mir?» fragte ich.
    «Nein, danke.» Er nahm Haltung an. «Wieviel Geld haben Sie?»
    «2500 Lire.»
    Er war günstig beeindruckt. «Wieviel hat Ihre Cousine?»
    Catherine hatte etwas über zwölfhundert Lire. Der Leutnant war zufrieden. Seine Haltung gegen uns war jetzt weniger hochmütig.
    «Wenn Sie zum Wintersport wollen», sagte er, «ist Wengen das Richtige. Mein Vater hat ein sehr gutes Hotel in Wengen. Es ist immer geöffnet.»
    «Das ist großartig», sagte ich. «Können Sie mir sagen, wie er heißt?»
    «Ich werde es Ihnen auf eine Karte schreiben.» Er reichte mir sehr höflich die Karte.
    «Der Soldat wird Sie nach Locarno bringen. Er wird Ihre Pässe behalten. Ich bedauere dies, aber es ist notwendig. Ich hoffe aber bestimmt, daß man Ihnen in Locarno ein Visum oder einen polizeilichen Ausweis geben wird.»
    Er reichte dem Soldaten die beiden Pässe. Ich trug die Taschen, und wir machten uns ins Dorf auf, um einen Wagen zu bestellen.
    «Hei», rief der Leutnant dem Soldaten zu. Er sagte etwas in einem deutschen Dialekt zu ihm. Der Soldat nahm sein Gewehr über den Rücken und ergriff die Reisetaschen.
    «Es ist ein fabelhaftes Land», sagte ich zu Catherine.
    «Und so praktisch.»
    «Danke vielmals», sagte ich zu dem Leutnant. Er winkte mit der Hand.
    «Service!» sagte er. Wir folgten unserer Wache ins Dorf.
    Wir fuhren in einem Wagen nach Locarno ; der Soldat saß bei dem Kutscher auf dem Bock. In Locarno ging es uns nicht schlecht. Sie verhörten uns, waren aber höflich, weil wir Pässe und Geld hatten. Ich glaube nicht, daß sie ein Wort von der ganzen Geschichte für wahr hielten, und ich fand es dumm, aber es war wie vor Gericht. Man brauchte nichts Vernünftiges, sondern etwas Formelles und hielt daran ohne Erklärungen fest. Wir hatten ja Pässe und würden unser Geld ausgeben. Also gab man uns provisorische Visa. Wir sollten uns bei der Polizei melden, wo wir auch immer hinreisen würden.
    Ob wir hinreisen könnten, wohin wir wollten? Ja. Wo wollten wir hinfahren?
    «Wo willst du hin, Cat?»
    «Nach Montreux.»
    «Das ist ein sehr schöner Ort», sagte der Beamte. «Ich glaube, der Ort wird Ihnen gefallen.»
    «Hier in Locarno ist ein sehr hübsches Hotel», sagte ein zweiter Beamter. «Ich bin überzeugt davon, daß es Ihnen hier in Locarno sehr gut gefallen würde. Locarno ist ein sehr reizvoller Ort.»
    «Wir möchten gern an einen Ort mit Wintersport.»
    «In Montreux ist kein Wintersport.»
    «Entschuldigen Sie mal», sagte der andere Beamte. «Ich komme aus Montreux. Es gibt ganz gewißlich Wintersport an der Eisenbahnstrecke Montreux-Oberland-Bernois. Es wäre falsch, das zu leugnen.»
    «Ich leugne es nicht. Ich habe nur gesagt, daß es in Montreux keinen Wintersport gibt.»
    «Das stelle ich dahin», sagte der andere Beamte. «Ich stelle diese

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