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In einem anderen Land

In einem anderen Land

Titel: In einem anderen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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und ich fühlte, wie wir mit ihm entlangsegelten. Ich stemmte meine Füße auf und hielt gegen ihn; plötzlich krümmte er sich; ich fühlte eine Rippe gegen meine Stirn
    i schnappen; ch versuchte das Oberste zu packen, das sich mit dem Wind bog, und das Ganze krümmte sich und drehte sich von außen nach innen, und ich saß rittlings vor der Krücke eines umgedrehten, zerplatzten Schirms, wo ich noch eben ein windgefülltes, ziehendes Segel gehalten hatte. Ich hakte die Krücke vom Sitz los, legte den Regenschirm hin und ging nach hinten zu Catherine, um mir das Ruder zu holen. Sie lachte. Sie ergriff meine Hand und lachte weiter.
    «Was ist denn los?» Ich nahm das Ruder.
    «Du sahst so komisch aus, wie du das Ding hieltest.»
    «Allem Anschein nach.»
    «Sei nicht ärgerlich, Liebling. Es war wahnsinnig komisch. Du sahst ungefähr sechs Meter breit aus und so liebevoll, als du den Schirm an den Enden umklammert hieltest.» Sie erstickte beinahe.
    «Ich werde rudern.»
    «Ruh dich ein bißchen aus und trink was. Es ist eine fabelhafte Nacht, und wir sind sehr weit gekommen.»
    «Ich muß das Boot aus der Brandung halten.»
    «Ich hol dir was zu trinken, und dann ruh dich ein bißchen aus, Liebling.»
    Ich hielt die Ruder hoch, und wir segelten mit ihnen. Catherine öffnete die Tasche. Sie reichte mir die Cognacflasche. Ich zog den Korken mit meinem Taschenmesser heraus und nahm einen langen Zug. Es war sanft und heiß, und die Hitze ging durch mich durch, und ich fühlte mich erwärmt und ermutigt. «Es ist herrlicher Cognac», sagte ich. Der Mond war wieder bedeckt, aber ich konnte das Ufer sehen. Es schien, als ob eine andere Landzunge sich weit in den See vorschob.
    «Bist du warm genug, Cat?»
    «Ja, ausgezeichnet. Ich bin nur ein bißchen steif.»
    «Schöpf das Wasser aus, dann kannst du deine Füße unten hinstellen.»
    Dann ruderte ich und hörte auf die Ruderschläge und das Eintauchen und Kratzen der ausschöpfenden Blechbüchse unter dem Sitz am Heck.
    «Willst du mir bitte die Büchse geben?» sagte ich. «Ich möchte was trinken.»
    «Sie ist schrecklich schmutzig.»
    «Das macht nichts. Ich spül sie aus.»
    Ich hörte, wie Catherine sie über dem Rand ausspülte. Dann reichte sie sie mir voll Wasser. Ich war durstig nach dem Cognac, und das Wasser war eisig kalt, so kalt, daß mir die Zähne davon weh taten. Ich sah nach dem Ufer. Wir waren jetzt der großen Landzunge näher gekommen. Vor uns in der Bucht waren Lichter.
    «Danke», sagte ich und reichte die Blechbüchse zurück.
    «Bitte sehr. Gern geschehen», sagte Catherine. «Davon gibt's mehr, wenn du willst.»
    «Willst du nicht was essen?»
    «Nein, bald werde ich hungrig sein. Wir wollen es so lange aufheben.»
    «Schön.»
    Was wie eine Landzunge vor uns aussah war ein langes, hohes Vorgebirge. Ich ruderte weiter in den See hinaus, um vorbeizukommen. Der See war jetzt viel schmäler. Der Mond war wieder sichtbar, und die Guardia di Finanza hätten unser Boot schwarz auf dem Wasser sehen können, wenn sie aufgepaßt hätten.
    «Wie geht's dir, Cat?» fragte ich.
    «Ganz gut. Wo sind wir?»
    «Ich glaube nicht, daß wir noch mehr als ungefähr acht Meilen vor uns haben.»
    «Das ist eine lange Strecke zum Rudern. Mein armer Liebling. Bist du nicht tot?»
    «Nein. Alles in Ordnung. Meine Hände sind wund; das ist alles.»
    Wir fuhren weiter den See hinauf. Am rechten Ufer war ein Einschnitt in den Bergen, eine flache, ebene Stelle mit niedriger Uferlinie, das mußte Cannobio sein, dachte ich. Ich blieb ein ganzes Stück weit draußen, weil von jetzt an die Gefahr, einen Guardia anzutreffen, besonders groß war. Am anderen Ufer, ein ganzes Stück vor uns, war ein hoher, kuppelartiger Berg. Ich war müde. Es war keine große Entfernung zum Rudern, aber wenn man aus der Übung war, war es ein langes Stück. Ich wußte, daß ich an diesem Berg vorbei und mindestens noch fünf Meilen den See weiter hinaufrudern mußte, bevor wir uns in Schweizer Gewässern befanden. Der Mond war jetzt beinahe untergegangen, aber ehe er unterging bedeckte sich der Himmel von neuem, und es wurde sehr dunkel. Ich blieb weit draußen im See, ruderte eine Weile und hielt dann die Ruder so, daß der Wind die Blätter traf.
    «Laß mich ein bißchen rudern», sagte Catherine.
    «Ich glaube, du solltest lieber nicht.»
    «Unsinn. Es wird gut für mich sein. Ich werde dann nicht so steif.»
    «Ich glaube, du solltest nicht, Cat.»
    «Unsinn. Rudern mit Maß ist der

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